Joachim Fischer
· 09.02.2023
Der überarbeitete Skoda Kodiaq RS kommt nun mit einem 245 PS starken Zweiliter-Benziner statt dem bulligen TDI des Vorgänger-Modells. Der GUTE FAHRT-Test klärt, ob er dadurch besser geworden ist oder nur dem Zeitgeist folgt
Diesel sind out. Landauf, landab werden sie verteufelt – egal, ob es sich um alte, rauchende Stinker oder neue, supersauber abgasgereinigte Selbstzünder modernster Bauart handelt. Diesel sind umweltschädlich, basta! So pauschal betrachtet stimmt das natürlich nicht, zumindest wenn es sich um letztere Versionen handelt. Denn Diesel besitzen einen großen Vorteil gegenüber Benzinern: Sie verbrauchen bei vergleichbarer Leistung weniger Kraftstoff und stoßen damit auch weniger CO2aus. Wegen ihres Minderverbrauchs – und ihrem wesentlich höheren Drehmoment – waren sie bis vor Kurzem auch besonders oft unter den Motorhauben dicker SUV und in Kombis von Langstreckenfahrern anzutreffen. Das ändert sich gerade. Eigentlich schade.
Diesem Trend folgte jetzt auch Skoda bei der Runderneuerung des Skoda Kodiaq. Das besonders sportliche Topmodell der Baureihe, der RS, war bislang mit einem bullenstarken Biturbo-TDI bestückt. Jetzt haben die Tschechen ihn durch den im VW-Konzern allseits bewährten und beliebten Zweiliter-TSI-Turbobenziner ersetzt. Dieser direkteinspritzende Vierzylinder-16V mit modernster Technik wie Nockenwellen- und Ventilhubverstellung leistet 245 PS bei 5.250 bis 6.200 Kurbelwellenrotationen pro Minute sowie 370 Nm maximales Drehmoment zwischen 1.600 und 4.200/min. Ein Otto-Partikelfiter plus Kat reinigt seine Abgase nach der aktuellen Norm Euro 6D-ISC-FCM. Hier zeigt sich bereits deutlich der systembedingte Unterschied zum Vorgänger-RS. Der Biturbo-TDI leistete 240 PS bei 4.000/min und maximal 500 Nm bei 1.750 bis 2.500/min. Während die fünf PS Minder-leistung gegenüber dem Benziner fast zu vernachlässigen sind, stehen 130 Nm mehr Drehmoment auf der Habenseite des Selbstzünders. Die Serien-Features 7-Gang-DSG und 4x4-Allradantrieb nach Haldex-Prinzip sind erhalten geblieben – freilich neu abgestimmt. Wie wirkt sich das im Alltags-Betrieb aus?
Deutlich bessere Fahrleistungen
Fühlen wir dem Neuen doch zunächst auf den Kolbenboden. Auf geht’s zur GF-Messstrecke. ESP soweit möglich abschalten, Sportprogramm in den Serien-Fahrprofilen aktivieren, Launch-Control on: Linken Fuß auf die Bremse, rechten aufs Gas. Bei 4.000/min pendelt sich die Startdrehzahl ein, der elektronisch verstärkte Sportsound der Maschine verschafft sich Gehör. Links loslassen, rechts Vollgas: Der Kodiaq katapultiert sich aus den imaginären Startblöcken, seine optionalen 255er-Sportreifen auf Serien-20-Zöllern krallen sich in den Asphalt, der elektronisch geregelte Allradantrieb lässt nur gewollten Schlupf zu.
Es geht mächtig voran, das Doppelkupplungsgetriebe schießt blitzartig bei etwa 6.700/min die nächste Gangstufe ab. Nach 6,4 Sekunden registriert die Messanlage 100 km/h, nach 15,8 Sekunden sind es bereits 160 km/h – und es geht munter weiter... Die Vmax ist bei 234 km/h erreicht. Wow, das ist eine Ansage! Der drehfreudige Benziner-RS pulverisiert die Werte seines TDI-Vorgängers (7,0s; 18,1s; 221 km/h). Ähnliches beim Zwischensprint von 80 auf 120 km/h: Hier stehen 4,3 Sekunden deren 4,8 zu Gunsten des Benziners gegenüber. Wie, zum Kuckuck, macht der TSI das? Zur Erklärung tragen hier verschiedene Faktoren bei. Zum einen sind einige Gänge des Getriebes beim TSI – speziell die 2. Stufe – kürzer ausgelegt. Hinzu kommt, dass der Benziner durch sein erheblich breiteres, nutzbares Drehzahlband bis 6.500/min (TDI bis 4.000/min) weniger Schaltvorgänge beim Sprint verlangt.
