Test Cupra Formentor VZ 2.0 TSI 4DriveDas Lustprinzip

Arne Olerth

 · 03.02.2021

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Foto: Jan Bürgermeister

Der heißblütige Cupra Formentor VZ kombiniert eine hinreißend geschneiderte CUV-Karosse mit einem extra-sportiven Antrieb – ein Traum für jeden automobilen Feinschmecker

Jedem Trend folgt ein Gegentrend, da macht auch die Automobil-Entwicklung keine Ausnahme. Ging es hier in den letzten Jahren stetig himmelwärts und bescherte uns zünftige Hochsitzer, neudeutsch SUV getauft, so setzt Cupra jetzt einen Kontrapunkt: Der neue Formentor zeigt sich in Sachen Aufbauhöhe wieder erd-zugewandter, ohne dabei geschätzte SUV-Tugenden gänzlich über Bord zu werfen. Fauler Kompromiss oder das Beste aus alter und neuer Welt? Der große GUTE FAHRT-Test des derzeitigen Top-Modells Cupra Formentor VZ 2.0 TSI mit 310 PS soll Aufschluss geben.

Sportler mit SUV-Talenten

Hoppla, das erste vollständig von Seats Sportmarke Cupra komponierte Auto dreht die Köpfe von wahrlich jedem Auto-Begeisterten – ganz gleich ob SUV-Fan, Sportwagen-Pilot oder Limousinen-Fahrer. Tankstelle oder Ampelstopp – wo immer wir mit dem feurigen Spanier auftauchen, werden Seiten-Scheiben gesenkt und Daumen gestreckt. Aufregend neue Proportionen und ein fraglos hinreißend komponiertes Design wecken Begehrlichkeiten. Die betörende Sonderlackierung Petrolblau Matt, eine unbedingte Kauf-Empfehlung, bringt das Wechselspiel aus muskulös gewölbten Flächen und scharfen Kanten enorm gut zur Geltung. Klasse. Doch was ist der Formentor eigentlich – SUV, Sportwagen, Coupé? Cupra vermischt die Stilelemente gekonnt, spricht von einem Power-CUV. Power- wie bitte? Ein CUV, genauer: ein Crossover Utility Vehicle, also ein SUV gekreuzt mit einer klassischen Karosserie. Wie auch immer – solange das Ergebnis derart betörend ausfällt wie beim Formentor, soll es uns recht sein.

Mit 4,45 Metern Länge und 1,90 Metern Breite bewahrt sich das CUV citypraktisch-kompakte Maße, die jeweils wenige Fingerbreit größer gewählt wurden als beim prominenten Bruder Ateca. Stilprägend niedrig aber fällt die Aufbauhöhe aus, die mit 1,51 Metern satte 10 Zentimeter unter der des SUV rangiert. Zum Hatchback Leon wahrt der Formentor hier zwar einen Respektabstand von knapp fünf Zentimetern, räubert aber frech dessen Kingsize-Radstand (2,68 Metern). Das sorgt für viel Platz innen und knackig kurze Überhänge außen.

Understatement gehört ganz sicher nicht zum Repertoire des Formentor – das macht schon die scharfe Front klar: Der Grill – nach Art des Hauses als Hexagon ausgebildet und mit schwarz glänzendem Gitter ausgekleidet – wird von nach innen gepfeilten Voll-LED-Scheinwerfern eingerahmt. Darunter stillt ein riesiger Schlund den Appetit auf kühlende Luft genauso wie er für sattes Überholprestige sorgt. Weit aufgerissene Nüstern leiten die Luft aerodynamisch perfekt um die Vorderräder herum. Zur geliebten Cupra-Folklore gehören Farbtupfer aus charismatischem Kupfer an Marken-Emblem und Felgen, hier 19 Zoll groß, sowie an der Bremsanlage des Rennsport-Zulieferers Brembo. Letztere ist aufpreispflichtig. Stilelemente vom SUV – etwa die kontrastierende Radhaus-/Schwellerbeplankung sowie eine Haube mit hemdsärmligen Sicken – und Coupé (abfallende Dachreling) gehen hier zweifelsohne eine begehrenswerte Liaison ein. Absolutes Highlight: das knackig geformte Heck mit weit herabreichendem Dachkantenspoiler oben und kraftvollem Diffusor nebst vier Endrohren unten. Hier formieren sich alle Linien zu einem geballten Abschiedsgruß, der mittels durchgehendem LED-Leuchtband mächtig Eindruck schindet.

