Joachim Fischer
· 03.04.2023
Zeitgeistiges SUV oder klassischer Kompaktwagen – Audi Q3 oder A3 Sportback? Zwei unterschiedliche Konzepte mit identischem 190-PS-Benziner, Quattro-Antrieb und S-Tronic. GUTE FAHRT erklärt, wer mit welchem glücklich wird
Nein, nein, keine Angst, wir wollen Sie an dieser Stelle nicht in William Shakespeares Tragödie „Hamlet“ entführen, sondern haben nur das wohl bekannteste Zitat aus diesem Meisterwerk „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“ entliehen und als Headline für unsere Zwecke umgedichtet. Sorry dafür an alle Shakespeare- Fans unter unseren Lesern, die ob dieser Tatsache nun entrüstet aufschreien.
Bei unserem Text geht es natürlich nicht um Leben und Tod, sondern nur um die Wahl des richtigen Automobils – SUV oder Kompaktklasse? Diese Entscheidung kann auch recht knifflig werden.
Im konkreten Fall handelt es sich um die Wahl zwischen einem Audi Q3 40 TFSI Quattro S-Tronic oder einem Audi A3 Sportback 40 TFSI Quattro S-Tronic. Beide sind Pre mium-Fahrzeuge für anspruchsvolle Familien mit Platz für – durchschnittsdeutsch – bis zu vier Personen. Klar, maximal fünf Sitzplätze bieten beide, doch eine Vollbelegung sollte aus Gründen der Bequemlichkeit eher die Ausnahme bleiben. Anhand der Modellkürzel ist klar ersichtlich, dass beide Fahrzeuge identisch motorisiert sind. Ein topmoderner Zweiliter-Direkteinspritzer-Benziner mit Turboaufladung, ein- und auslassseitig verstellbaren Nockenwellen, 190 PS und 320 Nm maximalem Drehmoment schon ab 1.500/min treibt beide Kontrahenten an. Die Schaltarbeit übernimmt hier wie da serienmäßig ein bewährtes 7-Gang-S-Tronic-Doppelkupplungsgetriebe, den Kraftschluss stellt der elektronisch geregelte Quattro-Allradantrieb her. Natürlich ist das Aggregat zeitgemäß abgasgereinigt und verfügt auch über einen Otto-Partikelfilter. Soweit die Übereinstimmungen.
Den Unterschied machen die Karosseriekonzepte. Auf der einen Seite haben wir hier den zeitgeistigen Q3, ein modernes Kompakt-SUV. Auf der anderen den A3 Sportback, einen klassischen Kompaktwagen mit Heckklappe, jahrzehntelang der Deutschen liebstes Automobilkonzept. In ihrem Design sind beide Fahrzeuge auf der Höhe der Zeit – wie von Audi nicht anders zu erwarten. Der Q3 gattungstypisch wuchtig und muskulös, der A3 SB eher sportlich-dynamisch und natürlich deutlich flacher modelliert. Das bringt mit sich, dass man im A3 wesentlich tiefer sitzt, also bei Ein- und Ausstieg etwas gelenkiger sein sollte. Der rund 15 Zentimeter höher bauende Q3 bietet hier eindeutig mehr Komfort beim Entern und von Bord gehen – beliebt gerade bei etwas älteren Semestern. Die Sitzpositionen vorne sind bei beiden perfekt für alle Körpergrößen einstellbar, auch korpulentere Naturen fühlen sich von den optionalen, sehr bequemen Sportsitzen nicht eingeengt.
Der A3 Sportback wagt den Spagat zwischen volldigitaler Bedienung und klassischen Tastern sowie Reglern für wichtige Funktionen – das ist gut so!
