Joachim Fischer
· 13.06.2022
Der Cupra Born ist das erste E-Mobil der jungen Sport-Marke aus dem Hause Seat. Im GF-Test muss der rassige Basis-Stromer mit 58-kW-Akku und 204 PS zeigen, was er wirklich drauf hat.
Fette Räder, tief heruntergezogene Fronthaube, ein mächtiger Dachspoiler – würden wir noch das Jahr 2000 schreiben, als die Tuning-Welle sich immer höher auftürmte, wäre der Cupra Born wohl Anwärter auf einen „Show &Shine“-Pokal gewesen. Diese Zeiten sind längst passé. Doch der Born kokettiert ein wenig mit den Attributen jener Ära, als ein Auto noch hemmungslos Spaßobjekt und Showstück sein durfte.
Das ist erfrischend. Der Born schafft den Spagat zwischen rassiger Optik und umweltschonender Antriebstechnik locker. Als Grundlage dient ihm dazu der Modulare E-Antriebs-Baukasten des VW-Konzerns, kurz MEB, auf dem etwa auch der VW ID.3 basiert.
Unser Test-Born ist derzeit das Einstiegsmodell der Baureihe. Seine permanenterregte E-Synchron-Maschine leistet 204 PS und 310 Nm ab der ersten Ankerumdrehung. Den nötigen Strom saugt der E-Motor aus einem wassergekühlten Lithium-Ionen-Akku mit nutzbaren 58 kWh Kapazität (brutto 62 kWh), crashsicher untergebracht im Fahrzeugboden. Über ein Ein-Gang-Getriebe werden die Hinterräder angetrieben. Das war es prinzipiell schon, so simpel ist Elektromobilität gestrickt.
Die identische Antriebseinheit findet sich übrigens noch bei weiteren Marken aus dem VW-Konzern in verschiedenen Modellen. Doch das ist nichts Anrüchiges, das vielfach verwendete Baukastenprinzip macht die neue, noch teure Technik – speziell den Akku – bezahlbarer. Den Designern waren dagegen wenig Grenzen gesetzt. Tief auf die Straße geduckt wie ein sprungbereites Raubtier lauert der Born darauf, Kilometer zu fressen. Trotzdem die Standhöhe der MEB-Basis vorne nur um 1,5 respektive zwei Zentimeter hinten abgesenkt wurde, ergibt sich dieser Eindruck. Erzeugt wird er durch die tief heruntergezogene Fronthaube, die den bei E-Mobilen überflüssig gewordenen Kühlergrill auf einen schmalen Schlitz verengt, der stolz den Cupra-Schriftzug in bronzefarbenen Lettern beheimatet.
Wunderbar dynamische Linienführung
Dadurch ergibt sich eine wunderbar fließende, dynamische Linie, die sich über die schräg gestellte Windschutzscheibe und das nach hinten abfallende Dach mit dem großen Spoiler fortsetzt. Optik und Aerodynamik gehen hier eine vorteilhafte Symbiose ein, die in einem ausgezeichneten cW-Wert von 0,27 gipfelt, der zudem eine größere Reichweite verspricht. Für die nötige optische Präsenz sorgen die flachen, serienmäßigen Voll-LED-Scheinwerfer und die wuchtige Frontschürze mit ihrer kupferfarbenen Spange. Am Heck verbindet eine dynamische Lichtleiste die Voll-LED-Rückleuchten.
In der Silhouette überzeugen wenige, aber kraftvoll gesetzte Linien, das dynamische C-Säulen-Dekor und die Schwelleraufsätze. Extrem wichtig für die Optik sind aber speziell die am Test-Born montierten, optionalen 20-Zoll-Blizzard-Alufelgen (1.380 Euro) mit ihren kupferfarbenen Details. Sie runden den sportlichen Auftritt gekonnt ab. Zu Gunsten eines geringen Rollwiderstands tragen sie vergleichsweise schmale Pneus in 215/45 R 20. Wer hier mehr will, greift zu den „Firestorm“-Alus in 20 Zoll mit
Michelin Pilot Sport 4 S in 235/40 R 20 plus adaptivem Fahrwerk DCC für 1.940 Euro.
Kann der Cupra Born die optischen Verheißungen aber auch fahrdynamisch einlösen? Um das herauszufinden, scheuchten wir das E-Mobil mit vollgeladenem und wohltemperierten Akku über die GF-Messstrecke. Aus dem Stand auf 100 km/h bescheinigte unsere Elektronik dem Born 7,3 Sekunden, bis 140 km/h vergingen 14,5 Sekunden. Den Überholsprint von 80 auf 120 km/h erledigte er in überzeugenden 5,2 Sekunden. Bei 160 km/h wird der Born elektronisch abgeregelt. Der Grund: Bei noch höheren Tempi steigen die Fahrwiderstände weiter exponentiell an und würden die erzielbare Reichweite drastisch verringern.
Es geht druckvoll vorwärts
Absolut überzeugend ist die Art der Kraftentfaltung. Der Hecktriebler stürmt auf Befehl am Fahrpedal ansatzlos voran – e-typisch mit vollem Drehmoment ab dem ersten Meter. Die Beschleunigung erfolgt gespenstisch leise und wie an einem imaginären Gummiband gezogen, denn das Eingang-Getriebe erzeugt naturgemäß keine Schaltrucke. Zahlreiche elektronische Helferlein überwachen und regulieren derweil souverän die Traktion. Das alles meistert der Born auch mehrfach hintereinander, ohne dass der Akku ins Schwitzen geraten und vorsorglich zum Selbstschutz die Leistung zurücknehmen würde. Fazit: Längsdynamisch geht einiges!