Ebenfalls nicht zu vernachlässigen: Der Neue bringt Dank der leichteren Antriebseinheit rund 65 Kilogramm weniger auf die Waage als sein Vorgänger. Das summiert sich. Das spürt man auch im täglichen Fahrbetrieb. Der Kodiaq RS mit TSI ist deutlich sportlicher unterwegs, wenn man es in den obligatorischen Fahrprofilen abfordert. Mit den 255/40er-Sportreifen, dem fein abgestimmten, ab Werk montierten adaptiven DCC-Fahrwerk, der zielgenauen, serienmäßigen Progressivlenkung, XDS Plus und dem elektronisch geregelten 4x4-Allradantrieb wieselt das große SUV spürbar agiler durch Kurvenkombinationen, hat die latente Frontlastigkeit durch den schwereren Diesel-Antrieb abgelegt. Neutral zieht er bis an den Grenzbereich seine Bahn, bietet Traktion in Hülle und Fülle. Dazu singt die neue Auspuffanlage dank Soundgenerator ihr Lied so herrlich heiser-röchelnd wie ein Südkurven-Ultra nach 120 Minuten Fußball-Schlacht.
Fahrdynamisch kann der 245 PS starke Benzinmotor dem Diesel-Vorgänger im Kodiaq RS klar die Rücklichter zeigen – nur der Verbrauch ist spürbar höher
Sicher, ein großes SUV wird niemals wie ein Sportwagen um die Ecken gehen, doch das DCC gleicht den hohen Schwerpunkt durch effektives Eindämmen von Nick- und Wankbewegungen der Karosserie gekonnt aus. Das 7-Gang-DSG unterstützt sportliche Ambitionen im entsprechenden Modus durch verlängertes Halten und früheres Zurückschalten der Gänge. Bei ausgiebigen Sprints kratzt die virtuelle Drehzahlmesser-Nadel fast an der 7.000er-Marke. Dabei wird klar: Was der BiTurbo-TDI mit der reinen Wucht seines Drehmoments erledigte, dafür braucht der Turbo-Benziner Drehzahl. Sicher, die 370 Nm ab 1.600/min des TSI sind nicht aus Schaumstoff, doch sie vermitteln nicht die entspannte Souveränität, die der TDI ausstrahlte. Deutlich wird das insbesondere, wenn man in den Komfort-Fahrmodus wechselt. Jetzt schaltet das 7-Gang-DSG zur Effizienz-Verbesserung wesentlich früher in hohe Gänge, der Kodiaq RS geht druckvoll, aber nicht stürmisch voran. Will man mehr, muss man das durch einen energischen Tritt aufs Gaspedal kund tun, damit das DSG schneller herunterschaltet.
Die ausgezeichneten Sportsitze vermitteln besten Seitenhalt und Langstreckenkomfort, die Bedienung gibt dank restlicher Schalter und Drehregler sowie übersichtlichem MF-Lenkrad keine Rätsel auf
Der RS kann auch komfortabel
Das DCC kaschiert die riesigen 20-Zöller nun durch größere Nachgiebigkeit, sorgt für komfortableres Abrollen. Schnelles, bequemes Reisen auf der Langstrecke, das ist eigentlich die Paradedisziplin für ein großes SUV. Der Kodiaq beherrscht sie. Leise, vibrationsfrei und spurtreu bringt er seine Passagiere ans Ziel – auch gerne bei Reisegeschwindigkeiten von 160 km/h. Kann man die über längere Zeit halten, begnügt sich der Kodiaq RS TSI mit gut neun Litern pro 100 Kilometer. Wer die Leistung ausreizt, muss mit Verbräuchen um die 13 Liter rechnen. Im Testschnitt genehmigte sich unser Kodiaq RS bei flotter Fahrweise 10,1 Liter Superbenzin pro 100 Kilometer. Im Test des RS-Vorgängermodells waren es 8,3 Liter Diesel. Der Benziner braucht knapp zwei Liter pro 100 km mehr – wie vorhergesagt! Lohnt sich das? Für sportliche Fahrer sicher, denn der Kodiaq RS mit TSI ist fraglos dynamischer. Für Langstrecken-Reisende eher nicht, denn sie dürften die nun zusätzliche Sportlichkeit kaum vermissen, dafür aber die Drehmoment-Souveränität des Diesels. Einerlei, es gibt schließlich keine Wahl – außer man entscheidet sich für den „kleineren“, auf 200 PS und 400 Nm erstarkten TDI mit Twin-Dosing-Abgasreinigung – vielleicht in Sportline-Ausstattung, die dem RS-Paket nahe kommt.
Ansonsten profitiert das RS-Modell vom äußerst gelungenen Facelift für den Skoda Kodiaq. Die Front des Top-SUV aus Tschechien hat durch den hexagonal und flacher ausgeführten sowie nun senkrechter stehenden Grill stark an Präsenz gewonnen. Der Kodiaq RS verfügt zudem über eine eigenständige Frontschürze. Grill, Außenspiegel und Dachreling glänzen in sportlichem Hochglanz-Schwarz. Dazu passen die deutlich flacher gezeichneten, beim RS serienmäßigen LED-Matrix-Scheinwerfer mit vielfältigen Lichtfunktionen. In der Silhouette fallen die schwarz lackierten Fensterrahmen, die mächtigen 20-Zoll-Alus mit neuen Aero-Blenden sowie der weiter überstehende, optisch streckende Dachspoiler auf – inklusive seitlicher Winglets in Schwarz lackiert.