Die Bedienung beider Aspiranten ist weitgehend digital ausgelegt, erfolgt über das Infotainmentsystem. Für häufig genutzte Funktionen wie die Temperatureinstellung der Klimaanlage, die Lautstärke der Musikwiedergabe oder auch die Fahrprofile finden sich aber noch Taster oder sogar klassische Drehregler, die eine Direktwahl und damit blickfreie Bedienung ermöglichen – auch in Verbindung mit dem optional orderbaren MMI Plus Top-Infotainment, das in beiden Testwagen verbaut war. Ergänzend sind Multifunktions-Lenkräder mit praktischen Bedienwalzen bei beiden Audis in Serie montiert. An dieser Stelle herrscht also Gleichstand zwischen den ansonsten eher ungleichen Brüdern. Gleiches gilt für die Anmutung der Innenräume. Beide tragen schlanke, zweistufige Armaturentafeln mit pfiffig angeordneten Ausströmern und perfekt ablesbaren Instrumenten sowie Bildschirmen. Der A3 ist hier vielleicht noch einen Tick progressiver gestaltet. Die Verarbeitung befindet sich durchweg auf Luxus-Niveau, die verwendeten Materialien sind hochwertig – typisch Audi eben. Wer Spaß daran hat, kann hier nach Herzenslust durch besonders edle Sitzbezüge mit Ziernähten, feine Dekorleisten oder eine schicke Ambientebeleuchtung weiter aufpreispflichtig individualisieren. Wir nehmen in Reihe Zwei Platz. Trotz rund vier Zentimeter längerem Radstand zu Gunsten des Q3 lässt sich hier kein gravierender Unterschied zum A3 SB feststellen. Auch für Großgewachsene ist die Kniefreiheit ordentlich, die Kopffreiheit großzügig bemessen. Nur für Ellenbogen und Schultern hält der Q3 rund vier Zentimeter mehr Innenbreite bereit. Das klingt nach wenig, ist aber spürbar – insbesondere wenn man gelegentlich zu Dritt auf der Rückbank Platz nimmt.
Die weit öffnenden Heckklappen offenbaren indes den größten Unterschied zwischen Q3 und A3 Sportback. Der in seinen Außenmaßen 14 Zentimeter längere Q3 offeriert hier stattliche 530 bis 1.525 Liter Stauvolumen bei umgelegten Rücksitzlehnen. Hinzu kommt eine hohe Flexibilität, da er als Advanced-Modell über die – auch einzeln – längs verschiebbare „Rückbank Plus“ verfügt. Der A3 SB kann hier nur mit seinem Kompaktklasse-üblichen, 325 bis 1.145 Liter fassenden Gepäckabteil aufwarten. Die pfiffige Rückbank gibt es nicht für Geld und gute Worte. In Sachen Nutzwert hat der Q3 somit klar die Nase vorn.
Kommen wir zu den Fahrleistungen. Gleicher Motor, gleiche Leistungsdaten, gleiche Dynamik? Weit gefehlt! Während der Q3 fahrbereit mindestens 1.695 Kilo auf die Waage bringt, ist der A3 SB mit 1.535 Kilo Basisgewicht inklusive Fahrer satte 180 Kilo leichter. Hinzu kommen ein cW-Wert von 0,31 sowie eine Stirnfläche von 2,17 m2beim A3 SB. Der Q3 weist einen cW von 0,34 und eine Stirnfläche von 2,44 m 2 auf – deutlich schlechter also. Das sollte sich bemerkbar machen. Auf der GF-Messstrecke bestätigt sich diese These. Während der A3 SB für den Standard-Sprint aus dem Stand auf 100 km/h 7,0 Sekunden benötigt, braucht
Auch im Q3 findet sich der intelligente Bedien-Mix, der blickfreie Einstellung erlaubt. Dazu gibt es für die S-Tronic noch einen echten Bedienhebel
der Q3 7,5 Sekunden. Bis 160 km/h wird der Unterschied deutlicher. Hier sind es 17,7s gegenüber 19,8 s für den Q3. Beim simulierten Überholvorgang von 80 auf 120 km/h nimmt der A3 SB dem Q3 mit 4,7 zu 5,6 fast eine ganze Sekunde ab. Zudem rennt der Kompakte stramme 241 km/h Spitze, der Q3 schafft „nur“ 222 km/h. Zugegeben, im Alltag werden solche Beschleunigungs- und Tempo-Exzesse nur selten abgerufen, doch der A3 bleibt stets das flinkere, agilere Automobil – und das, obwohl der Q3 bei identischen Getriebeübersetzungen sogar eine deutlich kürzere Achsübersetzung als der A3 SB aufweist, die ihrerseits eine temperamentvollere Beschleunigung begünstigt.