Und innen? Zeigt sich der feurige Spanier enorm hochkarätig: Schalensitze mit guter Unterstützung und langstreckenfreunlicher, straffer Polsterung sind genauso Serien-Standard wie Voll-LED-Anzeigen, ein 12-Zoll-Touchscreen mit Navigation und eine Dreizonen-Climatronic. Extra-Schmankerl: das fulminante Sport-Multilenkrad. Es ist nicht nur mit Leder bezogen und beheizt, sondern kommt auch mit zwei Bediensatelliten – ein Feature, das sonst nur mondäne Sportwagen aufweisen. Nicht minder exklusiv: die lederartig-weiche Oberfläche der luftig geschwungenen Armaturentafel in exklusivem Blau, das im Paket mit Leder-Bezügen in der gleichen Farbe für die Fauteuils kommt. Kupferfarbene Kontrastnähte zeugen genauso von Cupras Liebe zum Detail wie die aufwendige Steppung der Bezüge. Ganz gleich ob Materialwahl, Ergonomie oder Verarbeitung – der Formentor ist klar auf Premium-Kurs. Schade nur, dass die Mittelkonsole kon-trastierend aus hartem Kunststoff gefertigt wurde.

Ohne Fehl und Tadel hingegen fällt das Raumangebot aus, das auch für die große Fernreise taugt. Der Pilot thront etwas höher über dem Asphalt als in einem klassischen Coupé, hat dadurch das Verkehrsgeschehen besser im Blick. Die markante Fronthaube liegt im Sichtbereich, erleichtert das Einparken. Nach achtern fällt die Übersicht nicht ganz so gut aus. Kaum von Relevanz, erleichtern doch Parkpiepser und Rückfahrkamera (Serie) das Rückwärtsrangieren. Ganz der aktuellen Linie der Markenmutter Seat folgend finden sich nur noch wenige klassische Taster im Cockpit, die Bedienung ist annähernd vollständig in den Touch-Bildschirm verlegt. Der bietet eine enorme Funktionsbreite und -Tiefe, erfordert aber ein wenig Eingewöhnung.

Üppig dimensionierter Fond

Ein Blick in den Fond offenbart den Allroundanspruch des Formentor: Die Kopffreiheit passt selbst Sitzgrößen, die Beinfreiheit fällt üppig aus. Keine Frage – vier Personen können komfortabel verreisen, zumal auch der Kofferraum mit 420 Litern wahrlich nicht knapp bemessen ist. Eine geteilt umlegbare Rückbanklehne nebst Durchlade sowie ein höhenverstellbarer Laderaum-Boden erweitern die praktischen Tugenden des Formentor zusätzlich.

Nebensächlich, sagen Sie? Recht so – auf zur Fahrdynamik-Prüfung! Gestartet wird am rechten Lenkrad-Satelliten, der extrascharfe Cupra-Modus gleich links daneben ausgewählt. Feuer frei! Der Zweiliter-Turbo brennt rauchig fauchend die Drehzahlleiter hoch, 400 Newton-Meter machen mit der Massenträgheit des 1,6-Tonners kurzen Prozess. Bei 5.450 Touren liegt die volle Leistung von 310 PS an, bei sechsfünf schießt das Siebengang-DSG die nächste Fahrstufe ein – die Hatz der Nadel im virtuellen Drehzahlmesser beginnt von neuem. Die Hundert wird nach 4,9 Sekunden pulverisiert, die 160 nach nur 11,5 Sekunden. Cupra regelt den Formentor bei 250 Stundenkilometern ab. Wow! Das „VZ“ in der Typbezeichnung passt – steht es doch für „veloz“, zu deutsch „schnell“.

