Martin Santoro
· 18.12.2021
Wie attraktiv ist der teilelektrische Cupra Formentor VZ e-Hybrid mit 245 PS? Ein Intensivtest geht der Frage nach und entdeckt dabei viele Vorzüge
Die leidenschaftlich die Debatte über die Sinnhaftigkeit von Plug-in-Hybriden auch geführt werden mag, Fakt ist jedenfalls: die Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor hilft den Automobil-Herstellern, die Flottenverbräuche und -emissionen drastisch zu senken, was mit Kaufprämien und Vorteilen bei der Dienstwagen-Besteuerung staatlich subventioniert wird. Stimmt das persönliche Fahrprofil, lässt sich ein Plug-in-Hybrid häufig lokal emissionsfrei und damit vergleichsweise kostengünstig bewegen. Doch die Teilzeitstromer zielen nicht allein auf das Umweltbewusstsein ihrer Käufer, sie locken gleichzeitig mit hohen Systemleistungen und entsprechend dynamischen Fahreigenschaften. So wie unser Kandidat: Der 245 PS starke Cupra Formentor VZ 1.4 e-Hybrid begleitete den Redaktionsalltag für drei Monate im Rahmen eines Intensivtests. Während der langen Verweildauer ließen sich etwa im Vergleich mit einem klassischen 1,5-Liter-Benziner-Basis-Formentor (GUTE FAHRT 12/2021) die Vorzüge des Hybrid-Antriebs detailliert herausarbeiten. Und siehe da, messbare Effizienzvorteile ergaben sich nicht im Stadtverkehr sondern auf der Autobahn. Überdies können Alltagstauglichkeit, Bedienkomfort und Connectvity- Angebot des PHEV intensiver beobachtet werden, was präzise Rückschlüsse zulässt, die ein gewöhnlicher Testzeitraum nicht bietet. Zudem gelten zahlreiche gewonnene Erkenntnisse auch für die konventionellen Verbrenner-Varianten des Sport-SUV aus Spanien. 11.000 Kilometer Fahrdistanz genügten jedenfalls, um den Notizblock im Handschuhfach prall mit Eindrücken zu füllen.
Scharfe Optik, kompakte Maße
Der erste Eintrag widmet sich auch gleich der aufregend gezeichneten Karosserie: „sportlicher Lifestyle robust verpackt!“. Eine Punktlandung für den Formentor, dem ersten komplett eigenständigen Fahrzeug der Seat-Sportmarke Cupra. Der rassige Spanier streckt sich über 4,45 Meter und tritt optisch mit langem Vorderwagen, abfallender Dachlinie, LED-Leuchtband am Heck und vierflutiger Abgasanlage sehr selbstbewusst auf. Trotz SUV-typisch hoher Bodenfreiheit duckt er sich dennoch bis zum Scheitel auf gerade einmal anderthalb Meter. Mit seiner sehnig gezeichneten Karosserie stiehlt er so manchem Hochpreis-Sportler die Show, wie wir es an Tankstellen und auf Parkplätzen des öfteren erlebt haben. Viele Male goutierten Passanten den Auftritt des Cupra mit einem Lächeln oder gar mit hochgerecktem Daumen. Wesentlichen Anteil am Zuspruch beim Publikum trägt die verführerische Lackierung in „Exclusive Desire Rot Metallic“, ebenso die attraktiven 19-Zoll Räder vom Typ „Exclusive Aero I Black/Copper“.
Von besonderer Architektur ist das Interieur, wo die im SUV-Vergleich tiefe Sitzposition mehr dem Feeling in einem sportlichen Kompakten gleicht. Wobei diebreite und hohe Mittelkonsole raumgreifender ausfällt und den Fahrer noch stärker ins Cockpit integriert. Für Sitzriesen freilich passt die Kopffreiheit besonders, wenn das schicke Panorama-Glasdach bestellt wird. Prima ist auch das Gefühl am Sportlenkrad mit dickem Kranz, an dem die Teleskop-Knöpfe für Motorstart und Fahrprofilauswahl installiert sind. Die Sportsitze mit integrierten Kopfstützen bieten eine gute Kombination aus sportlicher Konturierung und straffer, bequemer Polsterung. Wünschenswert wäre noch eine ausziehbare Schenkelauflage. Mit griffgünstig am Sitz platzierten Tasten für die elektrische Sitzverstellung passt auch hier die Ergonomie.