Sein Gewicht und der höhere Luftwiderstand bescheren dem Q3 aber auch Nachteile beim Thema Verbrauch. 9,0 Liter Super genehmigte sich das SUV im Testschnitt pro 100 Kilometer, der A3 SB kam dagegen mit 8,1 Litern aus. Im Minimum waren es 7,2 gegenüber 6,7 Litern zu Gunsten des A3 SB, im Maximum 11,1 zu 9,8 Litern. Im Alltagsbetrieb verlangt der Q3 also rund einen Liter Zuschlag. Bei sportlicher Fahrweise fällt der Unterschied noch deutlicher aus. Die ausgezeichnete 7-Gang-S-Tronic verfolgt in beiden Fahrzeugen die gleiche Strategie. Auf D wird drehzahlsenkend und damit spritsparend früh hoch- und erst beim energischen Tritt aufs Gaspedal augenblicklich wieder heruntergeschaltet. Im Sportprogramm S werden die Gänge länger gehalten und höher ausgedreht, zudem wird beim Anbremsen von Kurven früher selbsttätig heruntergeschaltet. Dadurch hängt der Turbo-Benziner durchweg aufmerksam und stets spurtbereit am Gaspedal. Die Schaltvorgänge selbst laufen butterweich und ruckfrei ab.
Der elektronisch geregelte Quattro-Allradantrieb nach Haldex-Prinzip beschert beiden Kontrahenten eine wahrhaft unerschütterliche Traktion auf allen Untergründen. Droht an einem Rad unerwünschter Schlupf, wird in Millisekunden unmerklich vom verbrauchsoptimierenden Front- auf Allradbetrieb umgeschaltet, damit der Grip nicht abreißt. Ein echter Sicherheitsgewinn – nicht nur auf schneebedeckten oder regennassen Straßen, sondern auch auf Schotter und trockener Bahn. Dementsprechend fahraktiv präsentieren sich die beiden Audi auch im Alltag. Wie auf Schienen ziehen sie auf der Autobahn selbst bei hohen Tempi ihre Bahn, lassen sich auch durch Spurrillen und gefräste Asphaltdecken nicht aus der Ruhe bringen. In der City glänzen sie mit guter Übersicht, sind wendig und parkfreundlich. Auf kurvigen Landstraßen fühlen sich beide ausgesprochen wohl, wenngleich der A3 Sportback hier konzept- bedingte Vorteile ausspielen kann. Durch seinen niedrigeren Schwerpunkt, weniger Gewicht und eine etwas straffere Grundabstimmung ist er bei dynamischer Gangart das deutlich sportlichere und agilere Auto.
Der klassisch kompakte A3 Sportback kommt sportlicher daher, der Q3 viel wuchtiger. Letzterer ist zudem rund
Geringe Nick- und Wankbewegungen der Karosserie machen ihn in Verbindung mit der optionalen, sehr direkten, zielgenauen und angenehm straffen Progressivlenkung zu einem Fahrspaß-Garanten. Der Q3 kann hier trotz feiner, etwas komfortablerer Grundausrichtung nicht aus seiner SUV-Haut. Deutlichere Aufbaubewegungen sowie höherer Schwerpunkt und Gewicht lassen ihn in schnellen Kurvenkombinationen behäbiger wirken. Die ausgezeichnete, auch bei ihm optionale Progressivlenkung ist für sportliche Fahrernaturen deshalb fast schon ein „must have“. Die Fahrdynamik-Wertung geht dennoch klar an den A3 Sportback.
Dafür kann der Q3 beim Thema Komfort punkten. Auch ohne das aufpreispflichtige, immer empfehlenswerte verstellbare Adaptiv-Fahrwerk, das bei beiden Testwagen an Bord war, liegt er in Sachen Abrollkomfort vorne. Querfugen und gröbere Verwerfungen nimmt er etwas geschmeidiger, federt sensibler an als der A3. Daran ändern auch die 19-Zoll-Options-Räder mit 235/50er Reifen nichts, die am Q3 statt der Serien- H Der Q3 bietet bei nahezu gleicher Kopf- und niefreiheit ein paar Zentimeter mehr Schulterund Ellenbogenbreite als der A3 Sportback f Die ausklappbare Mittelarmlehne mit Cupholdern im Fond kostet bei beiden Aufpreis 18-Zöller montiert waren. Unser Test-A3 Sportback rollte auf optionalen 18-Zöllern mit 225/40er-Reifen, die naturgemäß wegen der niedrigeren Reifenflanke etwas weniger Eigendämpfverhalten zeigen als die ab Werk für das S-Line-Modell vorgesehenen 17-Zöller mit Pneus der Dimension 225/45. Auch in Sachen Geräuschkomfort kann sich der Q3 gegen den A3 durchsetzen. Er ist einfach noch etwas besser gedämmt – was für Abroll-, Wind- und auch Motorgeräusche gilt. Das soll im Umkehrschluss nicht bedeuten, dass der A3 Sportback laut ist, doch man vernimmt von allem ein wenig mehr.
