Für große Aufgaben

Arne Olerth

 · 06.04.2023

Für große Aufgaben
Foto: Jan Bürgermeister

Die Möglichkeiten steigen mit dem Raumangebot – wie der Caddy Maxi eindrucksvoll beweist. Im Test: der große Diesel mit 122 PS und DSG

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Foto: Jan Bürgermeister

Kennen Sie den? Diesen Blick zurück beim Schließen des Garagentors, zufrieden über die wertvolle Hilfe des Autos? Caddy-Fahrern ist dieser Moment nur zu gut vertraut, ist der Hochdachkombi doch das Schweizer Taschenmesser unter den Automobilen. Neben der Familie passt auch der Kinderwagen mit hinein, ohne dass dieser umständlich gefaltet oder gar auseinandergenom- men werden müsste. Den Schnäppchenjäger bringt der Spontankauf einer reduzierten Waschmaschine nicht in Verlegenheit, kann er diese doch gleich im Caddy mitnehmen. Wohlgemerkt: zusätzlich zur fünfköpfigen Familie. 1,80 Meter Aufbauhöhe stellen Tiefgaragen-Besuche genauso wenig vor Probleme, wie die Anschaffung die meisten Familien-Budgets. Keine Frage – die praktische Kiste aus Hannover ist ein echter Problemlöser, hat einen festen Fankreis. 1995 begann die glanzvolle Laufbahn des Volkswagen-Hochdachkombis, dem ein Pick-up auf Golf-1-Basis vorausging. 2003 startete das Multitool auf vier Rädern dann richtig durch, blieb bis ins aktuelle Jahrzehnt im Programm – mehrfach modellgepflegt, der Hersteller sprach trotz unverändertem Rohbau von mehreren Generationen. 2020 ging es dieser Lesart entsprechend in die fünfte Runde, der Caddy wurde neben weiter ausgebauten praktischen Talenten spürbar auf Komfort getrimmt und umfassend digitalisiert. Wie seit 20 Jahren üblich, gibt es den aktuellen Caddy beim Volkswagen Nutzfahrzeuge-Partner auf Wunsch auch mit langem Radstand – für ein Plus an Möglichkeiten durch noch mehr Laderaum. Und eben diese Langversion stellt sich heute dem GUTE FAHRT-Test.

Sieben Sitze – und ein großer Kofferraum

Wenngleich habhafte Fakten, wie Laderaum-Volumen oder Zuladung dem Caddy-Fan meist wichtiger sind als Design-Theoreme, so muss an dieser Stelle doch ein Lob an die Kreativen in Hannover ausgesprochen werden: Ganz gleich ob lang oder kurz – das Styling des Caddy 5 passt immer. Der Maxi-Vorgänger hingegen wirkte vergleichsweise pragmatisch, manche titulierten ihn gar als rollende Telefonzelle. Mit größeren Rädern, flacherem wie breiterem Aufbau sowie stärker konturierenden Karosseriesicken zeigt sich der Caddy 5 Maxi rundum harmonisch. Einerlei, werden Sie sagen, lasst Zahlen sprechen. Gerne: Mit 4,85 Metern Länge überragt der Caddy Maxi seinen kurzen Bruder um 35 Zentimeter. Er kann sogar einen Passat Variant verdecken, der einige Zentimeter kürzer ausfällt. Mit 1,85 Metern übertrumpft er den Business-Kombi auch in der Breite um zwei Zentimeter. Kurz: Der Caddy Maxi ist ein stattlicher Typ, ohne dass man es ihm direkt ansieht. Er kaschiert sein Volumen optisch genauso gut, wie er seine Maße derart beschränkt, um im Stadtverkehr nicht anzuecken. Parkplatzsuche oder enge, verwinkelte Gassen jedenfalls stellen keine Herausforderung für ihn dar, der Wendekreis fällt mit 12,1 Metern moderate 0,7 Meter größer aus. Dafür bietet der Maxi so viel: 1,45 Meter Laderaumtiefe etwa, bei voll nutzbarer Rückbank. Mit wenigen Handgriffen ist das Arrangement aus Doppelsitzbank und Einzelsitz ausgebaut, wandelt den Caddy zum Speditionsfahrzeug: Der topfebene Laderaum wächst auf satte 2,27 Meter Länge bei 1,19 Metern Breite. Volkswagen gibt das Volumen bis zur Sitzoberkante mit 3.105 Litern an. Zum Vergleich: Der gar nicht mal so kleine, „kurze“ Caddy bietet maximal 2.556 Liter. Damit ist der Caddy Maxi gar nicht mehr allzu weit vom T7 Multivan entfernt, der seinerseits maximal 3.672 Liter Laderaumvolumen bei ausgebauter Bestuhlung bereithält.

Sie meinen, das Design wäre moderner geworden? Dann sollten Sie den Caddy erst einmal
fahren: Mit neuer Hinterachse und präziser Lenkung serviert er nämlich auch
eine neue Klasse an Fahrkomfort. Und eine Extra-Portion Fahrspaß!Foto: Jan Bürgermeister
Sie meinen, das Design wäre moderner geworden? Dann sollten Sie den Caddy erst einmal fahren: Mit neuer Hinterachse und präziser Lenkung serviert er nämlich auch eine neue Klasse an Fahrkomfort. Und eine Extra-Portion Fahrspaß!

