Alpincamper T6.1Gipfelstürmer

Heiko P. Wacker

 · 19.03.2021

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Foto: Jan Bürgermeister

Kaum zehn Jahre ist Alpincamper im Geschäft.Doch schon jetzt entstehen über einhundert Reisemobile im Jahr. Und es soll weiter aufwärts gehen in Oberbayern. Wir ham‘ da mal vorbeigeschaut

Eingebettet ist die Marke Alpincamper ins Isar-Outdoorcenter. Dort wurden schon vor Jahren Elemente für Reisemobile verkauft, Heckküchen beispielsweise. Irgendwann entstand dann die Idee, eine eigene Kreation auf die Räder zu stellen. „Also haben wir geschaut, was es so gibt – und was es eben nicht gibt“, erklärt Michael Zaiser, während wir über den Hof seiner Firma schlendern, auf dem mehrere Dutzend Camper sowie zum Ausbau bestimmte Fahrzeuge parken. Allesamt sind sie weiß an diesem Tag – andere Farben kommen nur in homöopathischen Dosen vor – und alle werden sie nach dem selben, charakteristischen Bauplan gestrickt. Entwickelt wurde der eigentlich für Hochdachkombis vom Schlage eines VW Caddy. „Doch er funktioniert auch in größeren Dimensionen ausgezeichnet.“

Ein System, ein Design, ein Name

Michael öffnet die Hecktüren des T6.1– sofort wird klar, was er meint. Links das Bett, rechts die Küchenzeile, oben ein Pilzdach für Luft und Platz – so wurde es für die Welt der Minicamper entwickelt, so findet das System auch im VW Transporter seine Anwendung. Wobei der Begriff „Transporter“ wörtlich zu verstehen ist: Als Basis werden geschlossene Kastenwagen ausgebaut, um auch eine eigene Fensterlösung realisieren zu können. Und weil es in Oberbayern auch mal frisch werden kann, sind alle Fahrzeuge auf Winterfestigkeit getrimmt. Armaflex sorgt für eine ordentliche Dämmung unter den mit Nadelfilz bezogenen Holzplatten. Und natürlich sind auch die beiden Kanister für je zwölf Liter Wasser und Abwasser frostsicher im Küchenblock positioniert. Dass man hierbei erst das Grauwasser herausnehmen muss, um ans geleerte Frischwasserreservoir zu gelangen, das macht sogar Sinn. Wird man doch solcherart erinnert, auch die gebrauchte Brühe zu entsorgen. So läuft nie was über.

Wobei das ein solch großes Drama auch nicht wäre, generell wird der Boden mit PVC belegt. Die Möbel wiederum bestehen aus robusten Multiplexplatten. Zur Wahl steht genau eine weiß glänzende Front mit mattschwarzen Klappen. Punkt. Auf neudeutsch würde man „keep it simple“ sagen. Doch schaut das funktionale Design deshalb keineswegs morbide aus, sondern frisch und modern.

150 Camper sollen es `21 werden

Die Komponenten werden unter anderem von Dometic zugekauft: Der als Schublade unters Ausziehbett verbaute Kompressorkühlschrank ist besonders platzsparend untergebracht, er fasst 30 Liter. Ebenfalls von Dometic stammen der zweiflammige Gaskocher sowie die Edelstahlspüle im Küchenblock, der eine Erweiterung zum Aufklappen im Bereich der Schiebetür hat. Einen zusätzlichen Tisch sucht man indes vergebens.

Der wäre jedoch dem Bett im Wege, das auf der gesamten Länge ausgezogen wird. Aus dem feinen Sofa wird nun eine feine Liegefläche mit 195 auf 125 Zentimetern, die Auflagen bestehen aus acht und zehn Zentimeter dickem Kaltschaum.Damit es des nächtens kuschelig bleibt, sorgt eine Standheizung für Gemütlichkeit im Wagen, in dem man natürlich auch gemütlich sitzen kann – das Beifahrergestühl ruht auf einer Drehkonsole.