Im Fond fällt der Knieraum üppig aus, allerdings begrenzen die stark ausgeprägten Dacheinzüge die seitliche Kopffreiheit. Die Batterie des Plug-in-Hybrid ist unterm Ladeboden platziert, was im Vergleich zu den reinen Verbrenner-Versionen weniger Kofferraumvolumen zulässt: Der e-Hybrid fasst mit 345 bis 1.415 Liter rund 75 Liter weniger Gepäck, welches über eine 75 Zentimeter hohe Ladekante gewuchtet werden muss.
ZUBEHÖR EMPFEHLUNG
SUV-Talente für den Alltag
Mit umgeklappter Rückbanklehne nimmt der Cupra sogar Transportgut von bis zu zwei Metern Länge auf und darf bis zu 1.500 Kilo schwere Anhänger ziehen. Schade jedoch: Ein Fach unterm Ladeboden oder in der Seitenwand und damit eine Verstaumöglichkeit für die Ladekabel bietet er nicht. Die stärkeren Antriebsvarianten des Cupra Formentor tragen die Zusatzbezeichnung VZ („veloz“, spanisch für schnell) und punkten stets mit Drei-Zonen-Klimaautomatik und Voll-LED-Paket. Mustergültig ist auch die serienmäßige Armada an Assistenzsystemen: Neben dem feinfühligen Abstandsregelautomaten ACC bündelt Cupra im Fahrassistenzpaket XL Totwinkel- und Ausstiegswarner, Verkehrszeichenerkennung sowie die Notfallassistenz. Spurhalte- und Seiten-Warner verschmelzen obendrein zum neuen Travel-Assist, wodurch teilautonomes Fahren nach Level 2 möglich wird. Ist der Traveler via Lenkradtaste aktiviert, differenziert die grafische Darstellung im gut ablesbaren digitalen Instrumenten-Träger sogar zwischen Pkw und Transporter. So komfortabel die Fahrunterstützung ausfällt, so wünschenswert aber wäre eine etwas straffere Lenkung – gerade bei gewähltem Sport- oder Cupra-Fahrprofil. Grundsätzlich ist der Bedienkomfort am Formentor-Lenkrad mit das Beste, was der VW-Konzern zu bieten hat. Schnell ist man mit der Tastenbelegung vertraut und Befehle werden verzögerungsfrei ausgeführt.
Am zentralen Touchscreen gelingt die Bedienung hingegen erst nach einer gewissen Eingewöhnung. Zugegeben, anfangs wirken die Menüs von Fahrzeug- und Multimediafunktionen teils verschachtelt und unübersichtlich. Bei Rückgabe des Cupra, also auch nach intensiver Handhabung per Bildschirmberührung oder Sprachbefehlen, waren wir mit dem System dann doch gut vertraut. Lediglich zu Fahrtantritt stellten einzelne Menüs vermehrt die Geduld des Fahrers mit teils langen Ladezeiten auf die Probe.
Cruiser und Sportler
Cupra bietet den Formentor als e-Hybrid gleich in zwei Leistungsstufen mit 204 oder – wie unser Intensiv-Testwagen – 245 PS Systemleistung an. Der aus zahlreichen Modellen des VW-Konzerns bekannte 1.4 TSI mobilisiert 150 PS zwischen 5.000 und 6.000/min sowie 250 Nm maximales Drehmoment ab niedrigen 1.550/min. Unterstützung erhält der Vierzylinder-Turbo-Benziner von einer permanent erregten Synchronmaschine. Verbaut ist der E-Motor im Gehäuse des Doppelkupplungsgetriebes und leistet in der Spitze kurzzeitig 115 PS sowie 330 Nm. Erst recht üppig ist das Systemdrehmoment von 400 Nm.
Mit dem Antriebsorchester sprintet der 1,7 Tonnen schwere Formentor mit voller Batterieladung in flotten 6,7 Sekunden auf Tempo 100. Den Blitzstart absolviert er systembedingt ohne Launch-Control, was gewöhnlich sportliche Verbrenner beim Antritt erst so richtig in Rage bringt. Beim VZ-e-Hybrid unterstützt der E-Boost den Vorwärtsdrang ab Leerlaufdrehzahl bis zur Spitze von 210 km/h. Das DSG wechselt im Sportmodus blitzschnell die Übersetzung und bietet unter „D“ bei zurückhaltender Gangart oder im Stopp-and-go-Verkehr einen ausgeprägten Komfort. Der laufruhige Verbrenner reagiert feinnervig auf Gasbefehle und spricht zudem aus mittleren Drehzahlen gut an.
