VW Touareg R (eHybrid)Auf hohem Niveau

Joshua Hildebrand

 · 13.07.2022

VW Touareg R (eHybrid): Auf hohem NiveauFoto: Jan Bürgermeister

462 PS adeln den Touareg R mit Plug-in-Hybrid-Technologie zum kräftigsten Volkswagen aller Zeiten. Doch hat er neben dem Tpuareg eHybrid überhaupt eine Daseinsberechtigung? Fakten liefert der GF-Test

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Foto: Jan Bürgermeister

Aus. Schluss. Vorbei. Mit der limitierten Last Edition des 421 PS starken Touareg V8 TDI ging wahrlich eine besondere Ära zu Ende. Der Bigsize-Selbstzünder mochte nicht mehr so recht in die ambitionierte Modellpolititk passen, obgleich er brillante Fahrleistungen bei erstaunlich kommoden Verbräuchen lieferte. Kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Nun gibt’s im Flaggschiff der Marke nämlich noch mehr Leistung. Vielleicht auch, damit der Abschied des V8 nicht ganz so schmerzhaft ist … Abgelöst wird der Achtender vom politisch korrekterem Topmodell „R“ mit Plug-in-Hybridantrieb und bärigen 462 PS. Eine Teamleistung aus Dreiliter-V6-Benziner mit 340 PS und bis zu 136 PS starker E-Maschine, untergebracht in der 8-Gang-Tiptronic. Ganz genau so, wie es auch beim humaneren Modell eHybrid der Fall ist. Lassen Sie uns ein bisschen nachtwandeln und ein paar Fakten kredenzen. Los geht’s!

Für den R mussten bis zuletzt mindestens 90.995 Euro auf das Konto des Händlers überwiesen werden; wohlgemerkt der stärkste Volkswagen aller Zeiten. Und vielleicht auch der schwerste: Er bringt stattliche 2,5 Tonnen Lebendgewicht auf die Waage, was die große Leistungsfähigkeit des PHEV-Strangs fast schon wieder nivelliert. Doch zeigte der Test des eHybrid-Modells erst kürzlich (GF 3/22), dass bereits die 381 PS kaum Mühe mit dem Gewicht haben. Einzig und allein durch eine sportlichere Software-Applikation des von Volkswagen R speziell konfigurierten Hybridantriebs stellt der Touareg mehr Leistung und mit 700 Nm auch mehr System-Drehoment zur Verfügung (eHybrid: 600 Nm). Der allradgetriebene Sprint auf Tempo 100 gelingt in flotten 5,2 Sekunden – etwa eine Sekunde schneller. Keinen VIP-Status genießt der „R“ bei der Höchstgeschwindigkeit: Bei 250 km/h ist auch hier Schluss.

Starke Traktion und wandlungsfähiger Allrad

Stromgeber ist ein Lithium-Ionen-Akku mit 14,3 kWh Netto-Kapazität, der sich indes im Unterboden des 665 bis 1.675 Liter großen Kofferraums befindet. Die Kraftübertragung erfolgt über ein selbstsperrendes Mittendifferenzial mit asymmetrisch-dynamischer Momentenverteilung (Torsen). Maximal 70 Prozent der Antriebskraft gelangen an die Vorderachse, bis zu 80 Prozent an die Hinterachse, was für vielseitige Fahreigenschaften verantwortlich zeichnet: Sicheres und komfortables Reisen, traktionsstarkes Beschleunigen auf losem Untergrund, leichtes Gelände oder eine sportive Gangart auf trockenem oder beschneitem Asphalt setzt der Vierradantrieb routiniert in die Praxis um. Die 8-Gang-Wandlerautomatik mit Tip-tronic) macht ihre Sache durchaus geschmeidig, schaltet flux, neigt aber zu unnötig hochtourigem Fahren – selbst im Comfort-Modus. Dem Fahrer bleibt die Wahl zwischen fünf Fahrprofilen für die Straße und deren zwei fürs Gelände; diese steuern sowohl die Kraftverteilung des permanenten Allradantriebs als auch das Ansprechen und das Niveau der Luftfederung. Wie beim eHybrid muss beim R-Modell aufgrund von Bauraum-Einschränkung ebenso auf Hinterachslenkung und Wankstabilisierung verzichtet werden. Entscheidender ist allerdings die Souveränität, wie er fährt, bei jeder Drehzahl sofort nach vorne prescht und so gut wie alle Störfaktoren einfach weg filtert. Dazu garniert Volkswagen eine lineare, wenn auch etwas entkoppelte Lenkung – wenig „R“, aber sehr angenehm.

Dank dem Bündnis aus E- und V6-Turbo profitiert der Fahrer gleich doppelt: Erstens gibt es keine Anfahrschwäche und zweitens dient der Elektromotor als E-Boost. So oder so markiert der R sein Revier als kraftvoller Cruiser und flexibles Premium-SUV, mit dem man sogar bis zu 3,5 Tonnen an den Haken nehmen kann. Zwar lassen seine Fahrwerte uns die 900 Newtonmeter des V8 TDI nicht vergessen, doch der Dreiliter-Benziner vermittelt dank eigener Charakteristik eine Portion mehr subjektive Sportlichkeit, während der Klang der Abgasanlage stets dezent bleibt.

