Seat Ibiza 1.5 TSI vs. Skoda Fabia 1.5 TSIDie Profis

Arne Olerth

 · 10.01.2023

Seat Ibiza 1.5 TSI vs. Skoda Fabia 1.5 TSI: Die ProfisFoto: Jan Bürgermeister

Kleinwagen vom Schlage eines Seat Ibiza oder Skoda Fabia haben die Pubertät längst hinter sich, bieten vollwertige Qualitäten. Gerade mit dem 150-PS-TSI taugen sie durchaus auch als Erstwagen. Welcher Mini aber ist besser?

Das Bild trügt: Längsdynamisch fährt der Fabia dem Ibiza davon. Doch auf kurvigem Geläuf wendet sich das Blatt. Hier läuft der feurige Spanier zur Höchstform auf, zeigt dem Skoda frech die Rücklichter. Er serviert einen Fahrspaß der Extraklasse
Foto: Jan Bürgermeister

Wieviel Auto braucht der Mensch? Bisher war die Frage relativ einfach zu beantworten: Für die meisten Anforderungen – sei es die Fahrt zur Arbeit oder der Wochenendausflug zu Tante Käthe – reicht ein Auto der Kompaktklasse völlig aus. Der gigantische Erfolg des Volkswagen Golf untermauert diese These. Mehr Auto freilich geht immer, logisch, belastet den Geldbeutel aber auch stärker. Mit besonders attraktiven Preisen freilich buhlen die Kleinwagen am anderen Ende der Skala um die Gunst des Kunden, denen in der Regel aber nur Fahrten über kürzere Distanzen zugestanden werden. Doch mittlerweile bieten gerade die Minis aus dem Volkswagen-Konzern überzeugende Erstwagen-Qualitäten – erst recht seit dem Überschreiten der Viermeter-Marke. Damit übertrumpfen sie sogar die ersten drei Generationen des Wolfsburger Bestsellers Golf. Mit erwachsenem Fahrverhalten, komfortablem Raumangebot und modernen Assistenten füllen sie die heimliche Rolle der „neuen Kompaktklasse“ aus, bringen manchen Kaufinteressenten ins Grübeln. Steckt zudem ein souveräner Antrieb unter der Haube, der gerade bei Langstreckefahrten ungemein entspannend wirkt, untermauern die Kleinsten ihren Erstwagen-Anspruch zusätzlich. Ob sie dieses hehre Ziel tatsächlich erfüllen, soll der Vergleichstest von Seat Ibiza und Skoda Fabia klären.

1.5 TSI: der Souverän für die Langstrecke

„Moment“, höre ich Sie rufen, „was ist mit dem Polo?“ Richtig, Wolfsburgs Kleiner ist die Referenz in diesem Segment. Doch baten wir gezielt die Varianten mit dem potenten 1.5-TSI-Vierzylinder (150 PS) zum Test – und der ist aktuell für den Polo nicht verfügbar. Schade, klafft so doch eine große Lücke zwischen dem universellen 110-PS-Dreizylinder und dem heißblütigen Zwoliter-TSI mit 207 PS im Polo GTI.

Volkswagen verweist Interessenten des 1.5 TSI in der Viermeter-Klasse an die hemds-ärmeligen Brüder des Polo – das City-SUV T-Cross und seinen Coupé-Bruder Taigo. Wir aber kehren zum Vergleichstest zurück und fokussieren uns auf die Import-Minis des Volkswagen-Konzerns, die letztes Jahr erneuert wurden – sei es durch ein Facelift (Ibiza) oder gleich durch eine ganz neue Modellgeneration (Fabia). Wie viel Spaß diese Klasse wirklich bietet, wird schon beim ersten Blick auf unsere beiden Probanden klar: Graue Zweckmäßigkeitstristesse gibt´s hier nicht. Der Ibiza etwa spielt als feuriger Ibero-Sportler auf. Seine dynamisch gezeichnete Front mit spitz nach innen gepfeilten LED-Scheinwerfern, schwarzen Spiegeln und Schwelleraufsätzen sowie satten 18-Zöllern, in denen rote Bremssättel aufblitzen, sorgen schon im Stand für einen beschleunigten Puls. Der eigentliche Eyecatcher aber sitzt hinten: Ein Dachkantenspoiler aus Sicht-Carbon krönt den Auftritt des Ibiza. Seat bietet den 150-PS-Topmotor nur mit DSG und exklusiv in der sportlichen FR-Toplinie (26.610 Euro) an, die hier mit dem Carbon-Pack (Spoiler, Schwelleraufsätze; 1.390 Euro) und dem Design-Paket FR (rote Bremssättel, 15-Millimeter-Tieferlegung , verstellbare Dämpfer, zweifarbige Gurte; 660 Euro) verfeinert wurden. Die glanzgedrehten 18-Zöller schlagen mit weiteren 700 Euro zu Buche.