Als Special bietet Alpincamper hier zudem einen drehbaren Doppelsitz mit einem Wertfach im Parterre, falls mal drei Personen mitfahren möchten. Auf der hinteren Längsbank gibt es keine Gurt – der Alpincamper ist ganz klar als ein Camper für Paare ganz ohne Kinder oder mit maximal einem Kleinkind gedacht.

Wohl auch deshalb wählen viele nicht das große Schlafdach, das beispielsweise von SCA bezogen wird, sondern das von Reimo zugelieferte Hubdach mit den drei Moskitonetzen. Dieses sorgt am Reiseziel nicht nur für Stehhöhe, sondern auch für ein angenehmes Raumgefühl.

Ganz abgesehen davon, dass es in heißen Gefilden – wie wäre es mal wieder mit einer Fahrt in die Provence oder nach Sizilien – ganz eindeutig der Klimatisierung dient. Oder eben der Belüftung, Alpincamper verbaut ein hochwertiges Porta Potti 565 DeLuxe mit Füllstandsanzeige und elektrischer Pumpe links im Heck, ein Vorhang trennt den Privatbereich ab.

Vom Kasten zum Camper

Die Innenbeleuchtung übernehmen vier warmweiße LEDs, als Steckdosen findet man eine 230er am Küchenblock sowie eine für zwölf Volt links im Heck. Neben dem zentralen Bedienpaneel sind zudem zwei USB-Steckdosen verbaut, der VW T6.1 hat natürlich noch eigene Stromquellen rund ums Volant zu bieten. Für Autarkie sorgen insgesamt zwei Batterien, auch der Ladebooster wird übrigens von Dometic bezogen. Der Sicherungskasten ist unterm Bett und somit in der Nähe des auf der Fahrerseite verbauten Landstromanschlusses zu finden. Die Wippschalter des Bedienpaneels wiederum steuern alle Verbraucher, hier gibt es auch die Infos zu den Ladezuständen. Oberhalb ist die Bedieneinheit der Webasto-Heizung zu finden, hier kommt die Edelvariante mit LCD-Display zum Einsatz. Der kleine Pinöppel links der Bedieneinheiten darf übrigens nicht verwundern, hierbei handelt es sich um den Temperaturfühler der Heizung. Also nicht abknibbeln, das g‘hört so!

Eine Weile später stehen wir wieder bei Michael auf dem Hof, beheimatet ist die Marke Alpincamper passenderweise in einer alten Gebirgsjägerkaserne. Und das hat durchaus Vorteile – Platz gibt es hier genug. Und der wird gebraucht. „Im letzten Jahr lieferten wir rund 120 Reisemobile aus, in diesem Jahr peilen wir 150 an, im kommenden dann 180“, erklärt er. Gleichwohl möchte die Marke gar nicht viel größer werden, um den familiären Ton nicht drein zu geben. Es geht mehr als nur freundschaftlich zu in der alten Kaserne, vor der nun auch wieder unser Fotomodell parkt.

Nur bei einer Frage muss er passen, der Michael. Einen richtigen Namen hat der Ausbau nämlich noch nicht, dafür war bei allem Erfolg wohl noch keine Zeit. Sinnierend blickt er auf den 1.650 Meter hohen Hausberg, Brauneck genannt, hoffend auf eine spontane Eingebung. „Ach, wir reden einfach vom Alpincamper T6.1. Und gut“, meint er verschmitzt. Passt so! Gute Ideen müssen eben nicht zwingend kompliziert sein.


Test kompakt:

Nach der anfänglichen Durststrecke läuft es inzwischen rund in Lenggries: Flotte 150 Reisemobile will Alpincamper in diesem Jahr verkaufen – stets nach einem gesetzten Grundriss. Der bietet für zwei Personen alle Reisetalente, obendrein passt auch ein Bike in den Raum zwischen Küche und Bett. Und im Heck wird schließlich noch eine Toilette verbaut – alles auf dem kurzen Radstand des T6.1. Läuft bei Alpincamper!