Gleiches beim Startprozedere: Der Touareg R befindet sich automatisch bei ausreichend geladener Batterie im E-Mode. Lediglich ein Ton signalisiert seine Bereitschaft, schon summt der Zweieinhalbtonner los und beschleunigt gelassen bis auf rein elektrische 140 km/h. Darüber – oder jeder Zeit per Kickdown – schaltet sich automatisch der V6 hinzu, das System wechselt dabei in den Modus „Hybrid“. Die Fusion beider Maschinen führte auf der GF-Verbrauchsrunde (146 km) zu einem Durchschnittsverbrauch von 8,5 Litern und 10,1 kWh Strom. Bei leerem Akku geht es in Richtung der zwölf Liter – 2,5 Tonnen fordern ihren Tribut. Die Statusanzeigen im Digitalcockpit informieren über Reichweiten, Kraftfluss und Ladestand; auf Wunsch assistiert das Navigationssystem mit der sogenannten prädiktiven Hybridstrategie via Kartendaten und GPS – etwa zur optimalen Rekuperation vor Ortschaften. Oder der VW übernimmt dies komplett eigenständig per ACC oder teilautonomem Fahrassistenten namens Travel Assist.

Darüber hinaus lässt sich im Hybridmenü auch einstellen, ob der Verbrenner zusätzlich den Akku laden (erhöhter Benzinverbrauch) oder ob Energie für lokal emissionsfreies Fahren reserviert werden soll. Immerhin schafft der Koloss im Test 40 elektrisch zurückgelegte Kilometer, bleibt damit jedoch unter der WLTP-Werksangabe von 51 Kilometern (konfigurationsspezifisch). Geladen werden kann je nach Stromquelle mit 2,3 oder 7,2 kW Wechselstrom (AC), so dass der Akku nach acht, respektive 2,5 Stunden wieder aus den Vollen schöpfen kann. Komfortabel: Sowohl während des Ladens mit angeschlossenem Ladekabel sowie generell bei ausreichender Batterieladung im Parkmodus lässt sich der Innenraum vor dem Start kühlen oder erwärmen.

Üppige Ausstattung, aber es geht noch mehr

Bereits von Haus aus ist das SUV gut bestückt. Wie der eHybrid ist auch der Touareg R serienmäßig mit dem „Innovision Cockpit“ ausgestattet, das mit einer volldigitalen Infotainment-Landschaft samt Kino-großen Bildschirmen und einer anständigen Bedienung gefällt. Wer die volle Optionsliste abklappert, der kann locker weitere 30.000 Euro in Extras investieren, darunter auch in Hightech-Gadgets wie einen Nachtsicht-Assistenten (1.820 Euro) oder den Park Assist Plus mit Fernbedienung, mit dem sich der Touareg via Smartphone aus Parklücken steuern lässt. Nicht zu vergessen sind der Sitzkomfort vorne wie hinten – vor allem mit Massagesitzen samt aktiver Klimatisierung. Die Platzverhältnisse sowie das Ambiente sind über jeden Zweifel erhaben.

Ja, Fahrwerte und Fahrgefühl von Touareg R und eHybrid ähneln sich sehr – beide fahren sich komfortabel, äußerst kultiviert und bieten eine überzeugende Kombination aus Performance und Effizienz. Der R bietet mehr Dampf, mehr Ausstattung, ein paar R-Embleme und schließlich auch mehr Prestige. Gewünscht hätten wir uns – vor allem im Falle eines Premium-SUV der R GmbH – eine stärkere Differenzierung zum eHybrid, sowohl optisch als auch fahrtechnisch, sowie eine höhere AC-Ladeleistung.

Zwar ist er ausstattungsbereinigt deutlich billiger als Audi Q7, Porsche Cayenne und Co., dennoch ist er zu teuer für die PHEV-Förderung, deren Tage ohnehin gezählt sein dürften. Auch wenn der starke PHEV aktuell nicht konfigurierbar ist, lassen sich Exemplare bei manchem Händler oder im VW-Gebrauchtwagenportal finden. Stöbern lohnt sich!


Test kompakt

Der gut bestückte Touareg R ist kein typischer Vertreter der VW-Sportmarke, aber ein beeindruckendes Premium-SUV mit harmonischer Kombination aus kultiviertem V6-Benziner und effizientem E-Motor. Jener PHEV-Antrieb kann Komfort besser als Sport, dies gilt auch für die optionale Luftfederung. Darüber hinaus gefällt der R mit einer akzeptablen Reichweite und respektablen Verbräuchen, sofern der Akku konsequent stationär geladen wird. Er besitzt eine üppigere Serienausstattung als der eHybrid, ist aufgrund des hohen Netto-Listenpreises aber nicht förderfähig.