Porsche Macan TGipfelstürmer

Florian Neher

 · 12.07.2022

Porsche Macan T: GipfelstürmerFoto: Porsche

Von der sonnigen Cote d´Azur zum schneebedeckten Col de Turini – auf den Spuren der Rallye Monte Carlo ist der Handling-optimierte Porsche Macan T ganz in seinem Element

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Foto: Porsche

T wie Turini? Würde passen – tatsächlich aber steht dieser Buchstabe bei Porsche seit dem 911 T von 1968 für Touring und meint eine leichte, knackig abgestimmte Version des Basismodells für zügiges Reisen. In der Neuzeit lebte der Touring-Gedanke zuerst beim 911 der Baureihe 991.2 wieder auf, dann beim 718. Nicht zuletzt gibt es den aktuellen 911 GT3 wahlweise mit Touring-Paket, das den sperrigen Heckflügel kassiert und dem kompromisslosen Renner ein paar Tropfen Alltagstauglichkeit einflößt.

Nun schnüren wir also mit dem Macan T von Nizza bergan in die Seealpen. Der wie im Basismodell 265 PS und 400 Nm starke Konzern-Vierzylinder EA888, der mit 40 Prozent die Mehrheit der Macan-Bestellungen ausmacht, verdeutlicht schon am Ortsschild, warum das so ist: Praktisch ohne Turboloch nimmt er die Arbeit auf, zieht kraftvoll durch, dreht willig aus und kommentiert ängstliches Gaswegnehmen vor blinden Kurven mit spöttischem Lader-Seufzen, so als wollte er „Feigling“ rufen. Schon klar, bei der Rallye Monte Carlo wird hier eine ganz andere Linie gefahren – aber da gibt es auch keinen Gegenverkehr ...

In anderen Worten: Der Zweiliter hat mit der samt Fahrer mehr als 1,9 Tonnen schweren Fuhre überraschend leichtes Spiel, fühlt sich – typisch Porsche – nach deutlich mehr als den angegebenen 265 PS an. Dass kaum das Verlangen nach mehr Leistung aufkommt, liegt auch am Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe PDK, das mit dem drehmomentstarken Vierzylinder kongenial zusammenarbeitet: ideal gestuft, blitzschnell und ohne Zugkraftunterbrechung schaltend. Kleiner Wermutstropfen, der strengen Abgashomologation geschuldet: Einen dauerhaften Handschaltmodus gibt es selbst im Fahrmodus Sport+ nicht mehr – lässt man die Finger für einige Sekunden von den Lenkradpaddeln, übernimmt das Getriebe wieder selbst die Regie. Nicht schlimm, denn das PDK arbeitet dem Fahrer auch im Automatikmodus perfekt zu, inklusive treffsicherem Herunterschalten vor Kurven in den Modi Sport und Sport+. Und in der Praxis überlassen die meisten Macan-Piloten – nach einer kurzen Probierphase – das Schalten ohnehin dauerhaft der Automatik.

Sauber abgeschmecktes Fahrwerk

Um den Macan T perfekt auf die Landstraße abzurichten, hat ihm Porsche folgende Zutaten mit in die Wiege gelegt: Das PASM-Fahrwerk mit 15 Millimetern Tieferlegung und Adaptivdämpfung, steiferer Vorderachsstabilisator, 20-Zoll-Mischbereifung, Sport-Chrono-Paket (inklusive Launch Control), beheizbares GT-Sportlenkrad mit handlichen 36 Zentimetern Durchmesser, beheizbare Teilleder-Sportsitze mit haftstarken Textilmittelbahnen. Selbst ohne die grau lackierten Exterieur-teile, anhand derer sich die Touring-Version äußerlich zu erkennen gibt, summiert sich das alles auf deutlich mehr als die knapp 5.000 Euro Aufpreis zum Basismodell (ab 64.464 Euro). So gesehen ist der Macan T zu Preisen ab 69.462 Euro ein sinnvoll ausgestattetes Sondermodell mit Preisvorteil.

