Skoda Enyaq iV 80xMit der Kraft der zwei E-Herzen

Martin Santoro

 · 26.08.2022

Skoda Enyaq iV 80x: Mit der Kraft der zwei E-HerzenFoto: Jan Bürgermeister

Große Batterie und zweite E-Maschine: der Skoda Enyaq iV 80x mit 265 PS samt Allradantrieb im Praxistest. Was kann das bis dato stärkste E-SUV aus Tschechien?

Bild NaN
Foto: Jan Bürgermeister

Mit dem Enyaq iV hat Skoda im Jahr 2020 einen der damals schönsten Stromer im Volkswagen-Konzern auf die Räder gestellt. Ganz der Tradition der Tschechen folgend, ist der Crossover mit 4,65 Metern Länge ein wahres Raumwunder. Feudale Platzverhältnisse wie in einer Luxuslimousine auf allen Plätzen und ein Kofferraum mit 585 bis 1.710 Litern Stauraum lassen vermuten, dass dieses Elektroauto definitiv für die Langstrecke ausgelegt ist. Noch dazu, wenn man die Sportline-Version des Enyaq iV 80x in den Fokus nimmt. Das Ausstattungsprogramm hat der tschechische Hersteller mit dem Modelljahr 2023 allerdings komplett neu sortiert. Das soll nicht heißen, unser feuriger Sportline-Testwagen in Velvet-Rot Premium Metallic aus dem Modelljahr 2022 wäre in dieser Zusammenstellung nicht mehr zu haben. Aber anstatt beim Skoda- Konfigurator nach definierten Ausstattungslinien zu suchen, finden sich die Sportline-typischen Features nun in Paketen gelistet. Vom Grundmodell des Enyaq iV 80x ab 49.050 Euro bis zu annähernder Vollausstattung schnürt Skoda bei den Sonderausstattungen sieben Pakete zu Preisen zwischen 3.100 Euro und 11.000 Euro. Letzteres, mit „Maxx Sportline“ bezeichnet, entspricht mit 50 Paketinhalten in etwa der Sportline-Version unseres Testwagens. Wir gehen später auf diese Umfänge näher ein, widmen uns stattdessen zuvor den technischen Highlights von Skodas erstem E-SUV mit der Traktionssicherheit eines Allradantriebs.

Zwei E-Maschinen für perfekte Traktion

Liefern Elektroautos durch ihren flüsterleisen Motor schon von Haus aus besten Antriebskomfort, so scheint der 80x diese Tugend weiter verfeinern zu wollen. Bereits nach den ersten Metern im fast 2,2 Tonnen schweren Tschechen entspannen sich selbst gestresste Gemüter vollkommen. Ein wenig fühlt man sich an die Gelassenheit großräumiger Luxus-SUV erinnert – nur eben in gänzlich lautloser Kulisse.

Allradantrieb heißt beim Enyaq iV 80x, dass zusätzlich zur Hauptantriebsmaschine an der Hinterachse ein zweiter Elektromotor an der Vorderachse zum Einsatz kommt. Auf einen mechanischen Durchtrieb via Kardanwelle kann also verzichtet werden. Die Hauptarbeit verrichtet der vom Enyaq iV 80 bekannte, 204 PS starke Motor an der Hinterhand. Hier werden 310 Nm auf die Achse gedrückt. Während am Heck ein Synchronmotor arbeitet, unterstützt vorne bei Bedarf ein 109 PS starker Asynchronmotor und weiteren 162 Newtonmetern den Vortrieb. Rein rechnerisch würden demnach 313 PS und 472 Nm bereitstehen. Doch Skoda lässt nach oben hin etwas Luft für eine beim Enyaq iV-SUV noch ausstehende, noch performantere RS-Version. Diese feiert derzeit im Lifestyle-Bruder Enyaq iV-Coupé ihren Einstand.

Im Steilheck-Enyaq 80x gibt es stattdessen eine zusätzliche Leistung von 61 PS, so dass dessen Systemleistung im Peak bei 265 PS und kraftvollen 425 Nm mündet. Die Zusatzpower von der vorderen E-Maschine wird aber nur dann aktiviert, wenn die Hinterräder um Traktion ringen oder die volle Leistung abgerufen wird. Bei Vollgas aus dem Stand stürmt der Bolide mit voller Allradtraktion vehement vorwärts.

