Martin Santoro
· 01.10.2021
Die rein elektrisch angetriebene Klasse mittelgroßer SUV wird um eine Edelvariante erweitert. Wo punktet der Audi Q4 40 E-Tron mit 204 PS am deutlichsten?
Audi wird elektrisch: Bis 2025 sollen 20 reine Elektroautos zum Portfolio der Ingolstädter zählen. Den Anfang machten bereits Audi E-Tron Quattro, dessen Schrägheckableger E-Tron Quattro Sportback sowie der sportliche E-Tron GT. Jetzt steht ein weiteres Modell bei den Audi-Händlern: das Kompakt-SUV Q4 E-Tron, das es auch in der Coupéversion Q4 Sportback E-Tron gibt. Mit 4,59 Metern Länge liegt der vollelektrische Q4 damit genau zwischen den Verbrennern Q3 und Q5. Weil Audi zum VW-Konzern gehört, baut der Q4 E-Tron als erster Audi wie seine Verwandten Skoda Enyaq iV und VW ID.4 auf der Architektur des Modularen E-Antriebsbaukasten MEB auf. Was bei aller struktureller Gleichheit immer wieder bewundernswert gelingt, ist die charakteristische Eigenständigkeit der Ingolstädter Fabrikate. Ob Design, Fahrgeräusch, der Klang beim Türenschließen, selbst die Haptik im Innenraum und die Art der Detaillierung: Audi bleibt sich treu und unterscheidet sich trotz aller Gemeinsamkeit der Technik-Architektur spürbar von den E-Geschwistern aus Wolfsburg und Mlada Boleslav. So akzentuiert die Vier-Ringe-DNA auch der Q4 E-Tron. Zuerst interessieren uns die elektrischen Antriebe, die unter der kurzen Front verbaut sind. Sie werden in den Konfigurationen 35, 40, 45 und 50 E-Tron angeboten. Alle nutzen Dreiphasen-Wechselstrommotoren. Der Haupt-E-Antrieb ist stets ein permanenterregter Sychronmotor an der Hinterachse. Beim Einstiegsmodell 35 E-Tron (41.900 Euro) leistet er 170 PS, beim 40er sind es 204 PS. Die Dauerleistung liegt jeweils bei 70 kW, das maximale Drehmoment bei 310 Nm. Beim Q4 45 (50.900 Euro) und 50 E-Tron (53.600 Euro) hängt Audi noch einen zweiten E-Motor an die Hinterachse. Im Verbund produziert das Duo 265 PS, der 50er im Boost-Mode kurzfristig gar 299 PS. Dem Q4 40 E-Tron prognostiziert Audi die größten Marktchancen, weshalb wir den Mittelstürmer auch als Ersten zum Test in die Redaktion eingeladen haben. Eingetroffen ist ein Stromer zum Listenpreis von 47.500 Euro vor Abzug der höchstmöglichen Förderprämie von 9.570 Euro. Aufgebucht beim Testwagen wurden zusätzlich 1.200 Euro für das Exterieur-Line-Paket Advanced mit robusten Stoßfänger-Aplikationen in Metallicgrau. Außerdem gibt es Matrix-LED-Scheinwerfer zu 1.130 Euro. Die Option beinhaltet vier wählbare Tagfahrlicht-Signaturen. Neben diesen feinen Extras empfehlen wir komfortseitig das Interieur mit Sportsitzen in Leder/Kunstleder-Kombination für 2.445 Euro, welches mit dem Komfortpaket Plus (1.715 Euro) eine umfassende Erweiterung erfährt. Hierzu zählt etwa eine vollumfängliche elektrische Sitzverstellung mit Memory-Funktion. Unbedingt auch das schicke, oben und unten abgeflachte Multifunktionslenkrad mit den beiden Schaltwippen bestellen! Die befehligen drei Rekuperationsstufen, also das Umwandeln von Bremsenergie in Strom. Wer geschickt flippert, verzögert selten via Fußpedal. Weiterer Tipp: die Wärmepumpe für 990 Euro, welche im Winter die Reichweite deutlich erhöht.