Verblüffende Bandbreite

Die jugendlichen fetzigen Designsprache des Seat kontert der Skoda mit erwachsener Souveränität. Langweilig? Sicher nicht. Zumal der Tscheche mit seinem zweifarbigen Lackkleid in Orange-Metallic/Grau die Blicke geradezu auf sich zieht. Dazu trägt der Fabia graue Spiegelkappen und schicke 17-Zoll-Alufelgen im gleichen Farbton mit schwarzen Aero-Inserts. Die Zweifarblackierung und die 17-Zöller kosten jeweils 950 Euro Aufpreis. Der150-PS-Triebsatz, der auch hier nur in Kombination mit einem Siebengang-DSG-Automaten angeboten wird, ist ab der mittleren Ausstattungslinie Ambition für 23.640 Euro zu haben. Zum Test freilich trat der schicke Fabia in der Top-Linie Style (25.440 Euro) an. Womit wir mitten drin wären im Preiskapitel. Rein rechnerisch trennen den Ibiza FR und Fabia Style 1.170 Euro. Beim genauen Hinschauen aber schmilzt der Preisvorteil des Skodas flott. Ersetzt man nämlich seine etwas schmächtig wirkenden 15-Zoll-Serienfelgen durch 17-Zoll-Alus, die manuelle

Klimaanlage durch eine Climatronic, spendiert zudem digitale Anzeigen und LED-Rückleuchten, so wird der Fabia unterm Strich etwa 500 Euro teurer als der Ibiza, der all diese Features in der FR-Ausstattung bereits in Serie an Bord hat. Dessen Sportfahrwerk schlägt bei Skoda mit weiteren 290 Euro zu Buche, ist aber sicher nicht jedermanns Sache. Der Skoda wiederum kontert unter anderem mit Parkpiepsern hinten, dem Spurhalte-Assistenten Lane Assist, dem Fernlichtassistent, dem schlüssellosen Zugangs- und Startsystem Kessy, Handyspiegelung und einer Heizung für die vorderen Sitze. Die Ausstattungsumfänge der beiden Probanden unterscheiden sich auch in weiteren Details nuanciert. Ausstattungsbereinigt rangieren beide aber in etwa auf Augenhöhe, das erste Kapitel endet also mit einem Unentschieden.

Erwachsener Souverän oder Chef-Dynamiker – Fabia und Ibiza beschreiten unterschiedliche Wege und beweisen, wie viel Musik in der Kleinwagen klasse steckt | kt
Erwachsener Souverän oder Chef-Dynamiker – Fabia und Ibiza beschreiten unterschiedliche Wege und beweisen, wie viel Musik in der Kleinwagen klasse steckt | kt

Dem Erstwagenanspruch folgend würden wir neben den erwähnten Features zudem den prima Radartempomaten ACC empfehlen, der gerade auf der Langstrecke den Fahrer entlastet und perfekt mit dem DSG harmoniert. Beide Hersteller bieten zudem gegen einen geringen Aufpreis weitere Lichtfunktionen in LED-Technologie für die Scheinwerfer an – ein spürbares Plus an Sicherheit, gerade in der dunklen Jahreshälfte. Soundsysteme tragen genauso für das Wohlbefinden an Bord bei wie etwa Transportlösungen für den Kofferraum. Gerade der Fabia bietet dabei enorm viele hilfreiche Optionen. An die Handyspieglung sollte genauso gedacht werden wie an die dazugehörige Qi-Ladeschale – günstiger kann man kaum navigieren. Bequemer freilich ist eine Werks-Navilösung, die bei Seat nur 199 Euro kostet (FR Pro-Paket).

Teilautonomes Fahren dank Travel Assist

Mit 4,06 Zentimeter überspringt der Ibiza die bisherige, inoffizielle Obergrenze der Kleinwagenklasse mühelos, der Fabia legt hier sogar noch einmal fünf Zentimeter obenauf. Der große Radstand von 2,56 Metern hüben wie drüben orientiert sich eher an der Kompaktklasse, genauso wie die Breite (1,78 Meter). Die Aufbauhöhe des Seat, die in etwa bei 1,45 Metern liegt, überflügelt der Skoda um Daumenbreite. Diese Gardemaße versprechen im Verbund mit den raumökonomischen Vorteilen der MQB-A0-Plattform ein angenehmes Raumangebot. Und in der Tat: Die vielzitierte kleinwagentypische Enge sucht man hier wie dort vergebens. Vielmehr servieren die Beiden dank großzügiger

