Arne Olerth
· 30.01.2023
Der Porsche Macan Touring verspricht puristischen Fahrspaß durch die Kombination von Basismotor mit einer speziellen Ausstattung. Geht das Konzept auf?
Vor neun Jahren brachte Porsche mit dem Macan seine fünfte Baureihe auf den Markt. Das zweite SUV-Modell der süddeutschen Sportwagenschmiede avancierte schnell zum Kassenschlager, überholte in der Gunst der Kunden in manchen Jahren gar den ikonischen Elfer. Den branchenüblichen Modellwechsel nach acht bis zehn Jahren Bauzeit übergingen die Zuffenhausener, spendierten dem Erfolgsmodell im Sommer 2021 vielmehr eine zweite Modellpflege. Damit einher ging auch eine Straffung der Angebotsstruktur, das Topmodell Macan Turbo entfiel ersatzlos. Dessen Motor befeuert seither das neue Leitmodell, den Macan GTS.
Jetzt bringt Porsche erneut frischen Wind in die Baureihe, diesmal am unteren Ende der Leistungsskala: Dort bereichert ab sofort der Touring das Macan-Portfolio. Der Sportwagenbauer bricht damit erneut mit einer Traditionen, war der Touring bisher doch ausschließlich den Sportwagen des Hauses vorbehalten. Schon 1968 startet das Touring-Vergnügen – mit dem 911 T, der mit einer speziellen Abstimmung, einer besonderen Ausstattung und einem schlanken Motor ein puristisches Fahrerlebnis servierte. Er rundete das damalige Elfer-Angebot nach unten ab: Bot der Ur Elfer schon 1964 mindestens 130 PS, so musste der „T“ mit nur 110 PS auskommen. Auch der fünfte Gang wurde ihm gestrichen, genauso wie die feinen Alufelgen. Sie sehen: Der erste Touring wurde für besonders preissensible Porsche-Fans konzipiert.
In der Porsche-Neuzeit erlebt der „T“ in den Baureihen 991.2, 992 und 718 eine reizvolle Renaissance, markiert heute gleichwohl kein preisaggressives Einstiegsmodell mit Ausstattungsabstrichen mehr. Sein Fokus liegt vielmehr auf einer Extraportion Fahrspaß, die ausnahmsweise nicht über einen satten Zuschlag in Sachen Leistung erzielt wird. Die gibt es jetzt also auch im Macan T, der preislich zwischen dem Basis-Macan und dem Macan S angesiedelt ist. Den aktuellen Touring-Prinzipien folgend, tritt er mit dem gleichen Motor an wie das Basismodell. Das bedeutet: Vierzylinder-Turbo mit zwei Litern Hubraum, 265 PS und 400 Newtonmeter. Der Reihen-Vierer trägt deutlich weniger auf als die Dreiliter-Turbos der Vollfett-Stufe vom Schlage eines S oder GTS, reduziert folglich das Gewicht im Maschinenraum. Um exakt 58,8 Kilogramm entlastet den V6 des S-Modells die Macan-Vorderachse – prima Voraussetzungen für eine neue Leichtigkeit beim Handling.
Adaptivdämpfer und Tieferlegung
Um diese Tugend zu stärken, spendiert Porsche dem Touring-Macan eine Tieferlegung um 15 Millimeter. Im Falle des optionalen Luftfahrwerks rückt der Schwerpunkt weitere 10 Millimeter in Richtung Asphaltband. Ganz gleich ob Stahloder Luftfeder – Porsche gibt dem SUV stets verstellbare Adaptiv-Dämpfer mit auf den Weg (Porsche Active Suspension Management PASM), ein System, das drei wählbare Dämpferkennlinien bereit hält. Weitere Finessen sind ein steiferer Stabilisator an der Vorderachse und eine noch heckbetontere Abstimmung des Allradantriebs (Porsche Traction Management PTM).
Eine Nummer größer als beim Basismodel fallen auch die Felgen aus – satte 20 Zoll. Die aufgezogenen Niederquerschnittspneus (265/45 und 295/40, v/h) setzen Lenkimpulse noch direkter um, sorgen mit ihrer Extra-Breite für überragende Stabilität. Weiteres Serienfeature: das Sport-Chrono-Paket, das neben der Analog-Uhr mit Stoppfunktion im Cockpit im wesentlichen den extrascharfen Sport-Plus-Modus, eine Launch Control, den Sport-Response-Button für 20 Sekunden Doppelwumms auf Knopfdruck als auch einen fahraktiven Sportmodus für das PSM-System (ESC) mit sich bringt.
