Joshua Hildebrand
· 13.07.2022
Kein Zweifel, für Skoda gehört er zu den wichtigsten, weil absatzstärksten Modellen: der Karoq. Wir haben uns mit dem neuen Facelift auf himmlische Sightseeing-Tour in Portugal begeben und zeigen, was neu ist
Bem vindo a Viana do Castelo! So begrüßt uns das kleine schnuckelige Städtchen im Norden Portugals. Nicht etwa, weil wir uns eine Auszeit gegönnt haben, sondern weil wir hier den neuen Skoda Karoq, besser gesagt dessen Facelift, fahren werden. Dieser ist wohl kaum zu übersehen und grüßt uns als Sportline in der Gute-Laune-Farbe „Phoenix-Orange Premium Metallic“ (620 Euro) – die erste Neuerung des Topsellers (neben Graphite-Grau). Ein Lack im Namen des mythologischen Vogels, der sinnbildlich für Wiedergeburt steht – wie treffend. Eine bessere Bezeichnung hätten wir uns auch nicht ausdenken können. Vor allem nicht an diesem heiligen Ort: vor der Santuário de Santa Luzia, einer wunderschönen Wallfahrtskirche, die auf einem Hügel oberhalb der Altstadt errichtet wurde. Das Ganze hat jetzt also ein bisschen was von Auto-Gottesdienst … Amen.
Der Panoramablick über den Atlantischen Ozean hier oben ist jedenfalls einfach nur atemberaubend und macht Lust auf Abenteuer. Genauso wie das tschechische Kompakt-SUV, das dem überirdischen Entdeckergeist Rechnung trägt. Erlauben Sie uns an diesem Ort einen kleinen Rundgang: Im Grunde genommen muss man schon mehrmals hinschauen, um große Veränderungen festzustellen. So bleiben seine Abmessungen nahezu gleich (LxBxH: 4,39 x 1,84 x 1,61 Meter). Was allerdings auffällt: Der typische Skoda-Grill ist nun breiter, zudem hexagonal ausgeführt. Des Weiteren hat der Tscheche eine neue Frontschürze mit überarbeiteten Scheinwerfer-Einheiten bekommen, die erstmals mit Matrix-LED-Technologie erhältlich sind.
Kleine Optik-Retuschen, große Wirkung
Ja, der Karoq wirkt athletischer. Diesen Eindruck vollendet auch das Heck samt längerem Heckspoiler und schmaler gezeichneten Heckleuchten, die nun über dynamische Blinker sowie eine Welcome- Animation verfügen (ab Ausstattung Ambition).
Doch die Modellpflege bringt nicht nur einen neuen Look, sondern auch eine verbesserte Aerodynamik mit sich: Zahlreiche Optimierungen wie eine Kühler-Jalousie im Motorraum, L-förmige Air Curtains an der Front, seitliche Finlets am Heckspoiler und neue Aero-Felgen von 17 bis 19 Zoll senken den cW-Wert auf 0,30 – dies sei laut Skoda eine Verbesserung um fast zehn Prozent. Auch, weil Allrad-Modelle wie unser Testwagen erstmals Unterbodenverkleidungen für weniger Luftverwirbelungen erhalten. Ab in den Innenraum. Für den aufgefrischten Karoq ist im Interieur eine größere Auswahl an Sitzbezügen erhältlich. Der von uns bewegte Sportline zeigt sich
in klassischem Schwarz, die einteiligen Stoff-Sportsitze taugen gut für die Langstrecke. Und weil auch im Automobilbau nichts mehr am Thema Nachhaltigkeit vorbeiführt, bietet Skoda nun ein neues Eco-Paket mit veganen Materialien und höherem Rezyklat-Anteil an; etwa bei den Sitzbezügen, welche unter anderem aus alten PET-Flaschen besteht. Für noch mehr Komfort besitzt der Karoq künftig auf Wunsch ab der Ausstattung Style auch einen elektrisch verstellbaren Beifahrersitz mit Memory-Funktion und eine 3-Zonen-
Klimaanlage sowie LED-Ambientebeleuchtung für die hinteren Türverkleidungen.
