Arne Olerth
· 20.07.2021
Digitaler, moderner und komfortabler präsentiert sich der neue VW Caddy. Dabei punktet der Hochdachkombi noch immer mit unfassbar viel Platz – bei kompakten Außenmaßen. Ein Test
Quadratisch, praktisch, gut. Keine Sorge, hier soll es nicht um süßes Naschwerk gehen, sondern um ein besonderes Auto von VW Nutzfahrzeuge. Der Caddy findet seit Jahrzehnten genauso selbstverständlich seinen festen Platz in vielen Familien-
Garagen wie die Pocket-Schokolade in den Küchenschubladen. Er beansprucht kaum mehr Parkraum als ein VW Golf, bietet jedoch ein gigantisches Raumangebot. Damit schultert er locker den Transport einer fünfköpfigen Familie – inklusive Kinderwagen und Familienhund. Alternativ rüstet Volkswagen den kleinen Pfiffikus mit einer dritten Sitzreihe aus – dann können auch zwei Freunde der Familie mitreisen.
Am Wochenende meistert der Caddy souverän einen kleinen Umzug, lässt sich das Fond-Mobiliar doch ruckzuck ausbauen. Abgeschmeckt mit enorm praktischen Schiebetüren und der sprichwörtlichen Volkswagen-Qualität hat der praktisch talentierte Caddy millionenfach die Herzen von Familienvätern erobert – die der Handwerker sowieso. Jetzt steht Generation fünf am Start – eine völlige Neukonstruktion und erstmals auf Volkswagens genialem MQB-Baukasten konzipiert. Umso gespannter waren wir auf den ersten Test, für den das Launchmodell „Caddy Move“ bereit stand – in der aktuellen TDI-Topmotorisierung mit 122 PS und DSG.
Schon auf den ersten Blick wird klar, dass hier ein völlig neues Auto konzipiert wurde. Trat der Caddy bisher eher pragmatisch-zeitlos in Erscheinung, so strotzt das neue Design vor Selbstbewusstsein, zieht mit effektvollen Details die Blicke auf sich. Die Designer hielten am Grundlayout des Hochdach-Kombi fest, haben seine Proportionen jedoch nachjustiert. Der Youngster wurde größer, ohne dabei seine citypraktische Kompaktheit zu verlieren. Konkret hat der Caddy in Länge und Breite mit 4,50 Metern und 1,86 Metern deutlich zugelegt, dafür in der Höhe (1,80 Meter) abgenommen. Gleichzeitig wuchs der Radstand auf 2,76 Meter. Seine Schnauze hält der Caddy jetzt hoch in den Wind, fast wie ein SUV. Nach innen gepfeilte Scheinwerfer verleihen der Front einen dynamischen Look, die Leuchteinheiten kommen beim Move serienmäßig in LED-Technik. Ein schmales, schwarzes Band verbindet sie, veredelt mit Chromleisten.
Einen klassischen Kühlergrill sucht das Auge vergebens, der untere Lufteinlass in Wabenoptik zitiert Volkswagens ID-Modelle – sehr modern. Ein prägnante Karosseriesicke gliedert die Flanke des Caddy, setzt das Greenhouse optisch vom Korpus ab. Schicke 17-Zoll-Alufelgen prägen die Seitansicht, auf Wunsch montiert Volkswagen gar 18-Zöller. On Top gibt es eine Dachreling – der Caddy bietet natürlich auch weiterhin praktische Attribute. Völlig neu layoutet präsentiert sich das senkrecht abfallende Heck mit seiner riesigen, dunkel getönten Scheibe, die von hoch aufragenden, schmalen Rückleuchten flankiert wird. Die LED-Variante (Aufpreis) lockt mit einer effektvollen Leuchtgrafik.
Doch interessieren den Caddy-Kunden in erster Linie die inneren Werte. Werfen wir zuerst einen Blick in den Fond und öffnen die leichtgängigen Schiebetüren. Die Passagiere sitzen hier auf einer Zweierbank und einem Einzelsitz, die in der Lehnenneigung eingestellt, umgelegt, gewickelt oder ganz heraus genommen werden können. Das Raumangebot passt, genauso wie die erhöhte Sitzposition. Die erleichtert Reisenden den Blick nach draußen genauso wie Eltern die einfache Platzierung des Nachwuchses im Fond. Passt, Tür zu! Hoppla, leichtes Zuschieben reicht: Der Caddy zieht die Tür automatisch ins Schloss (Serie Move) – sehr komfortabel. Auch die riesige Heckklappe kommt mit diesem feinen Mechanismus.
