Arne Olerth
· 18.03.2022
Nicht umsonst ist der Skoda Octavia Combi so beliebt, bietet in seiner Klasse doch kaum einer mehr Platz. Als feuriger RS verkürzt er zudem Reisezeiten nachhaltig, spendiert so wertvolle Zeitpolster. Im Test: der TDI mit Allradantrieb
Jeder kennt ihn aus der Schulzeit – den guten Freund: jederzeit hilfsbereit, gutaussehend und daher beliebt in der ganzen Klasse. Ähnlich verhält es sich mit dem Skoda Octavia Combi, der mit seinem opulenten Raumangebot, vielen praktischen Details und attraktivem Preis genauso die Herzen der Interessenten erobert wie mit seinem dynamisch-schicken Auftreten. Nicht umsonst führt er die Hitliste der Importfahrzeuge seit Jahren an.
Der kompakte Kombi startete ein Jahr nach der Limou- sine 1998, die er heute zumindest hierzulande mit einem satten Anteil von 93 Prozent erfolgreich verdrängt hat. Schon in der ersten Baureihe lancierten die Tschechen zudem eine Spezialität nach Art des Hauses: die Sportversion Octavia Combi RS. Sie verband praktische Tugenden mit sportlichen Talenten, abgeschmeckt mit einer dynamisch- aufgewerteten Ausstattung – ein prickelnder Cocktail, der die Herzen der Käufer im Sturm eroberte.
Eilige Dreifaltigkeit
Genau 20 Jahre ist das nun her. Der Octavia Combi rollt mittlerweile in der vierten Generation zu den Kunden, der feurige RS hat daran einen Anteil von annähernd einem Viertel. Wobei das nicht gänzlich präzise ist, hat Skoda die RS-Spielart doch zu einem Dreiklang aufgefächert: mit einem drehfreudigen Zweiliter- TSI und 245 PS, einem gleich starken Plug-in-Hybrid („iV“) und einem traditionell besonders beliebten TDI-Derivat, für das sich aktuell mehr als die Hälfte der RS-Kunden entscheidet. Kein Wunder, verbindet es doch satte Dynamik mit erstaunlicher Sparsamkeit und einer gewaltigen Reichweite.
In seiner neuesten Version leistet das Aggregat satte 200 PS und wuchtet 400 Newtonmeter auf die Welle, die ein optionaler Allradantrieb mit DSG verlustfrei auf die Straße bringt. Klingt spannend? Vorhang auf für den Test.
Mit einem Basispreis von 44.350 Euro krönt der TDI 4x4 das Antriebs-Portfolio des Octavia Combi RS. 2.100 Euro günstiger ist der Fronttriebler-Diesel, der ebenfalls mit automatisiertem Schaltkomfort verwöhnt. Noch einmal 500 Euro darunter liegt der TSI, der ohne DSG bei 41.330 Euro landet. Und der iV? Erfährt durch den Umweltbonus wertvolle Schützenhilfe, die den Grundpreis von 44.060 Euro auf 36.883 Euro reduziert. Oops! Doch Obacht: Der volle Bonus wird maximal bis Ende des Jahres ausgeschüttet.
Aus fahrdynamischer Sicht – und die ist für RS-Fans nicht unerheblich – ist die Rangliste eine andere. Der iV mit Frontantrieb wiegt knapp 100 Kilo mehr als der Allrad-TDI. Während der PHEV-RS die Uhr im Standardsprint bei 7,2 Sekunden stoppt (GF 04/21), hakt der bärige TDI die Messung lässig in 6,9 Sekunden ab. Anhand der Werksangaben fällt die Differenz mit 0,5 Sekunden sogar noch größer aus. Bis 160 km/h nimmt der TDI dem iV mit 17,3 schon 1,2 Sekunden ab. Und rennt weiter bis 238 km/h Spitze, der iV schafft immer noch respektable 225 km/h. Trotz vergleichbarem Gesamtdrehmoment enteilt der TDI dem Teilzeitstromer souverän. Ambitionierte Piloten sollten wissen: Bei ständigem Abruf der E-Maschine ist der Akku irgendwann komplett leer – dann entfällt der freudvolle E-Boost, der 1.4 TSI mit 150 PS und 250 Nm muss die Aufgaben somit alleine wuppen. Und das hat dann nichts mehr mit Sportlichkeit zu tun. An den noch potenteren und leichteren 2.0 TSI freilich reicht auch der TDI nicht heran, der mit 6,7 beziehungsweise 14,7 Sekunden und 250 km/h (GF 6/21) Spitze den TDI fahrdynamisch als goldene Mitte positioniert.
Kurvenräubern oder entspanntes Reisen? Beides!