Fein rückmeldende Lenkung

Zurück auf die raue Rallyepiste mit all ihren Asphaltflicken, Tunnels und Serpentinen: Es ist schon erstaunlich, wie behände dieser Brummer um die Ecken pfeift und sich dabei dank der direkt übersetzten, höchst präzisen und bestens rückmeldenden Lenkung sowie dem kleinen GT-Volant so handlich anfühlt wie ein Klein-wagen. Je sportlicher der Fahrmodus, desto mehr wird die elektrische Unterstützung zurückgenommen, doch selbst in Sport+ geht das Lenken noch angenehm leicht von der Hand. Im Segment der SUVs ist die Macan-Lenkung zweifelsohne der Maßstab, gleiches gilt für das PASM-Fahrwerk: Grundsätzlich straff aber nicht unkomfortabel gefedert, lassen sich drei Dämpfermodi wählen, von denen sogar der softeste nicht zu einer Unterdämpfung führt. Und selbst im straffsten Dämpfungsmodus, der die Seitenneigung in Kurven fast auf null reduziert, ist immer noch ein akzeptabler Fahrkomfort gegeben.

Vor Ort hatten wir die Möglichkeit, einen Macan T mit optionaler Luftfederung (1.476 Euro Aufpreis) im direkten Vergleich zu fahren. Klar, in Sachen Federungskomfort ist ein Luftfahrwerk das Maß der Dinge. Allerdings bietet es nicht diese sportlich-direkte Anbindung an die Straße wie das Stahlfederfahrwerk. Überdies fällt beim für sich genommen perfekt federnden Luftfahrwerk plötzlich der polterige Abrollkomfort der schweren 20-Zoll-Räder auf, der sich beim Stahlfahrwerk in der allgemeinen Straffheit verliert. Da es beim Macan T ja gerade um scharfes Handling geht, ist man mit den serienmäßigen Stahlfedern also am besten bedient und kann sich den Aufpreis für die Adaptive Luftfederung sparen.

Fahrspaß trotz Basismotor

Apropos Handling: Von Kurve zu Kurve sind wir immer wieder aufs Neue überrascht, dass der Macan T selbst mit Winterpellen niemals untersteuert, stattdessen superdirekt einlenkt und sich dank heckbetonter Kraftverteilung mit leicht drückendem Hinterteil aus der Kurve stemmt – und dabei verfügte der Testwagen nicht einmal über das optionale Torque Vectoring PTV. Der Macan T lässt sich beim schnellen Fahren immer exakt dahin positionieren, wo man ihn für eine saubere Linie haben möchte und fühlt sich dabei viel leichter an als er ist.

Auf halber Höhe zum auf 1607 Metern gelegenen Col de Turini fängt es an zu schneien. Doch das lässt uns dank perfekter Traktion und griffiger Pirelli-Scorpion-Winter- pellen völlig kalt. Nach einem kurzen Stopp am Col stürzen wir uns wieder hinab in Richtung Meer.

Beim Anblick der Fahrbahnbegrenzungen in Form niedriger, bröseliger Mäuerchen, hinter denen der freie Fall über mehrere hundert Meter droht, wird uns blümerant. Ein Tritt auf die Bremse, und das Vertrauen kehrt zurück: Die perfekte Dosierbarkeit mit kristallklarem Druckpunkt, der sich auch bei heißer Bremse nicht verändert, sowie die loyale Standfestigkeit beruhigen die Nerven. Dabei ist beim Testwagen nur die „kleine“ Standard-Stahlbremse mit 350er Scheiben und Vierkolbensätteln vorn an Bord, was die optionale, große Stahlbremse mit 390er Scheiben und Sechskolbensätteln an der Vorderachse zu 2.975 Euro beinahe entbehrlich erscheinen lässt.

Die milde Meeresbrise der Cote d`Azur nimmt uns wieder in Empfang. Wir wählen den Fahrmodus „Normal“, lassen es rollen, erfreuen uns an der leichtgängigen Lenkung und der fein ansprechenden Federung im weichsten Dämpfer-Setup. Nach den gefühlt 265 Haarnadelkurven kommt ein starker Kaffee jetzt gerade recht. Und dann? Noch einmal hoch auf den Col de Turini? Hmm ...