Die Bedienung ist in gewohnter Weise eingängig, zudem gefällt uns der Verbleib vieler haptischer Tasten – am Lenkrad, bei der Klimabedienung und auf der Mittelkonsole. Und da Praktikabilität bei einem Alltags-SUV sehr wichtig ist, erfreuen wir uns auch weiterhin an der Option der dreifach teilbaren Varioflex-Sitzbank im Fond (40:20:40), die sich im Übrigen auch komplett ausbauen lässt. In diesem Fall wächst das maximale Ladevolumen von 588 bis 1.605 Liter auf sensationelle 1.810 Liter – zum Vergleich: mit Standardsitzen sind es 521 bis 1.630 Liter (bei umgeklappten Rücklehnen). Wie bei Skoda üblich, ist das Platz- angebot himmlisch, auch im Fond.
Laura ist immer mit dabei
Fast wichtiger – insbesondere in der heutigen Zeit – ist aber die Konnektivität. Und auch da trägt die Produktaufwertung Früchte: Skoda spendiert künftig allen Ausstattungsvarianten serienmäßig ein digitales Kombi-
instrument. Die günstigeren Modelle verfügen über ein 8-Zoll-Display, obere Ausstattungslinien bekommen in Serie einen 10,25-Zoll-Bildschirm. Darüber hinaus stehen neben dem Basisradio Swing drei Infotainment- Systeme auf Basis des MIB3-Baukastens von VW zur Wahl. Das größte namens Columbus misst 9,2 Zoll, lässt sich mit Gesten steuern und unterstützt Over-the-Air-Updates. Stichwort „online“: Über eine integrierte eSIM ist das SUV immer connected – für Online-Dienste von Skoda, Infotainment-Apps oder die Sprachbedienung namens Laura. Sie versteht mit Online-Unterstützung 15 Sprachen. Natürlich lassen sich auch Smartphones kabellos einbinden und über die optionale Phonebox induktiv laden. Darüber hinaus ist auch ein Fernzugriff aufs Auto über die „My-Skoda“-App möglich.
Wussten Sie schon: Rund um Viana de Castelo lässt es sich wunderbar biken, zudem ist die Region Porto bekannt für seine langen, wunderschönen Küstenabschnitte mit perfekten Wellen für Surfer aus aller Welt – steht so zumindest in unserem Reiseführer. Absolut passendes Terrain für ein Allrad-SUV, dass sich geradezu anbietet, Sportequipment zu transportieren. Worauf warten wir also noch? Los geht’s in Richtung Meer …
Und zwar mit dem modernen und dank Twindosing auch sehr sauberen 2.0-TDI-EVO-Aggregat samt 150 PS und 360 Nm Drehmoment. Wir schlängeln uns den Berg abwärts, entspannt und vorausschauend wuppt das optionale 7-Gang-DSG (eine 6-Gang-Handschaltung gibt’s in Serie) die Gänge hinein, während sich der Allradantrieb nach Bedarf blitzschnell hinzuschaltet – besonders gut auf losen Untergründen. Richtig gelesen, der Karoq 4x4 ist im Normalfall frontgetrieben unterwegs, was in Summe gesehen effizienter ist. Hiervon bekommt der Fahrer jedoch kaum etwas mit, weil die Kraftverteilung eine neue Generation der elektronisch geregelten Lamellenkupplung übernimmt. Sie ist 0,8 Kilo leichter als die Vorgängerversion und schaltet den Vierrad-Antrieb binnen Sekundenbruchteilen zu oder wieder ab.
Wie bei der jüngsten Modell-Überarbeitung vom VW T-Roc wird es auch den Karoq nicht als elektrifizierte Variante geben. Dafür gibt es neben der sehr beliebten von uns gefahrenen Antriebskombination natürlich noch weitere Motorisierungen. Insgesamt stehen drei Benziner und zwei Diesel mit Leistungsspannen von 110 bis 190 PS zur Wahl, welche allesamt die Abgasnorm Euro 6 AP erfüllen.