Der Fahrer ist Mittelpunkt im Cockpit
Einen Startknopf gibt es zwar, aber die Sensorik der Sitzbelegung gibt die Zündung frei, sobald jemand mit dem Schlüssel in der Hosentasche den Fahrersitz belegt – ein Gadget zu 950 Euro. Dann booten die Steuergeräte auch ohne Knopfdruck hoch und die vier Ringe im Instrumentarium signalisieren, dass das SUV startbereit ist. Den kleinen Schieber auf dem unteren Teil der Mittelkonsole auf „D“ ziehen – schon geht es surrend vorwärts. Beim Fahren dürfen allerdings lobende Worte zur gelungenen Bedieninsel nicht fehlen, die Audi in ein ergonomisch stimmiges Gesamtkonzept eingliedert, welches anders als bei ID.4 und Enyaq iV fahrerorientiert ausgerichtet ist. Es beinhaltet im Vollausbau das große und gut ablesbare digitale Kombiinstrument, den MMI Touchdisplay, das Head-up-Display mit Augemented Reality (gebündelt in Navigation Pro zu 2.930 Euro) und eine natürliche Sprachbedienung. Man darf Audi zur klassischen Gestaltung von Anzeige- und Bedieneinheit nur gratulieren. Das angenehm groß dimensionierte Digitalcockpit liefert die gewohnten fahrrelevanten Informationen, die mit Tastern angeordnete Klimabedienung überzeugt in der Praxis.
Fahren in einer neuen Dimension
Diese stellen wir leise, um dem nahezu geräuschlos fahrenden Q4 zu lauschen. Die Beschleunigung fühlt sich bei jeder Umdrehung kraftvoll und harmonisch an, die gefühlvolle Progressiv-Lenkung (optional) ist direkt, das Bremsen mit der Rekuperation gelingt bald feinfühlig. Längsbeschleunigt geht das etwa 2,1 Tonnen schwere SUV beim Sprint von null auf 100 km/h in 8,3 Sekunden gleichmäßig bis zur abgeregelten Spitze von 160 km/h. Sicher und ausgewogen liegt der Stromer auf der Straße: aufgrund des tiefen Schwerpunkts, einer gleichmäßigen Gewichtsverteilung und einer aufwendigen Radaufhängung. Optional gibt es die von Audi bekannten Komfort- und Dynamikzugaben, beim Testwagen etwa adaptive Dämpfer (Dynamikpaket Plus zu 1.390 Euro), die den optionalen 20-Zoll-Rädern (650 Euro) überzeugend Manieren beibringen. Weitaus mehr als das ohnehin gute Fahrverhalten ist die Reichweite bei einem E-Auto von Belang. Nach WLTP kommt der Q4 40 E-Tron mit seinem 77 kWh (netto) fassenden Lithium-Ionen Akku 516 Kilometer weit. Bei unserem Testverbrauch von 20,7 kWh reichte die Batterieladung rechnerisch für 372 Kilometer bei milden Temperaturen. Schnellladen mit maximal 125 kW dauert an CCS-Anschlüssen von 5 bis 80 Prozent Energiegehalt durchschnittlich 40 Minuten, vollladen etwa 70 Minuten, was in etwa den Werksangaben entspricht. Die bei 100 Prozent Batterieladung angegebene Reichweite des Bordcomputers variierte hingegen von 353 und 419 Kilometer. Im Effizienzmodus (bis max. 130 km/h) waren es ein paar Kilometer mehr. Im Stadtverkehr bewährte sich der Range-Modus mit hoher Rekuperationstufe. Dann stellt sich die Klima-Anlage auf Eco und der Q4 rollt bis maximal Tempo 90. Das sparte am effektivsten Strom. Für wen rentiert sich der Q4 40 E-Tron am ehesten? Gewiss für Pendler, aber auch für Vielfahrer, wenn sie kompromissbereit eine Ladestrategie erarbeiten, bei der die Navigation die Suche nach Schnellladesäulen aktiv unterstützt. Ansonsten verwöhnt auch dieser Audi seine Passagiere mit dem gewohnten Komfort, großzügigen Platzverhältnissen und reichlich Luxus, der bekanntlich seinen Preis hat.