In der City und auf der Landstraße fühlt sich der Born indes so richtig wohl. Hier ist er wieselflink, wendig und hellwach unterwegs, hängt extrem aufmerksam und druckvoll am Fahrpedal. Die Bremsen – vorne Scheiben, hinten Trommeln – sind von zupackender Natur. Der Übergang von Rekuperation per E-Maschine zum klassischen Bremsen ist im Pedal nicht spürbar, der Druckpunkt aber etwas weich.
Unterstützt durch die sehr direkt, feinfühlig und zielgenau agierende elektromechanische Progressivlenkung (Serie) sowie das straff abgestimmte Serienfahrwerk ist der Born trotz seines stattlichen Mindestgewichts von 1.811 Kilo ein echter Kurvenräuber mit ausgesprochen neutraler Grundauslegung. Hier bewährt sich die fahrdynamisch vorteilhafte Platzierung des rund 400 Kilo schweren Akkus tief im Fahrzeugboden. Wer noch einen draufsetzen möchte, ordert für 860 Euro das adaptive DCC-Fahrwerk mit weitem Verstellbereich zwischen Sport und Komfort per Touch-Tipp.
Kommen wir zum Reizthema Reichweite. Cupra verspricht nach WLTP bis zu 400 Kilometer für unseren Test-Born. Wir schafften maximal 318 Kilometer, allerdings bei flotter Fahrweise und ohne Verzicht auf Komfort im Winter. 21,2 Kilowattstunden pro 100 Kilometer benötigte der Stromer im Testschnitt, maximal konsumierte er 26,1 kWh, im Minimum 17,1 kWh – auch je nach Einstellung des jeweiligen Serien-Fahrprofils von Range, also reichweitenorientiert, bis Performance, für sportlich. Im Dunkel bleibt die im Testbetrieb nicht messbare Energie-Menge aus der Brems-Rekuperation sowie der Rückgewinnung in Fahrstufe B, die in der City mit viel Stopp-and-Go-Verkehr am meisten bringt.
Das Laden klappt unspektakulär einfach. Kabel einstecken, und los geht’s. Das gilt für die heimische 11-kW-Wallbox, die man sich – sofern möglich – gönnen sollte, aber auch für öffentliche Ladesäulen und Schnelllader. An Letzteren kann mit bis zu 120 kW gezapft werden. Das ermöglicht Ladezeiten von 5 auf 80 Prozent Akku-Kapazität in nur 35 Minuten. Für eine Vollladung muss man rund eine Stunde kalkulieren. An der Wallbox dauert es gut 6 Stunden, bis ein leerer Akku wieder randvoll ist.
Damit ist klar: Für City, Umland und Ausflüge ist man mit dem 58-kWh-Born bestens gerüstet. Wer viel Langstrecke fährt, sollte über das Topmodell mit 77-kWh-Akku und 231 PS nachdenken.
Ab 37.220 Euro kostet unser Cupra Born mit 204 PS, abzüglich der 9.000 Euro Förderung, sofern das Auto noch bis Ende 2022 zugelassen wird – so der momentane Stand der Gesetzgebung.
Dafür bekommt man allerdings eine ganze Menge Auto. Drinnen ist es in Reihe eins wie auch im Fond geräumig und bequem, der Kofferraum misst praxisgerechte 385 bis 1.267 Liter.
Ausgezeichnete Sport-Schalensitze
Die serienmäßigen Sport-Schalensitze sind ausgezeichnet, nimmt man das Dinamica-Paket für 1.745 Euro, sind sie sogar vollelektrisch verstellbar, beheizt, können massieren und sind mit schicken, dreidimensional mit Laser bearbeiteten Sitzbezügen aus recycelter Mikrofaser bezogen. Darüber hinaus gibt es sportliche Dekors und kupferfarbene Ziernähte für die teilgeschäumte Armaturentafel. Der Qualitätseindruck ist sehr wertig, die Verarbeitung einwandfrei.
Das Bedienkonzept ist strikt digital ausgelegt. Neben dem Virtual Cockpit ist das ebenfalls ab Werk montierte 12-Zoll-Infotainment-System mit Touchscreen die zentrale Schnittstelle. Die Bedienung ist sauber strukturiert. Bereits serienmäßig an Bord sind neben den bereits erwähnten Features: Klima-Automaik, Supersport-MF-Lenkrad, Keyless Go, kabellose Handy-Verbindung für Car Play und Android Auto, Bluetooth-Schnittstelle, Sprachsteuerung, Spurhalte- und Front-Assist, Parkpiepser, USB-C-Buchsen vorne und hinten, DAB+, Ambientelicht sowie die Cupra-Connect-Vorbereitung. Ein ziemlich komplettes Paket!
Car2x, die prädiktive Abstands- und Geschwindigkeitsregelung ACC, Navigation, Verkehrszeichenerkennung, ein wirklich faszinierendes AR-Head-up- Display, einen Qi-Charger fürs Smartphone und viele Assistenten gibt es optional, meist in sinnvoll geschnürten Pakten zusammengefasst. Da bleiben schon ab Werk fast keine Individualisierungs-Wünsche mehr offen. Tuning hat der Cupra Born also gar nicht mehr nötig.
Test kompakt
Der rein elektrisch angetriebene Cupra Born mit 204 PS und 310 Nm ist ein ausgesprochen fahraktives E-Mobil mit rassiger Optik und Top-Ausstattung. Sein 58-kWh-Akku ermöglicht bei artgerechter Fahrweise gut 300 Kilometer Reichweite.