Allrad-Effizienz

Der 80x passiert bereits nach 6,8 Sekunden die 100-km/h-Marke, der Enyaq iV 80 mit Heckantrieb ist um 1,6 Sekunden langsamer. Einen ähnlich großen Zeitabstand verzeichnet auch das theoretische Überholmanöver von 80 auf 120 km/h mit 4,4 Sekunden. Die nötige Energie dafür liefert mit der 82-kWh-Batterie (netto 77 kWh) selbstverständlich der größte Akku aus dem Konzernregal, der es unter idealen Bedingungen und bei guter Führung auf eine maximale Reichweite von knapp 500 Kilometern nach WLTP bringen soll. Wobei dann all die spaßigen Dinge, wie Ampelspurts und Überhol-Attacken ebenso tabu sind wie das Austesten der auf 160 km/h elektronisch limitierten Höchstgeschwindigkeit. Damit die aktivierte Energie nicht sinnlos verpufft, kann der Fahrer über die serienmäßigen Wippen am Lenkrad die Rückgewinnung (Rekuperation) in drei Stufen variieren, weshalb die praxisbezogene Reichweite je nach Fahrweise und Witterung variiert. Im Test schwankte die Reichweite nach Bordcomputer bei voller Ladung zwischen 318 und 380 Kilometern. Der Testverbrauch pendelte sich im Schnitt bei 20,8 kWh pro 100 gefahrener Kilometer ein. Wer sparsam und ohne schnelle Autobahnabschnitte unterwegs ist, kommt mit gut 17 kWh aus und wird mindestens 450 Kilometer mit einer vollen Batterieladung schaffen. Beim Wiederauffüllen am CCS-Schnelllader punktet der Enyaq übrigens mit einer Ladeleistung von 125 kW, sofern die DC-Ladesäule das hergibt. Den Akku von fünf auf 80 Prozent zu füllen, dauert dann nur knapp über eine halbe Stunde. Übrigens: Das Allrad-SUV darf 1.200 statt der üblichen 1.000 Kilogramm an den Haken nehmen.

Der Skoda bietet einen klasse Federungskomfort. Gefühlvoll gleitet der Enyaq iV über die meisten Unebenheiten hinweg. Die adaptiven Dämpfer erfordern zwar einen Aufpreis – ihre Souveränität ist aber jeden Cent wert. Und natürlich liefert der 80x auch jede Menge Fahrspaß, wenn der serienmäßige Fahrmodusschalter auf „Sport“ gestellt wird. Lenkung, Dämpfung und Antrieb werden dann konsequent geschärft, das Dickschiff verwandelt sich durch den bauartbedingt tiefen Schwerpunkt zum Kurvenjäger. Der 80x liegt dann wie das sprichwörtliche Brett auf der Straße.

Das zum Plus-Sportline-Paket gleich mit gebuchte Sportfahrwerk senkt die Karosserie um 15 Millimeter vorn und 10 Millimeter hinten ab. Das zähmt in schnellen Kurven Wanken wirkungsvoll, die ebenfalls zum erwähnten Paket zählende Progressivlenkung sorgt für sicheres und sportliches Handling. Selbst harte Lastwechsel in engen Kurvenkombinationen meistert der Skoda unbeeindruckt, serviert sogar ein tolles Maß an Restkomfort. Vorausgesetzt, der Asphalt ist nicht brüchig. Denn dann rollt der Skoda auf seinen 21 Zoll großen Optionsrädern doch spürbar ruppiger ab als im Eco-, Normal oder Comfort-Modus.

Sonderausstattung satt

Bei aller Fahrfreude wollen wir auf die anfangs erwähnten, neuen Ausstattungspakete zu sprechen kommen. Auch die Modelle 60 und 80 mit den kleineren Motoren und schwächeren Batterien können mit Sportabzeichen bestellt werden. Gestartet wird mit dem Paket „Plus Sportline“ zu 7.050 Euro. Typische Elemente sind hier der hochglänzend schwarze Rahmen des Kühlergrills, in Wagenfarbe lackierte Seitenschweller, Heck- und Frontschürze inklusive größerem zentralen Lufteinlass mit wabenförmigem Gitter und Spoilerlippe. Schwarze Akzente finden sich außerdem an den Spiegel- kappen, Fensterrahmen, der Dachreling und am Diffusor.

Zum Standard im Innenraum gehören unter anderem Sportsitze mit integrierten Kopfstützen sowie ein beheizbares, abgeflachtes Multi-Lenkrad. Die Armaturentafel ist mit schwarzem Kunstleder bezogen, der Dachhimmel ebenfalls in Schwarz gehalten. Dekorleisten und Türverkleidungen tragen Carbonoptik. Dazu fährt das Paket LED-Matrixscheinwerfer und einen Großteil des Assistenzprogramms auf – darunter den Travel-Assist, den Abstandstempomat oder den adaptiven Spurhalteassistent mit Baustellenerkennung.

Im nächsthöheren Paket „Advanced Sportline“ zu 9.200 Euro kommen das Augmented Reality Head-up-Display sowie der „Crystal Face“ zum Einsatz. Dessen vertikale Kristallglasrippen werden bei Dunkelheit von 131 LEDs illuminiert, was im Rückspiegel bei Nacht wie ein Mix aus „Weißer Hai“ und James Bonds Bösewicht „Beißer“ erscheint. Und bei Tageslicht betrachtet unterstreicht die wie aus einem Block gefräste Karosserie mit ihren schwarzen Sportline-Details den dynamischen Auftritt des Enyaq iV 80x.

2.250 Euro Aufpreis für den Allradantrieb nebst Extra- Power gegenüber dem Hecktriebler 80 sind ein wahrlich fair kalkuliertes Angebot.


Test kompakt

Mit seiner großen Batterie eignet sich der Enyaq iV 80x für die Familie ebenso wie für Geschäftsreisende. Zum Allrad für 2.250 Euro bringt er 61 PS extra mit, die dem schweren SUV gut tun. Mit dem adaptiv gedämpften Sportfahrwerk samt Tieferlegung serviert der 80x reichlich Fahrspaß. Bekannte Skoda-Tugenden wie Komfort, Platz und Gadgets kommen auch hier nicht zu kurz.