Elektrisch Pendeln
Bei Tempo 130 im höchsten Gang rotiert die Kurbelwelle verbrauchsgünstige 2.200 Mal pro Minute. Auch jenseits der Autobahn-Richtgeschwindigkeit schiebt der Spanier noch kraftvoll an – vorausgesetzt, die Akkus liefern noch genügend Strom. Mit leeren Stromspeichern lässt der Vortrieb doch spürbar nach.
Im Testbetrieb realisierte der PHEV, dessen Batterie eine Bruttokapazität von 12,8 kWh hat, eine elektrische Reichweite von 42 Kilometern – gerade für Pendler eine praktische Distanz. Wird die leere Batterie mit maximal 3,6 kW voll geladen, dauert der Vorgang an der Wallbox etwa 3,5 Stunden. Die Batterie lässt sich auch während der Fahrt vom Turbo-Benziner aufladen, was jedoch einen erhöhten Spritverbrauch zur Folge hat. Unsere standardisierte Verbrauchsrunde absolvierte er bei vollem Akku mit 5,4 Liter Super, war die Batterie leer stieg der Verbrauch auf 7,6 Liter (GUTE FAHRT 12/2021). Als Langzeitverbräuche notierten wir 4,4 Liter Super und 8,2 kWh Strom, da Standzeiten gezielt zum Stromladen genutzt wurden. Schnelle Autobahnetappen mit leeren Akkus quittierte der Testwagen dagegen mit erträglichen 8,2 Litern auf 100 Kilometer.
Trotz seines Gewichts kann der Formentor e-Hybrid mit Frontantrieb bei den fahrdynamischen Disziplinen Glanzpunkte setzen: Akkurat ist die leichtgängige Lenkung, die blitzschnelles Einlenken einleitet. Die Bremsen passen und das beim VZ serienmäßige DCC- Fahrwerk serviert einen vortrefflichen Mix aus Präzision und Komfort, dass auf Touchen auch straffer gewählt werden kann. Das Gesamtpaket bereitet enorm viel Fahrfreude.
Besser ist es, fleißig zu laden
Ob unterwegs auf der Langstrecke, in der Stadt oder beim Berufspendeln – Online-Dienste und Smartphone-Anbindung sind beim Autofahren ein nicht mehr weg zu denkender Komfort. So bietet auch Cupra mit Wireless-Full-Link ein optionales Tool zur Spiegelung von Smartphone-Inhalten auf den Touchscreen des Formentor. Verbindungsaufbau, kabelloses Laden sowie die Bedienung klappten im Testalltag tadellos. Darüber hinaus liefert der Dienst Cupra Connect weitere Nutzungsmöglichkeiten. Angeboten wird etwa der Fernzugriff auf das Fahrzeug via Smartphone. Öffnen und verriegeln, Parkplatzposition ermitteln und eine Diebstahlwarnung gehören ebenso dazu wie ein Pannen-Notruf und ein direkter Zugang zur Service-Hotline. Nützlich sind vor allem online verfügbare Verkehrs- informationen mit Echtzeit-Updates und eine umfassende Sonderzielauswahl, die etwa sämtliche Tankstellen, Parkmöglichkeiten und Restaurants in der Kartendarstellung erfasst und bei Bedarf direkt per Zielauswahl angesteuert werden können. Die dazu erforderliche App ist schnell installiert, die Fahrzeugeinbindung bedarf hingegen einer 16-Punkte-Konfiguration, aufrufbar über den Link www.cupraofficial.de im Menüpunkt „Services“. Beim Formentor VZ mit Navi ist der Dienst ein Jahr kostenlos, danach kommt ein Einjahres-Abo auf 135 Euro, 24 Monate kosten 225 Euro.
In Summe bietet Cupra mit dem teilelektrischen Formentor alles was man braucht: ein Performance-SUV mit starkem und zugleich effizientem Plug-in-Hybrid-Antrieb, der in der Stadt lokal emissionfrei fährt, massig Hightech sowie ein tolles Ambiente. Das ist richtig viel für 44.120 Euro, wovon noch der Umweltbonus von 6.750 Euro abzuziehen ist. Für das gesparte Geld lassen sich wie beim Intensivtester reichlich Extras hinzu buchen – so einfach kann das gehen.