Laut Skoda werden die meisten Kunden zum 1.5 TSI mit Frontantrieb greifen. Doch selbst wenn der Diesel angesichts der aktuellen Kraftstoffkosten an Bedeutung verloren haben mag bleibt er die erste Wahl für Langstreckenfahrer und jene mit Zugkraft-Ambitionen – weil man mit ihm tendenziell am weitesten kommt und das Drehmoment der Topversion mit 360 Newtonmetern (1.600 – 2.750 U/min) recht üppig ausfällt. Unter leichtem Diesel-Knurren verwöhnt der zweitstärkste Karoq mit günstigem Vortrieb, die Traktion ist dank Allrad in allen Lebenslagen echt gut. Aus dem Stand beschleunigt er in 8,7 Sekunden auf Tempo 100, die Spitzengeschwindigkeit beträgt 204 km/h. Und selbst da ist die Geräuschkulisse Oberklasse-verdächtig. Ein leichtes Säuseln des Fahrtwindes, mehr hört man nicht – top! PS: Wer es noch schneller mag, greift zum 190-PS-TSI mit Allrad. Und praktisch bleibt der Karoq auch: Wählt man die optionale Anhängervorrichtung (890 Euro) lassen sich in unserem Fall bis zu 2,1 Tonnen an den Haken nehmen, während der optionale Anhängerrangierassistent (erst später verfügbar) uns dabei unterstützt. Sowieso zeigt sich das modernisierte SUV von seiner hilfreichen Seite: Das Assistenzsystem Traveller kann autonom nach Level 2 chauffieren und fasst sieben Assistenzsysteme zusammen: unter anderem den Abstands- und Spurhalteassistent sowie die verbesserte Verkehrszeichnerkennung.
Wie auf Wolke 7: Der Karoq verwöhnt mit viel Komfort
Bis zu neun Airbags sowie der proaktive Insassenschutz (optional) schützen im Notfall, das vermittelt ein gutes Gefühl. Zugegeben: Es fällt schwer, sich bei diesem Panorama gänzlich auf den Karoq zu konzentrieren. Doch anders gesagt: Würde uns etwas Negatives auffallen oder besonders stören, würden wir es merken. Tatsächlich hat Skoda an den richtigen Stellen nachgebessert, so dass der typische Fahrstil nahezu unverändert bleibt. Obwohl unser Modell die Sportline-Plakette trägt, fährt er sich eher gelassen. Seine sportlichen Ambitionen beschränken sich größtenteils auf die Optik. Die Lenkung ist im Standard-Trimm leichtgängig und das Fahrwerk beweist vor allem mit 18-Zöllern fantastische Nehmerqualitäten. Wer es knackiger möchte, nimmt eine Felgen-Nummer größer und ordert am besten gleich noch die Optionen der adaptiven Fahrwerksregelung DCC hinzu. Der Unterschied fällt groß aus, da der Karoq dann noch weniger wankt, eigenständig die Fahrsituationen bewertet und unmittelbar die Dämpfung anpasst. Das macht das Fahren noch austarierter. Zudem steht neben den Grundeinstellungen (u.a. Comfort, Normal, Sport) auch der Modus Individual zur Verfügung, mit welchem noch feinere Abstimmungen möglich sind. Dazu kommt die aufpreispflichtige Progressivlenkung, die das Fahrerlebnis intensiviert. Sie bietet dank variabler Lenkübersetzung auf der einen Seite mehr Rückmeldung bei höheren Geschwindigkeiten, verringert aber auf der anderen den Lenkaufwand bei niedrigen Tempi – etwa beim Rangieren.
Bevor wir uns nun aber zum Feierabend einen Cocktail am Strand genehmigen, werfen wir der Vollständigkeit halber noch einen schnellen Blick in den Konfigurator … Aha: Mindestens 25.290 Euro rufen die Tschechen für den Basis-Karoq samt Dreizylinder in der Ausstattungslinie „Active“ auf, den Sportline gibt’s ab 35.560 Euro. Und damit sagen wir „Adeus“: auf Wiedersehen!