FahrberichtVW Arteon Shooting Brake – Lust & Last

Martin Santoro

 · 20.11.2020

Fahrbericht: VW Arteon Shooting Brake – Lust & LastFoto: I. Barenschee (VW)

Das ist neu: Zum großen Update des Arteon mit Fließheck steuert Volkswagen parallel eine neue Karosserie­variante bei! Erste Fahreindrücke mit dem bildschönen Shooting Brake

Schöne Kombis heißen Avant“, textete einst Audi den durchaus angemessenen Slogan für ihre eleganten Pkw mit großem Laderaum. Mit dem Arteon Shooting Brake betritt nun ein Volkswagen die Bühne, der es in Sachen ästhetischer Eleganz mit allen gegenwärtig schönen Kombis sicher aufnehmen kann.

Pragmatische Kombi-Interessenten könnten angesichts des dynamisch geschnittenen Hecks Sorge tragen, dass wertvoller Stauraum zugunsten der Optik geopfert wurde. Doch hinter der sich serienmäßig elektrisch öffnenden, schnittig-schrägen Heckklappe tut sich mit 565 Litern ein wirklich großer Stauraum auf. Das parallel gelaunchte Update des viertürigen Coupés fast derer zwei Liter weniger. Bei umgelegter Rückbank wächst das Ladevolumen des 4,87 Meter langen Shooting Brake gar auf 1.632 Liter, ein Raumgewinn von 75 Liter gegenüber dem gleich langen Fließheck. Das sind echte Kombi-Maße beziehungsweise -Möglichkeiten, wenn er auch mit dem ebenfalls gleich langen Passat Variant (650 bis 1.780 Liter) nicht ganz mithalten kann.

 | Fotos I. Barenschee (VW)

Doch dafür sitzt man im Arteon Shooting Brake in einem Blickfang von präsenter Eleganz. Schönheit hat jedoch seinen Preis: Anders als beim technischen Bruder Passat geht es hinter der niedrigen Ladekante rund 15 Zentimeter stufig abwärts bis zur Ladefläche, wodurch Be- und Entladen etwas mehr Körpereinsatz verlangt.

Im Innenraum gilt für beide Arteon-Geschwister das selbe: reichlich Platz vorn wie hinten. Im Fond liegt die Beinfreiheit auf Business-Class-Niveau. Ein Garant dieser üppigen Verhältnissen ist der ellenlange Radstand von 2,84 Meter.

Deutlich aufgewertetes Interieur

Orientierte sich das Innendesign des ersten Arteon noch deutlich am Passat, so sorgen jetzt noch höherwertigere Materialien für echte Premium-Stimmung an Bord. Als Vorbild dient nunmehr das Flaggschiff Touareg. Fein gearbeitete Nähte zieren den Armaturenträger, Echtholz-Einlagen garnieren die Linie Elegance, offenes Karbonfasergewebe den R-Line. Auch Chrom und Aluminium sind gegen Aufpreis erhältlich. Abgerundet mit jetzt serienmäßigen Digitalinstrumenten, neuem Lenkrad und überarbeiteter Ambiente-Beleuchtung, wandelt sich das Interieur der Baureihe vom pragmatischen Steuerbüro zur stylischen Werbeagentur.

Wer Arteon fahren will hat vorläufig die Wahl zwischen zwei Selbstzündern mit zwei Litern Hubraum und wahlweise 150 oder 200 PS. Zwei gleich volumige Turbo-
Benziner mit 190 und 280 PS folgen in Kürze. Den stärkeren TSI, generell mit 7-Gang-DSG ausgestattet, konnten wir bereits fahren. Er liefert seine volle Leistung zwischen 5.600 und 6.500/min und baut 350 Nm Drehmoment zwischen 1.700 und 5.600 Touren auf. Die enorme Elastizität des Triebwerks macht Überholen zum Kinderspiel. Dabei agiert der kraftvolle Vierzylinder überaus leise, knurrt erst dann vernehmlich in GTI-Manier, wenn der Fahrer in den Sportmodus wechselt und beherzt das Gaspedal tritt. Mit nur winziger Turboverzögerung setzt der TSI den Befehl in sportiven Punch um, der 4Motion-Allradantrieb verhindert störenden Schlupf. Heißa, Fahrspaß ist garantiert.

Zum spritzigen Antrieb passt auch das adaptive DCC-Dämpfersystem (1.170 Euro). Das geregelte Fahrwerk ist per virtuellem Schieberegler am zentralen TFT in 15 Positionen stufenlos einstellbar und beherrscht von knackig-sportlich bis flauschig-komfortabel alle Gangarten. Dabei federt der Arteon trotz wuchtiger 20-Zoll-Räder angenehm komfortabel und empfiehlt sich auch für entspanntes Reisen. Auch der klasse Akustikkomfort trägt zum erholten Ankommen bei. Glänzen kann auch die vom GTI bekannte Progressivlenkung: Sie agiert präzise und direkt, baut in Kurven passende Haltekräfte auf. Zu Redaktionsschluss lagen vom gefahrenen Top-TSI noch keine Norm-Verbrauchswerte vor. Auf der rund 130 Kilometer langen Erprobungstour mit viel Berg- und Landstraßenanteil pendelte sich unser Durchschnittsverbrauch aber auf etwa neun Liter ein. Ein klasse Wert für ein leistungsstarkes Fahrzeug dieser Größe.

Wie bei vielen anderen Modellen bietet Volkswagen auch für die beiden Arteon-Derivate einen Plug- in-Hybrid-Antrieb an, der mit einer Systemleistung von 218 PS und einem Drehmoment-Maximum von 400 Nm antritt. Durch die Allianz aus 1,4-Liter TSI mit 156 PS und E-Motor (115 PS) sprintet der Shooting Brake eHybrid im GTE-Modus in 7,8 Sekunden von null auf Tempo Hundert. Der aus dem Passat GTE bekannte Antrieb schafft beim Shooting Brake eine rein elektrische Reichweite von 57 Kilometer. Das viertürige Coupé kommt nach WLTP zwei Kilometer weiter.

Prädiktive Hybrid-Strategie

Geladen werden kann der Akku per Rekuperation, vom Verbrenner während der Fahrt oder eben per Kabel. Unter Obhut des elektronischen Hybridmanagers choreografiert der prädiktive Hybridmodus das Wechselspiel aus TSI und E-Maschine mit maximaler Effizienz. Dabei verteilt er die Anteile des E-Antriebs anhand eines gewählten Navigationsziels auf die Strecke optimal, verbraucht die gesamte elektrische Energie der 13-Kilowattstunden fassenden Batterie. Dazu nutzt das System auch topografische Daten und die Verkehrsschilder-Erkennung. Der Antrieb agiert leise und sehr kultiviert, zeigt Talent für das entspannte Abspulen von Langstrecken. Dabei wird der TSI bei Leistungsabruf von der E-Maschine unterstützt, was oft ein Zurückschalten des DSG verhindert. Bei voller Batterie liegt die Reichweite jenseits der 900 Kilometer (WLTP).

Volkswagen verspricht, den eHybrid-Antrieb noch dieses Jahr anzubieten. Bereits bestellbar sind die beiden, dank Twin-Dosing extra-sauberen TDI-Aggregate. Beim Fließheck beginnen die Preise für den 150 PS-Diesel mit Frontantrieb bei 43.542 Euro. Der Shooting Brake ist mit gleicher Motorisierung 863 Euro teurer. Abgerundet wird Portfolio von einem potenten R-Modell mit 320 PS und Allradantrieb, den Volkswagen für Anfang 2021 angekündigt hat.