Die elektrische Heckklappe mit Fußkick-Steuerung kommt optional einzeln oder mit dem Business-Paket Columbus
Viel sportliches Schwarz
Am Heck finden sich ebenfalls neu designte LED-Heckleuchten nebst dynamischen Blinkern, das Skoda RS-typische, durchgehende Reflektorband und zwei mächtige Auspuffblenden. Der Innenraum des Top-Kodiaq präsentiert sich fast voll ausgestattet: Elektrische, beheizbare Sportsitze mit integrierten Kopfstützen und Memoryfunktion, Ambientebeleuchtung, Digital-Cockpit Plus, 2-Zonen-Klimaanlage, die famose verschiebbare Rückbank mit fernentriegelbaren Lehnen, Mittelarmlehne, allenthalben schicke Ziernähte, ein griffiges MF-Lenkrad mit praktischen Bedienwalzen, ZV mit Easy Start, vollelektrische Spiegel, Privacy-Verglasung hinten – alles Serie.
Ebenso das Infotainment-System Bolero – nun auf Basis des MIB3 – mit großem Touchscreen, DAB+, 2xUSB-C, Komfort Freisprecheinrichtung mit Qi-Phonebox, Apple CarPlay & Android Auto (kabellos & -gebunden) sowie Sprachsteuerung. Als elektronische Helfer sind Lane-, Offroad- und Notbrems-Assistent mit Frontradar und Fußgängererkennung, GRA sowie Parkpiepser vorne wie hinten an Bord. Ein insgesamt beeindruckendes Paket! Quasi gratis dazu gibt es natürlich alle Vorzüge, die der Skoda Kodiaq schon ab dem ersten Tag bietet: unverschämt viel Platz für fünf Passagiere und Gepäck, eine hohe Variabilität, eine Bedienung, die keine Rätsel aufgibt, sowie eine hochwertige Verarbeitung. 52.480 Euro verlangt Skoda für den Kodiaq RS mit dem neuen Zweiliter-Benziner mindestens. Blickt man auf das Gesamtpaket, ist das fast ein Schnäppchen – gerade für passionierte Sportfahrer. Denn die werden mit dem neuen Zweiliter-Turbo-Benziner ganz sicher glücklich werden.
Motor
Reihen-Vierzylinder-Ottomotor mit Abgasturboaufladung und Ladeluftkühlung, vorn quer eingebaut, 16V, zwei obenliegende Nockenwellen (DOHC) mit Steuerkettenantrieb, Nockenwellenverstellung, variable Ventilsteuerung, Benzindirekteinspritzung, vollelektronisches Motormanagement mit E-Gas, Dreiwegekatalysator mit OPF, Start-Stopp-System, Abgasnorm Euro 6D-ISC-FCM
Leistung
McPherson-Federbeine mit unteren Dreiecksquerlenkern vorn, Vierlenker-Hinterachse, Stabilisator vorn/ hinten, elektromechanische Servolenkung, Scheibenbremsen vorn innenbelüftet/Scheiben hinten, ESC mit XDS+ und hydr. Bremsassistent, Multikollisionsbremse, City-Notbremse mit Fußgängererkennung
Reifen (Serie RS): 235/45 R 20 auf 8 x20 Zoll Alus „Sagitarius“ anthrazit glanzgedreht
Testwagen: 255/40 R 20 auf 8 x20 Zoll Alus „Ignite“ anthrazit glanzgedreht
Effizienz-Klasse / Kfz-Steuer = C/ 316
Typklasse Haftpflicht/TK/VK = 13/24/22
5-türiges SUV, Stahl partiell verzinkt, 5 Sitze (optional 7), LxBxH 4.699x1.882x1.687 mm, Radstand 2.789 mm, Spur v/h 1.585/1.575 mm, cW-Wert 0,33, Leergewicht (inkl. Fahrer, 75 kg) 1.833 kg, zul. Gesamtgewicht 2.357 kg, Zuladung mit Fahrer 599 kg, Dachlast/Stützlast 75/100 kg, Kofferraum 835 bis 2.065 l, Ladekante 765 mm, Anhängelast (bis 12 %, gebr.) 2.300 kg, Tank 61 l
Serie:
Optional (Auswahl):
Test kompakt
Der Skoda Kodiaq RS ist mit dem Facelift und dem damit verbundenen Wechsel von Diesel- auf Benzinantrieb sportlicher geworden. Mit dem 245 PS und 370 Nm starken 2.0 TSI bietet der RS deutlich bessere Fahrleistungen, ein geringeres Gewicht und dadurch ein verbessertes Handling. Dem steht allerdings ein höherer Verbrauch gegenüber. Sportfahrer werden mit ihm sicher glücklich, Langstreckenfahrer sollten als Alternative den 200-PS-TDI im Kodiaq Sportline in Betracht ziehen.