In Sachen Längsdynamik wird der Allrad-Diesel also durchaus dem RS-Anspruch gerecht, doch wie sieht es mit der Querdynamik aus? Keine Sorge: Der Selbstzünder liefert – und wie! Eine enorm präzise Progressiv- lenkung verbindet den Piloten direkt mit dem Asphaltband, sorgt für kleine Lenkwinkel. Zum Kurveneingang klinkt sich der RS in die Ideallinie ein und folgt ihrem Verlauf spielerisch. Dabei kommuniziert das griffige Sport-Volant mit dem Fahrer, morst ihm Informationen über die Fahrbahnbeschaffenheit in die Handinnenflächen. Das klasse Adaptiv-Fahrwerk DCC (Aufpreis) verhindert übermäßiges Wanken, lässt sich für die sportive Hatz ganz leicht mittels Fingerwisch straffen. Der flotte Combi baut im Kurvenverlauf enorme Seitenführungskräfte auf, die formidablen Sport-Fauteuils halten den Fahrer dabei fest umschlossen.
Am Kurven-Scheitelpunkt darf der das rechte Pedal bedenkenlos versenken – der Allradantrieb mit elektro- hydraulisch geregelter Lamellenkupplung verteilt die jetzt über die Wellen herfallenden, gewaltigen Momente gekonnt auf alle Viere, unterstützt von den elektronischen Diff-Sperren XDS und XDS+. Diese dirigieren die Kräfte durch Anbremsen der entlasteten inneren in Richtung der äußeren, haftstarken Räder. So drückt der Powerdiesel den Combi RS mit Macht aus der Kehre. Das Sportprogramm des DSG flippert die Gänge durch, hat die Herrlichkeit doch dieseltypisch schon bei etwa 4.500 Touren ein Ende. Natürlich kann der Fahrer die Wahl der Fahrstufen auch via Schaltpaddles selber dirigieren.
Nächste Kurve: Perfektes Anbremsen mit den zubeißenden Stoppern, auf den Punkt einlenken, wieder auf den Pin – wow, Fahrspaß kann der TDI, und zwar mächtig! Er bleibt aber stets auf der sicheren Seite, wird etwaiger Tempo-Überschuss doch zunächst durch Schieben über die Vorderachse, danach vom fein regelnden ESC eingefangen. Ein an der Spritzwand montierter Soundaktuator möchte das Fahrvergnügen durch lautes Knurren weiter steigern – uns ging das nach kurzer Zeit aber eher auf die Nerven. Über die Fahrprofilauswahl lässt sich der kleine Krawallmacher auch Schlafen schicken. Dann erweist sich der perfekt gedämmte Sound des TDI Evo als authentisch und ganz und gar nicht störend.
Überhaupt ist dieses Aggregat eine Wucht: Mittels Twin-Dosing streberhaft sauber gehört es zur ultramodernen Motorengeneration EA288 Evo, die mit beeindruckender Sparsamkeit glänzt: Glatte sechs Liter flossen auf der GUTE FAHRT-Verbrauchsrunde im Schnitt durch die HD-Piezo-Injektoren, was im Verbund mit dem 51,5-Liter-Tank Reichweiten von mehr als 850 Kilometern sichert. Der TSI-RS muss bereits nach 570 Kilometern einen Zwischenstopp einlegen, der iV kommt immerhin 660 Kilometer weit. Und noch etwas steht fest: Flottes Fahren treibt den Verbrauch beim Diesel am wenigsten in die Höhe (8,5 Liter), vorausschauende Fahrer senken den Schnitt gar unter fünf Liter.
Damit ist klar: Der König der Langstrecke ist der TDI.
Im Komfort-Modus verwöhnt das DCC, hält lästige Belagsverwerfungen gekonnt von den Passagieren fern. Die auffallend niedrigen Wind- und Fahrwerksgeräusche schonen genauso die Nerven der Reisenden wie das formidable Raumangebot auf allen Plätzen und im Gepäckabteil. Hier weht das Verwöhnaroma aus bedeutend höheren Fahrzeugklassen durch den Skoda.
Perfekter Alltagsbegleiter
Auch im Alltag erweist sich der RS-TDI als angenehmer Begleiter, servieren 400 Newtonmeter und der traktionssichere Allradantrieb doch satte Souveränität in allen Lebenslagen. Ungemein lässig schiebt die Wuchtbrumme an, pariert jedes Zucken am Pedal mit bärigem Punch. Das sorgt beim Fahrer für maximale Entspannung – alles kann, nichts muss. Überholvorgänge werden souverän abgehakt, beschleunigen kaum den Puls.
Das freilich erledigt der RS mit seinem tollen Look und der alltagsschmeichelnden Ausrichtung höchst selbst – ganz wie der gute Freund aus der Schulzeit.
Test kompakt:
Im Dreiklang des RS-Aggregate- portfolios schnappt sich der TDI den Titel des Allrounders. Dynamischer auf dem Parcours als der iV begeistert er mit niedrigem Verbrauch und überlegener Reichweite. Er bietet die perfekte Symbiose aus sportlichem Anspruch und Langstrecken- Qualität – erst recht mit optionalem Allradantrieb. Wer es schärfer mag greife zum TSI, wer bei der Anschaffung sparen will, zum PHEV.