Innenraumbreite und prima Kopffreiheit viel Komfort auf langen Reisen. Der Tscheche bietet ein Quäntchen mehr, ohne den Spanier dabei beengt erscheinen zu lassen. Der positive Eindruck wird durch die ähnlich großzügig dimensionierten, beiderseits gut konturierten Sitzmöbel noch verstärkt. Die Skoda-Fauteuils mit integrierten Kopfstützen (Optionspaket Dynamic; 300 Euro) wirken optisch sportlich, sind aber ausgesprochen bequem. Beide Probanden kommen mit einem hochwertig verarbeiteten Cockpit mit Multi-Lenkrad und zentralem Touchscreen. Der Seat bindet den Fahrer durch eine geneigte Mittelkonsole stärker ein. Rot beleuchtete Lüftungsdüsen, rote Kontrastnähte und eine silbern lackierte Dekorleiste verbreiten jugendliche Dynamik, die geschäumte Armaturentafel sorgt für Wertigkeit. Die Tafel des Skoda muss hier passen, immerhin lockern verschiedene Texturen die harte Oberfläche des Kunststoff optisch auf. Mit Chrom, Klavierlack und Alcantara-ähnlichen Dekoren wirkt die Einheit dennoch ausgesprochen hochwertig. Zudem bringt die Rautensteppung der Sitzbezüge (Dynamic-Paket, Aufpreis) gar einen Hauch von Noblesse an Bord.

Die Bedienphilosophien ähneln sich: Echte Taster finden sich hauptsächlich an der Climatronic, weitere für zentrale Funktionen sind im Bereich des DSG-Wählhebels platziert. Die meisten Funktionen aber werden über das Touch-Bedienfeld gesteuert. Die optionale ACC lässt sich im Fabia über einen eigenen Lenkstockhebel bedienen. Das gelingt intuitiver als im Seat mit seiner Lenkradtasten-Bedienung.

Das Bild trügt: Längsdynamisch fährt der Fabia dem Ibiza davon.
Doch auf kurvigem Geläuf wendet sich das Blatt. Hier läuft
der feurige Spanier zur Höchstform auf, zeigt dem
Skoda frech die Rücklichter. Er serviert einen
Fahrspaß der ExtraklasseFoto: Jan Bürgermeister
Das Bild trügt: Längsdynamisch fährt der Fabia dem Ibiza davon. Doch auf kurvigem Geläuf wendet sich das Blatt. Hier läuft der feurige Spanier zur Höchstform auf, zeigt dem Skoda frech die Rücklichter. Er serviert einen Fahrspaß der Extraklasse

Prima Bedienergonomie

Und hinten? Reisen zwei Erwachsene auf der Langstrecke tatsächlich komfortabel, derart großzügig fällt das Raumangebot hier wie dort aus. In Sachen Komfort erweist sich der Skoda etwas aufmerksamer. Das beginnt beim leichteren Zustieg durch den größeren Türausschnitt, reicht über die etwas komfortabler gepolsterte Bank und endet bei der besseren Aussicht durch die tief herunter gezogenen Fenster. Der Seat umschmeichelt seine Fondpassagiere nicht ganz so fürsorglich, ohne dabei aber ruppig zu erscheinen. So gibt es weder einen Mittelausströmer für die Climatronic noch eine Mittelarmlehne. Die hat der Test-Fabia an Bord (Aufpreis), sie wäre optional auch für den Ibiza lieferbar. Die Seat-Rückbank wirkt im Vergleich zum rautenbesteppten Skoda-Möbel mit seinen Kontrastnähten etwas trist, wenngleich diese Fabia-Feinheiten Aufpreis kosten.

Mit satten 380 Litern bietet der Skoda so viel Kofferraumvolumen wie die Kompaktklassenreferenz aus Wolfsburg. Der Seat serviert 25 Liter weniger – nebensächlich im Alltagsbetrieb. Bei umgelegter Rücklehne sind es 1.165 Liter, beim Skoda deren 1.190. Hier gibt es optional auch eine umlegbare Beifahrerlehne für den Transport etwa eines Surfbretts, die sich aber nicht mit den einteiligen Sitzen kombinieren lässt. Ab auf die Piste! Und hier unterstreichen die beiden Kleinen ihren Erstwagenanspruch deutlich: Der laufruhige 1.5 TSI verwöhnt mit sportlicher Drehfreude genauso wie mit satter Souveränität. Mit seinem breit gespannten Drehmomentplateau von 250 Newtonmetern schiebt der Vierzylinder die 1,2-Tonnen-Minis in jeder Lage lässig an. Dass wir uns hier nicht falsch verstehen: Wir reden hier keineswegs von hochgezüchteten, nach Bestzeit gierenden Hot Hatches. Das sehr erwachsene Auftreten im täglichen Verkehrsgeschehen aber entspricht nicht den typischen Erwartungen an einen Kleinwagen, sondern eher an eine Mittelklassenlimousine. Davon zeugen Höchstgeschwindigkeiten von etwa 220 Stundenkilometern genauso wiedie Beschleunigungswerte. Von null auf Landstraßentempo sprintet etwa der Fabia in 7,7 Sekunden, ist damit gar 0,3 Sekunden schneller als das Datenblatt verspricht. Der Ibiza unterliegt hier mit 8,1 Sekunden, trifft die Werksangabe auf den Punkt.

