Raffiniert kombiniert

Florian Neher

 · 07.04.2023

Raffiniert kombiniert
Foto: Jan Bürgermeister

Die Seat-Sportmarke Cupra kommt gut an – und erweitert ihr Motorenportfolio kundenfreundlich nach unten. Test des Cupra Leon Sportstourer mit 150-PS-Mildhybrid-TSI

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Foto: Jan Bürgermeister

Seats Performance-Marke Cupra kommt auch in Deutschland bestens an – kein Wunder, verbindet sie doch knuspriges Design mit satt eingeschenkter Leistung von oft 300 PS oder noch viel mehr. Im Cupra Leon kann es neuerdings aber auch nur die Hälfte sein, denn im spanischen Martorell hat man ein Herz für all jene Kunden, die das knackige Styling lieben, jedoch nicht unbedingt so viel Leistung brauchen. Mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass der Mitgliedsbeitrag für Seats Fitnessstudio nun wesentlich günstiger wird. Aber: Reichen 150 PS, um dem heißblütigen Namen gerecht zu werden, schließlich kommt Cupra von Cup Racing? Das überprüfen wir jetzt am lebenden Objekt in Form des Cupra Leon Sportstourer mit alltagsprak- ) tischem Kombiheck und mildhybridem 1.5 eTSI. Der kommt grundsätzlich mit Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe und verfügt über einen Riemenstartergenerator (RSG) samt zweitem Bordnetz mit 48 Volt und kleinem 250-Wh-Akku unterm Beifahrersitz.

Mild-Hybrid per Riemenstartergenerator

Der Clou des Riemenstartergenerators: Er ist Lichtmaschine und Anlasser in einem, stopft beim Anfahren per Boost eventuelle Turbolöcher und speist beim Verzögern Bewegungsgenergie zurück. In Verbindung mit der Freilauffunktion des Doppelkupplungsgetriebes ist zudem Segeln bei abgeschaltetem Motor möglich, was der Cupra Leon Sportstourer 1.5 eTSI oft und gerne macht: Ist keine Last gefordert, etwa in leichtem Gefälle, legt sich Seat der Verbrenner – für die Insassen kaum spürbar – schlafen. Wenn nötig, ist er bei leichtem Gasgeben aber sofort wieder bei der Musik. Läuft man nun segelnd auf ein anderes Fahrzeug auf, wird das vom serienmäßigen, vorausschauenden Bordradar registriert und per Rekuperation verzögert – ziemlich clever! Ist wie beim Testwagen die optionale Verkehrszeichenerkennung (Fahrassistenzpaket XL, 1.040 Euro) an Bord, funktioniert das auch bei Tempolimits. Die Verzögerung beim Rückspeisen fällt für einen Mildhybriden übrigens verblüffend stark aus und kommt der eines waschechten E-Autos nahe. Beim nächsten Anfahren mit frisch gestärktem Akku greift der Generator dem Ottomotor dann boostend unter die Arme, so dass es durchaus spritzig von der Stelle geht. Manchmal sogar etwas zu bissig, denn die beim Testwagen montierten Winterreifen kratzten – vom Fahrer natürlich immer ungewollt – beim Anfahren öfter mal am Asphalt.