Dass hier noch mehr geht, beweist unser Testwagen, der neben der Luftfederung zudem eine variable Hinterachsquersperre (Porsche Torque Vectoring Plus PTV Plus) an Bord hat. Diese ist elektronisch geregelt und erlaubt dadurch eine vollvariable Momentenverteilung, kann etwa ein Gros der Momente an die kurvenäußere Hinterhand leiten. Zwischen den schicken 20-Zöllern blitzen am Papayametalic-farbenen Test-Macan die glänzenden Scheiben der Porsche Ceramic Composite Brake (PCCB) hervor, die mit Wolframcarbid beschichtet sind. Ihre Bremsleistung liegt beinahe auf dem Niveau einer Keramikbremse, doch leider ist das System aktuell nicht bestellbar.
Torque Vectoring für noch mehr Fahrspaß
Genug der Vorstellung, starten wir die Maschine – Porschetypisch links vom Lenkrad. Der Zwoliter erwacht zum Leben und schiebt uns gänzlich unaufgeregt durch den Cityverkehr. Das ist durchaus positiv zu werten, erweist sich der Macan T dadurch doch als treuer Alltagsschmeichler. Einer, der seine Aufgaben prompt erledigt, ohne übermäßiges Aufsehen zu erregen – was seine Kundschaft goutieren dürfte. Ein Plateau von satten 400 Newtonmetern wird schon ab 1.800 Kurbelwellenrotationen aufgespannt, fällt erst jenseits der 4.500 Touren wieder ab. Damit schiebt der Turbo-Otto das 1,9-Tonnen-SUV jederzeit leichtfüßig voran, vermittelt stets ein Gefühl von Souveränität. „Basis-Aggregat“ ist bei keinem Porsche mit Verzicht behaftet. Die PDK hält den Motor dabei spritsparend bei niedrigen Drehzahlen, der feine Federungskomfort passt auch für Fahrten mit der ganzen Familie. Wir sind raus aus der Stadt, haben die kurvenreichen Bergstraßen des Nordschwarzwalds erreicht.
Wenig Verkehr, Biegungen jeden Grades und epische Aussichten – das perfekte Revier zum Ausloten der Fahreigenschaften. Ein kleiner Dreh am Lenkrad-Satelliten aktiviert den Sport-Plus-Modus, setzt alle Systeme auf Hochspannung. Die Trimmlage wird gesenkt, die Fuhre gestrafft. Gleichzeitig schnellt die Nadel im mittigen Drehzahlmesser nach oben, das PDK hat flugs ein paar Gänge zurück geschaltet. „Los jetzt!“ – scheint der Macan seinem Piloten auf allen Ebenen zuzu rufen. Das leichteste Zucken am Pedal setzt das SUV in Vortrieb um, wird in den Händen des Fahrers zum klasse Werkzeug für den Tanz auf dem mäandernden Asphaltband. Eindrucksvoll unterstreicht der Touring, warum die Lenkung des Macan seit jeher als Referenz in diesem Segment gilt: Sie kommuniziert aufmerksam mit dem Fahrer, ohne dabei zur Geschwätzigkeit zu neigen, begeistert mit einer präzisen Direktheit, die frei von jeder Synthetik ist.
Ab dem Kurvenscheitelpunkt stürmt das SUV mit Verve aus der Kehre, drückt dabei keck mit dem schmucken Hintern gen äußere Begrenzung – und treibt dem Fahrer ein Lächeln ins Gesicht. Sicher: Ein GTS geht flotter ums Eck, doch im limitierenden Rahmen der StVZO braucht es ganz sicher nicht mehr als den T. Porsche-Glücksgefühle, downgegraded auf zivile Temporegionen. Der EA888 dreht lustvoll gen Sieben, die PDK lädt blitzschnell die nächste Gangstufe nach. Jetzt die nächste Kehre: spät anbremsen, das SUV lässt sich auf den Punkt positionieren, einlenken und rauf aufs Pedal – der anregende Tanz geht in die nächste Runde.