Passen in jede Parklücke und bieten dennoch viel Praktikabilität: In Sachen Kofferraumvolumen und Variabilität wird manch Kompakter neidischFoto: Jan Bürgermeister
Passen in jede Parklücke und bieten dennoch viel Praktikabilität: In Sachen Kofferraumvolumen und Variabilität wird manch Kompakter neidisch

Souverän bis freudvoll

Doch Messwerte können das Fahrgefühl nur unzulänglich beschreiben: Denn trotz seiner Zweitplatzierung fühlt man sich am Steuer des Ibiza immer schneller als im Fabia. Sein Motorsound ist präsenter, die Lenkansprache direkter – sicher auch ein Verdienst der 18-Zöl-ler. Sein tiefergelegtes Fahrwerk lässt sich auf Knopfdruck straffen – kurvenreiche Landstraßen sorgen für Glücksgefühle. Keine Frage – die Fahrdynamik hält, was der Carbon-Spoiler verspricht. Distinguierter geht der Skoda zur Sache, zeigt sich weniger zugespitzt. Mit ihm kommt man kaum langsamer nach Hause, wohl aber entspannter. Er bietet den höheren Akustikkomfort, raunt dem Fahrer nicht ständig dieses „Mehr, mehr, mehr!“ ins Ohr wie der Seat. Doch auch der Skoda bietet eine klasse Lenkung, die mitteilsam und direkt agiert. Er serviert mit seinem neutralen Eigenlenkverhalten, dem präzisen Handling mit nur geringer Wankneigung reichlich Fahrfreude.

Das DSG findet wie im Seat stets den richtigen Gang, die 215 Millimeter breiten Pneus bringen die Momente sicher auf die Straße, unterstützt von einer elektronischen Differenzialsperre – auch darin gleichen sich die beiden. Eine weitere Parallele: der nicht eben überbordende Federungskomfort, der beim Fabia gleichwohl stärker ausgeprägt ist. Gerade die Hinterhand reicht hier wie dort manch Fahrbahnfuge weiter. Auch hier gilt: Großen Felgen schärfen Handling und Optik zu Lasten des Komforts. Da in dieser Klasse kein DCC-Adaptivfahrwerk angeboten wird, bleibt Komfortfans daher nur der Weg über die Zurückhaltung bei der Wahl der Felgengröße. Trotz ausgesprochen souveräner Fahrleistungen patzen die Beiden nicht an der Tankstelle, ganz im Gegenteil: Mit etwa sechseinhalb Litern im Testschnitt untermauern die kräftigen Minis ihre Attraktivität zusätzlich. Vorausschauend bewegt sind Verbräuche unter fünf Litern möglich. Wen der Hafer sticht, der muss mit einer Acht vor dem Komma rechnen. Apropos: Kühle Rechner können 1.500 bis 1.700 Euro sparen, wenn man zum 110-PS-Dreizylinder mit DSG greift. Der verbraucht wenige Zehntelliter weniger, liegt aber in etwa in der Zehn-Sekunden-Liga und kommt mit eigenwilligem Sound. Hier ist zudem der Altmeister VW Polo wieder mit von der Partie. Doch das ist eine andere Geschichte.


Skoda
 Fabia
 Style
 1.5 TSI DSG vs. Seat
 Ibiza
 FR 
1.5 TSI DSGFoto: Jan Bürgermeister
Skoda Fabia Style 1.5 TSI DSG vs. Seat Ibiza FR 1.5 TSI DSG

Test kompakt

Die heutigen Kleinwagen sind die neuen Kompakten –derart großzügig fallen die Platzverhältnisse von Seat Ibiza und Skoda Fabia aus. Mit ihrem erwachsenen Fahrverhalten und der umfangreichen Assistenz eignen sie sich problemlos auch für Langstreckenfahrten mit vier Erwachsenen. Dazu passt der Top-TSI mit 150 PS perfekt, der ausgesprochen souveräne Fahrleistungen bei moderatem Verbrauch serviert. Der Ibiza bietet zudem herausragende Handlingeigenschaften und eine freche Optik. Ausgewogener freilich erscheint der Fabia, der bei Raumangebot und Komfort etwas aufmerksamer ist.