Ganz auf Effizienz getrimmt

Dazu sei angemerkt, dass die Gasannahme im Fahrmodus „Comfort“ zugunsten des Verbrauchs nicht linear, sondern bewusst stumpf ausgelegt ist und das DSG früh hoch- und spät herunter schaltet. Was dazu führt, dass man nach zwei, drei peinlichen Kriechstarts das Gaspedal bei Grün an der Ampel instinktiv weiter niedertritt als üblicherweise nötig wäre. Nun gibt die Elektronik mehr Leistung frei, als man abrufen wollte, und es pfeift an den schicken Vorderrädern. Wesentlich besser – nämlich linear und ohne Missverständnisse an der Mensch-Maschine-Schnittstelle – lässt sich das Gas im S-Modus des Getriebes oder im Fahrmodus „Sport“ dosieren (einen Cupra-Modus wie bei den VZ-Versionen gibt es beim 1.5 eTSI übrigens nicht). Hier ist dann auch die Schaltstrategie so reaktionsschnell und perfekt, wie man es von einem Doppelkupplungsgetriebe erwarten darf. Neben der milden Hybridisierung hat der 1.5 eTSI noch einen weiteren Effizienzpfeil im Köcher: die Active Cylinder Technology (ACT). Im Teillastbereich schaltet sie die beiden mittleren Zylinder ab, die weiterhin aktiven äußeren Zylinder müssen dann mit höherer Last arbeiten, was für bessere Wirkungsgrade sorgt. Bei Lastabfrage sind sofort wieder alle Zylinder wach. Auch das geschieht praktisch unmerklich.

Was der Fahrer hingegen an sehr empfindlicher Stelle – seinem Geldbeutel – spürt, ist die Genügsamkeit des Hightech-Antriebs: 6,6 Liter Super reichen in der Regel für 100 Kilometer, bei gezügeltem Gasfuß sind um die fünf Liter möglich. Nicht schlecht für einen ausgewachsenen, flinken Kombi, der immerhin in gemessenen 9,0 Sekunden auf Landstraßentempo beschleunigt und mit etwas Anlauf 216 km/h erreicht. Die Leistung entfaltet sich dabei äußerst gleichmäßig, der Motor wirkt sehr drehfreudig, tönt bei höheren Touren allerdings etwas angestrengt – unterm Strich ein durchaus sportlicher Antrieb. Dazu hat Cupra natürlich ein passendes Fahrwerk auf die serienmäßigen 18-Zöller gestellt: Trotz op- tionaler Adaptivdämpfung DCC (Dynamic-Paket, 900 Euro) fuhr sich der Testwagen in allen Fahrmodi mehr oder weniger straff und informierte seine Insassen detailliert über die Fahrbahnqualität.

Drehfreudiger, sehr sparsamer Motor

Wenngleich wir uns zumindest im „Comfort“-Modus ein weicheres Setup gewünscht hätten, so passt die stramme Grundnote doch zur Markenphilosophie und beschert auf der Habenseite ein allzeit dynamisches, präzises Handling bei minimalen Aufbaubewegungen. Und je schneller man fährt, desto schlüssiger fühlt sich die Fahrwerksabstimmung an. Kongenial dazu gesellt sich die direkt übersetzte und höchst exakte Progressivlenkung, die ebenfalls zum Dynamic-Paket zählt, eine ordentliche Rückmeldung von der Straße gibt und den Sportstourer überaus handlich und beweglich macht. Derart gerüstet, gefällt der Kombi auf flott gerittener Landstraße mit hohem Gripniveau, leichtfüßigem Einlenken und sehr sicherem Fahrverhalten ohne Lastwechselreaktionen. Es kommt also reichlich Freude auf, auch ohne 300 PS unter der Haube. Die Bremsanlage gibt sich gleichfalls keine Blöße, lässt sich gut dosieren und zeigt ebensoviel Biss wie Standfestigkeit. Wie es um die praktischen Talente bestellt ist, schließlich haben wir ja einen Kombi vor uns? Nun, hinter der lediglich 66 Zentimeter über dem Boden liegenden Ladekante wartet ein Gepäckraumvolumen von stattlichen 620 bis 1.600 (bei umgelegten Rücksitzlehnen und dachhoher Beladung) Litern – sehr beachtlich für einen Kompakten. Wobei der Leon Sportstourer seit dem Modellwechsel so kompakt ja gar nicht mehr ist, mit seiner Länge von 4,66 Meter eher schon in die Mittelklasse ragt. Zum Glück ist er jedoch nicht in die Breite gegangen, sondern sogar etwas schmaler geworden, so dass er mit ausgeklappten Spiegeln knapp unter zwei Metern Breite bleibt – hilfreich in der Innenstadt und Autobahnbaustellen.