Das einzige, was man bei diesem Spektakel wirklich vermisst, ist der grandiose V6-Sound eines S oder GTS. Der Touring klingt zwar nicht banal, reicht mit seiner rauchigen Vierzylinderstimme aber nicht das heroische Trompeten des Sechsenders heran. Die optionale Sportauspuffanlage vermag auf dieser Ebene sicher die Emotionen ein wenig mehr zu wecken.
Porsche wäre nicht Porsche, hätten sie das neue Macan-Modell nicht auch mit einer individuellen Ausstattung liebevoll abgeschmeckt. Achatgrau-Metallic – so lautet die Bezeichnung der Kontrastfarbe, die sich in der Frontschürze, auf den Außenspiegeln, den Sideblades, dem Dachkantenspoiler und dem Schriftzug am Heck wiederfindet. Schicke Macan-S-Felgen werten die Macan-Flanken genauso auf wie die Modellbezeichnungen auf den Seiten. LED-Scheinwerfer mit dem Porsche Dynamic Light System (PDLS) sorgt stets für die bestmögliche Ausleuchtung, hinten gibt es LED-Rückleuchten mit einem durch-gehenden Leuchtband – alles in Serie. Unser Testwagen kam hier mit abgedunkelten Einheiten und dem PDLS-Plus-System samt dynamischem Fernlicht (Aufpreis).
Stimmiges Ausstattungspaket
Das Macan-T-Interieur lockt mit außerordentlich bequemen, elektrisch einstell- und beheizbaren Sportsitzen, die mit Leder-/Stoffbezügen (Sport Tex Stripe) sehr hochwertig wirken. Dazu gibt es silberne Kon- trastnähte und ein geprägtes Porsche-Wappen auf den 4-Wege-Kopfstützen. Die Armauflagen, die Zuziehgriffe für die Türen, ja sogar die Oberseite der Schalttafel ist in schwarzes Leder gehüllt. Überhaupt ist der Macan T sehr umfassend ausgestattet: Ganz gleich ob 3-Zonen-Climatronic, 11-Zoll-Multimediasystem mit Online-Navi, Parkpiepser oder beheiztes Multi-Sportlenkrad – alles Serie. Für das vollumfängliche Macan-Glück würden wir noch den Abstandsregeltempostaten, die Rückfahrkamera (512 Euro), die Tempolimitanzeige (262 Euro), den Spurwechselassistenten (583 Euro), das schlüssellose Zugangsund Startsystem Entry & Drive (643 Euro) und den Qi-Lader fürs Smartphone (262 Euro) dazu buchen.
Die Servolenkung Plus (262 Euro) erleichtert das Rangieren, der 75-Liter Optionstank (119 Euro) vergrößert die Reichweite. Selbst wenn man zusätzlich einige optische Akzente setzt – etwa durch abgedunkelte Leuchteinheiten oder farbige Sicherheitsgurte – bleibt man diesseits der 80.000-Euro-Marke. Für Porsche-Verhältnisse und solch eine umfassende Ausstattung ist das Auto fast schon ein Schnäppchen. Eines, das mit seinen klasse Allroundqualitäten, wie klasse Raumangebot und Fahrkomfort sowie akzeptablem Verbrauch um die zehn Liter die Aufgaben des Alltags locker wuppt, dabei das Herz des Fahrer jederzeit mit einer Extraportion Fahrspaß erfrischt. Ein rundum gelungenes Gesamtpaket. Prädikat: Empfehlenswert!
Text Arne Olerth Fotos Jan Bürgermeister
Test kompakt
Der Macan T ist das erste Touring-Modell im SUV-Segment und ein echter Volltreffer. Mit größeren Rädern, einem speziell abgeschmeckten Fahrwerk und Dynamik-Goodies bietet er eine Extra-Portion Fahrspaß – trotz Basismotor. Dazu akzentuiert er die umfängliche Serienausstattung neu, setzt eigene Glanzpunkte. 5.000 Euro Aufpreis zum Basis-Macan sind viel günstiger als die Summe der Einzelpositionen. Der Dreiklang aus Kosten, Alltagsnutzen und Fahrspaß ist hier ausgesprochen ausgewogen.