Erstklassiger Fahrersitz
Der Fahrer genießt durch die etwas erhöhte Position des Sitzes einen guten Überblick über das Verkehrsgeschehen. In der ErgoActive-Version lässt sich dieser mannigfaltig an den Körper anpassen, ist neigungsverstellbar und bietet sogar einen Sitztiefen-Verstellung – eine klare Kaufempfehlung! Ablagen gibt es reichlich, sogar auf der Armaturentafel. In ihr entfaltet sich die ganze Wucht der Neugestaltung: Konzentriert und digitalisiert adaptiert sie das Bedienkonzept des Golf 8. Anstelle von Drücken und Tasten lautet die Devise heute: Touchen und Sliden. Haptische Taster findet man kaum mehr, die Funktionen wurden schick in zwei Bedieninseln konzentriert. Deren blickgeführte
Bedienung erfordert freilich ein wenig Aufmerksamkeit. Optional gibt es digitale, vielfältig einstellbare Anzeigen. Ordert der Kunde ein Navi, so zieht auch der VW-Slider mit ein, der Lautstärke, Raumtemperatur und Sitzheizung per Fingerwisch steuert. Schade nur, dass das Element unbeleuchtet und damit bei Nacht schwer bedienbar ist.
Travel Assist & Sprachbedienung
„Hallo Volkswagen, schalte die Klimaanlage ein!“ Die Sprachsteuerung (Aufpreis) entlastet dafür an anderer Stelle. Der Caddy bietet zudem eine schier unglaubliche Vielfalt an Einstellungen. Warme Hände oder kalte Füße – alles wählbar.
Jetzt aber: Auf Knopfdruck erwacht der neue Zwoliter-Diesel zum Leben, beweist beste Umgangsformen. Laufruhig, drehfreudig und druckvoll agiert der Selbstzünder, wahrt akustisch stets die Contenance. Ein wirklich angenehmes Aggregat, das dank Twin-Dosing zudem vorbildlich sauber ist. 320 Newtonmeter sichern ein souveränes Fahrgefühl in allen Lebenslagen, 122 PS reichen für 187 km/h Spitze. Auf dem Weg dorthin fällt die Hundert nach 11,4 Sekunden. Der TDI ist ein druckvoller Allround-Motor, der keine Wünsche offen lässt. Nur 6,2 Liter im Testschnitt sprechen genauso für den Selbstzünder wie die Vierkomma-Werte im Cruiser-Modus.
Das komfortabel agierende Siebengang-DSG wird über einen kleinen Bedienknubbel gesteuert, die Ära der Wählhebel scheint zu Ende zu sein. So schmeichelhaft, wie der Antrieb zu Werke geht, so sehr setzt sich das Fahrverhalten vom Vorgänger ab: Der Komfort liegt mindestens eine halbe Klasse höher als bisher, was besonders der mit Schraubfedern, Längslenkern und Panhardstab überarbeiteten Hinterachse zuzuschreiben ist. Lediglich bei kleinen Querfugen kann sie ihre starre Bauweise nicht gänzlich verleugnen.
Neben Federungs- und Geräuschkomfort hat der Caddy seine Nutzfahrzeugwurzeln auch beim Handling abgelegt, lässt dank der präzisen und rückmeldefreudigen, elektrischen Servolenkung Fahrfreude aufkommen – herrlich. Der Radartempomat ACC hält im Reisemodus den Abstand zum Vordermann, der große Bruder „Travel Assist“ übernimmt auf Knopfdruck dazu gar die Lenkarbeit – der Caddy fährt damit teilautonom. Am Zielort parkt er auf Knopfdruck automatisch ein.
Luxuriöses Launchmodel
Zeit für einen Blick auf die Preise: Den Topdiesel mit DSG gibt´s ab 31.856 Euro, im edel ausgestatteten Move werden 35.879 Euro fällig. Dafür sind hier LED-Scheinwerfer, das riesige Glasdach, 17-Zöller, Parkpieser und Zuziehhilfe bereits an Bord. Empfehlen würden wir hier das „Plus-Paket“ (1.874 Euro), das neben einer Air-Care-Climatronic, LED-Rückleuchten und dem Tote-Winkel-Wächter Side Assist unter anderem auch das digitale Cockpit und den tollen Fahrersitz mitbringt. Das Winterpaket (500 Euro) sorgt für Sitzheizung und beheizte Wasch- wasserdüsen an Bord.
Wer anstelle der klasse Werkslösungen lieber das Handy zum Navigieren nutzen will, dem sei zur Anbindung App-Connect für schmale 179 Euro empfohlen.
Keine Frage: Mit seiner deutlich hochwertigeren Ausrichtung ohne Vernachlässigung der beliebten praktischen Attribute wird der Caddy noch begehrenswerter. Und Platz für kleine Schoko-Tafeln gibt es darin auch noch in Hülle und Fülle.