Sehr gutes Platzangebot auch im Fond

Der Längenzuwachs kommt neben dem Ladeabteil vor allem dem wirklich großzügigen Fond zugute, der anders als beim Vorgänger nun auch genügend Bein- und Kopffreiheit für Zweimeter-Menschen bereithält. Vorn logiert es sich ohnehin erstklassig bei luftigem Raumgefühl, auf seitenhaltstarken Sportsitzen mit integrierten, etwas schmalen Kopfstützen. Die mit „Sharp Textil“ bezogenen Seriensitze sind bestens konturiert und bequem, nehmen so selbst langen Strecken den Schrecken. Einmal mehr fällt – neben der sauberen Verarbeitung – die hervorragende Sitzposition auf, die man im Leon einnimmt: Man fühlt sich im Zentrum des fahrdynamischen Geschehens, alle Bedienelemente liegen in Tastreichweite (ja, auch im Leon wird fast auschließlich getoucht) und genießt einen guten Überblick.

Rein äußerlich würde man dem Cupra Leon Sportstourer 1.5 eTSI locker auch die doppelte Leistung zutrauenFoto: Jan Bürgermeister
Rein äußerlich würde man dem Cupra Leon Sportstourer 1.5 eTSI locker auch die doppelte Leistung zutrauen

Nicht viele Extras nötig

Zumindest nach vorn, wohingegen die Sicht nach hinten durch die massiven D-Säulen und die kleine Heckscheibe ziemlich verbaut ist – doch diesen Makel teilt sich der Sportstourer leider mit den meisten aktuellen Autos. Gut, dass eine Ultraschall-Einparkhilfe serienmäßig an Bord ist, gegen Aufpreis weist eine Rückfahrkamera den dellenfreien Weg nach hinten. Oder man lässt den Sportstourer per Parklenkassistent (ab 490 Euro Aufgeld) gleich weitestgehend selbsttätig in die Lücke schlüpfen. Womit wir beim Thema Ausstattung wären: In Sachen Serientrimm fehlt dem Cupra Leon Sportstourer 1.5 eTSI nichts Essenzielles, ob Drei-Zonen-Klimaautomatik, beheizbares Lenkrad mit Schaltwippen, Tempomat, DAB+-Radio samt sechs Lautsprechern – alles schon inklusive. Dazubestellen würden wir vielleicht die elektrisch entriegelbare, schwenkbare (und daher nie störende) Anhängerkupplung für 920 Euro – die zulässige Stützlast von 80 Kilogramm dürfte auch für den Transport zweier schwerer Pedelecs auf einem entsprechenden Fahrradträger ausreichen. Alternativ lassen sich bis zu 1.500 Kilo an den Zughaken nehmen und weitere 75 Kilo Ladegut auf der Dachreling unterbringen. Addieren würden wir ferner die Sitzheizung (455 Euro), das Navigationssystem zu 700 Euro, sowie (wenngleich Voll-LED-Scheinwerfer serienmäßig sind) das kamerabasierte Matrix-LED-Licht, das den übrigen Verkehr aus dem Fernlichtkegel ausblenden kann. Zur Sicherheit auch die hinteren Seitenairbags samt Knieairbag für den Fahrer (410 Euro) und die Rückfahrkamera, die auch gleich den Parklenkassistenten mitbringt (Vision-Plus-Paket, 660 Euro). Und dann locken in der Optionsliste freilich noch diverse 19-Zöller, die fantastisch aussehen würden – aber danke, wir verzichten zugunsten des Fahrkomforts.


Test kompakt

Foto: Jan Bürgermeister
Foto: Jan Bürgermeister

Der Leon Sportstourer 1.5 eTSI ist ein echter Cupra mit scharfem Styling, knackigem Chassis und ansprechenden Fahrleistungen. Dazu bietet er einen hohen Alltagsnutzen, denn sehr gute Platzverhältnisse treffen hier auf eine üppige Serienausstattung, modernste Assistenzsysteme und Spatzendurst.