Keine Pause, gleich weiter auf den Handling-Parcours. Aufmerksam setzt der Cupra hier Befehle am griffigen Volant um, ohne mit Nervosität zu nerven. Er durcheilt Wechselkurven mit enorm hohen Geschwindigkeiten, bleibt bis in sehr hohe Geschwindigkeitsbereiche neutral ehe er sanft in sicheres Untersteuern verfällt. Der TSI quittiert jedes Zucken am Pedal mit freudvollem Punch, den der Allrad-Antrieb in verlustfreien Vortrieb verwandelt. Noch stärker ins Zentrum des Geschehens rückt den Piloten dabei der Griff zu den Schalt-Paddles. Ein Sound-Aktuator setzt den Antrieb dazu akustisch für die Insassen in
Szene – fast schon ein wenig übereifrig. Das Fahrwerk wiederum gibt sich kompromissbereiter, zieht auf leicht welligem Untergrund nicht gleich die Plomben aus den Zähnen. Das passt gut zur forschen Gangart, zumal die Wankbewegungen minimal ausfallen. Mehr Drama? Sicher: Dazu nur das feinfühlig regelnde ESC in den Sportmodus setzen. Cupra hat den Schalter entsprechend prominent auf der Mittelkonsole platziert. Ein kurzer Druck – und schon lässt der kompakte Allradsportler in Kurven unter Lasteinsatz keck das Heck ausschwenken. Wer noch mehr will, kann den elektronischen Schutzengel gar ganz deaktivieren.

So dynamisch sein optischer Auftritt, so wandelbar zeigt sich das Fahrverhalten des Cupra. Wählt man über die Cupra-Taste am Volant den Sport- oder gar Comfort-Modus, so wandelt sich der Formentor zum komfortablen Langstrecken-Begleiter. Der Motorsound geht in gleichem Maße zurück, wie die Federelemente mehr Bewegung zulassen. Da dabei auch das Wanken zunimmt empfiehlt sich der Individual-Modus, in dem die vielfach skalierbare Dämpfung des adaptiven DCC-Fahrwerks genauso eingestellt werden kann wie Sound, Ansprechverhalten des Antriebs oder die Lenkung. Wer will kann sich von seinem Cupra gar pilotieren lassen: Einfach den Travel Assist per Knopfdruck am Volant aktivieren – und schon lenkt, bremst und beschleunigt der Formentor automatisch – solange der Pilot die Hände am Steuer lässt. Dazu passt auch der topmoderne Sprachassistent: Aktiviert mit einem feurigen „Hola!“ steuert er Musik, Klima oder Navigation via Sprachbedienung – schöne neue Auto-Welt.

Auf der GF-Normverbrauchsrunde nahm sich der Formentor 9,6 Liter – ein durchaus angemessenerer Verbrauchswert für einen Allrad-Sportler mit 310 PS. Vorausschauend bewegt sind Verbrauchsschnitte unter sieben Liter möglich. Wer freilich das Potential des Antriebs voll ausreizt, sollte sich auf einen deftigen ICE-Zuschlag einstellen.

Umfassend geschnürtes Ausstattungspaket

43.953 Euro ruft Cupra für den Formentor auf. Das ist nicht zu viel für ein 310-PS-CUV mit Allradantrieb. Zum wahren Schnäppchen aber avanciert der Ibero-Sportler beim Blick auf die Ausstattung, gibt Cupra ihm doch ein ausgesprochen umfangreich geschnürtes Paket mit auf den Weg: LED-Leuchten mit Animation, dunkle Wärmeschutz-Verglasung, 19-Zoll-Räder, DCC, Radartempomat ACC, Spurhalte- assistent Lane Assist, Sprachbedienung und DAB+, um nur einige Features zu nennen – hier bleiben kaum Wünsche offen. Lack und Leder sowie Bremsen hatten wir bereits erwähnt, ein elektrisches Glas-Panorama-Schiebedach und eine motorisch betätigte Heckklappe mit Kick-Bedienung fügen wahlweise weitere Luxus-Attribute hinzu. Audio-Liebhabern sei das fulminante Beats-Audi-Soundsystem mit 10 Lautsprechern ans Herz gelegt.

Die lustvolle Ausprägung des Formentor ist eine echte Bereicherung des Angebots. Bleibt zu hoffen, dass er tatsächlich als Trendsetter fungiert.