Kommen wir zum Thema Ausstattung. Audi bietet den Q3 40 TFSI Quattro S-Tronic als Basis-, Advanced- und S-Line-Modell an. Der Test-Q3 entstammte der Advanced-Reihe, die optisch eher edel-elegant ausstaffiert ist. Der Grundpreis liegt bei 44.350 Euro. Den A3 SB 40 TFSI Quattro S-Tronic gibt es als Advanced- oder S-Line-Modell. In unserem Fall war es der betont sportliche S-Line zum Basispreis von 40.150 Euro. Man sollte aber von den gehobenen Modell-Linien – abgesehen von der optischen Ausrichtung im Exterieur und größeren Rädern – ausstattungstechnisch nicht allzu viel erwarten. Die S-Line bietet serienmäßig zusätzlich noch ein Sportfahrwerk, das war’s im wesentlichen. Alle wirklich habhaften Features, wie etwa elektrische Heckklappen, Sportsitze, Navigation, er- weiterte Assistenz, Online-Dienste und Infotainment-Komfort gehen extra. So kommt man bei der Individualisierung ziemlich schnell auf 10.000 Euro und mehr für zusätzliche Ausstattungsdetails – auch wenn man die intelligent zusammengestellten Extra-Pakete mit Preisvorteilen nutzt. Das ist happig. Wer sich darauf einlässt, bekommt für beide Kontrahenten wirklich alles, was das Herz begehrt. Deshalb wollen wir an dieser Stelle auf eine Aufzählung möglicher Extras verzichten und zum Kern unseres Vergleichs zurückkehren. Q3 oder A3 Sportback?
Fahrdynamisch hat der A3 Sportback konzeptbedingt klar die Nase vorn – er ist leichter, kleiner und agiler. In Sachen Platz und Variabilität kann er dagegen an den Q3 nicht heranreichen. Der ist bequemer – nicht nur beim Einstieg, sondern auch auf der Langstrecke
Abgesehen von persönlichen Design-Vorlieben oder Trends lässt sich resümieren: Wer öfters erhöhten Platzbedarf insbesondere im Gepäckabteil hat, gelegentlich mit Vollbesetzung fährt und sich über ausgezeichneten Abroll- und Geräuschkomfort freut, ist mit dem Q3 bestens bedient. Er ist eindeutig das bequemere Auto und mit seinen Talenten auch bestens für Langstrecken und Urlaubsreisen geeignet. Sportlich veranlagte Fahrernaturen werden dagegen mit dem sparsameren, fahraktiveren A3 Sportback glücklich werden. Er bietet bessere Fahrleistungen und mehr Kurvendynamik, ist insgesamt agiler. Dafür hat er weniger Platz im Kofferraum, da er kürzer ist. Die Entscheidung zwischen SUV oder Kompaktwagen können wir Ihnen, liebe Leser, letztlich nicht abnehmen. Vielleicht hilft Ihnen ja ein Monolog vor dem Spiegel weiter. Dafür brauchen Sie nicht mal einen Totenschädel. Denn der findet eigentlich in einer anderen Szene aus „Hamlet“ Verwendung.
Test kompakt
Zwei Premium-Konzepte, ein Motor. Audi Q3 und A3 Sportback bedienen unterschiedliche Ansprüche. Während der Q3 als komfortabel ausgelegtes, zeitgeistiges SUV mehr Platz und Flexibilität anbietet, kann der sparsamere A3 Sportback als Vertreter der klassischen Kompaktklasse mit besseren Fahrleistungen und mehr Agilität überzeugen. Beide sind mit dem laufruhigen und kräftigen 40 TFSI-Benziner bestens motorisiert. Die butterweich agierende 7-Gang- S-Tronic und der traktionsstarke Quattro-Allradantrieb lassen zudem keine Wünsche offen.