Leichter Sitzausbau

Klasse: Die Zweiteilung des Fondmöbels ermöglicht eine leichte Anpassung an den jeweiligen Bedarf. Geht es etwa zum Antiquitätenhändler, darf der Einzelsitz daheimbleiben. Das schafft Platz für ein schlankes Sideboard – und in Summe vier Fahrgäste. Ist das Möbel nur knappe zwei Meter lang, dann reicht es, den Sitz nach vorne zu wickeln. Mit dem Überhang im Fond ziehen zudem in Serie zwei zusätzliche Klappsitze als dritte Sitzreihe ein. Damit wuppt der Caddy Maxi fast jede Großfamilie, ist er doch ein echter Siebensitzer. Die berühmte „letzte Reihe“ darf dabei gerne auch von Erwachsenen in Beschlag genommen werden, wenngleich die im Vergleich zur klasse Sitzbank davor flachere Polsterung und der spitzere Sitzwinkel auf der Langstrecke nur Teenager wirklich glücklich stellt. Der Zustieg erfolgt über die umgelegte Lehne von Reihe zwei oder – komfortabler – durch flott gewickelte Sitze. Auch die Sitzplätze sechs und sieben können mit einem Handgriff umgelegt oder entfernt werden. Selbstverständlich kommen diese mit voller Dreipunktgurt-Sicherheit und Isofix-Punkten.

Wer will, kann im Caddy Maxi nicht weniger als vier Kindersitze flott verankern, optional gar fünf. Bei voller Belegung gibt’s im Gepäckabteil immer noch prima 629 Liter Stauraum. Damit schlägt der Caddy Maxi den großen Bruder Multivan, der in diesem Falle nur 469 Liter bereit hält. VWN baut den T7 auch in Lang – doch das ist eine andere Geschichte (GF 3/2023). Viel Platz gibt es für die Passagiere in Reihe zwei, die Neigung der Lehne kann geteilt eingestellt werden. Noch besser freilich sitzt es sich vorne, erst recht auf den optionalen ErgoActive-Fauteuils. Diese sind nicht nur klasse konturiert und langstreckentauglich straff gepolstert, sie können zudem umfangreich eingestellt werden. Etwa in Sitztiefe und -neigung. Volkswagen bietet das sehr empfehlenswerte Möbel mit Lendenwirbelstütze wahlweise für Reihe eins oder – günstiger – nur für den Fahrer an. Dieser genießt durch die hohe Sitzposition einen guten Überblick über das Geschehen. Vor ihm entfaltet sich die ganz Wucht der Digitalisierung – mit einem umfangreich einstellbaren Digitalcockpit (Aufpreis), einem Touchscreen und einer weitgehend knopffreien Bedienung. Ordert der Kunde ein Navigationssystem, so zieht etwa auch der aus dem Golf bekannte Slider zur Steuerung von Lautstärke, Temperatur und Sitzheizung mit ein. Leider ist dieser auch im Caddy unbeleuchtet, bei Nacht- oder Tunnelfahrten daher erschwert zu bedienen. Ohne Navi kommt er mit zwei bewährten Drehreglern. Zudem verzichtet Volkswagen auf Touchflächen am Multi -Lenkrad. Uns freut es, die Knopfbedienung gelingt flott und eindeutig.

Sie meinen, das Design wäre moderner geworden? Dann sollten Sie den Caddy erst einmal fahren: Mit neuer Hinterachse und präziser Lenkung serviert er nämlich auch eine neue Klasse an Fahrkomfort. Und eine Extra-Portion Fahrspaß!

Gegen Aufpreis ist auch eine Sprachbedienung möglich. Ablagen gibt es reichlich, etwa hinter der Anzeigeneinheit, oder in der Mittelkonsole. Dort sind zudem USB-C-Anschlüsse, der DSG-Bedienknubbel und ein induktiver Smartphone-Charger (Aufpreis) platziert. Dieser verdeckt den Touchscreen, verleidet damit eine Bedienung während der Fahrt – klasse. Im Cockpit dominiert harter Kunststoff, der durch aufwendige Texturen aber hochwertig und grifffreundlich wirkt. Das passt zum ehrlichen Zupacker-Charme des Caddy, zumal die Verarbeitung oder etwa die Spaltmaße rundum überzeugen können. Auf geht’s, und wie! Das Fahrverhalten der aktuellen Generation hat einen riesigen Sprung nach vorne gemacht, lässt den Vorgänger wahrhaft alt aussehen. Das liegt insbesondere an der Überarbeitung der Starrachse hinten mit Längslenkern, Schraubenfedern und Panhardstab. Der Federungskomfort hat um etwa eine halbe Klasse zugelegt, die Nutzfahrzeugwurzeln souverän abgestreift. Nur bei Querfugen spricht die Hinterhand nicht ganz so sensibel an wie etwa im Touran.

Im Verbund mit der präzisen, rückmeldefreudigen Sevolenkung serviert sie nicht nur eine problemlos-sicheres Fahrverhalten, sondern auch eine gute Portion Fahrspaß! Dazu passt der mustergültige 122-PS-Topdiesel, der mit 320 Newtonmetern für ein souveränes Fahrgefühl in allen Lebenslagen sorgt. In 12,1 Sekunden geht’s auf Tempo 100 und bei Bedarf weiter bis 186 km/h. Zweitrangig, doch spielt der Motor gerade bei großer Zuladung seine Stärken aus. Weniger sollte es dann nicht sein, will man entspannt im Verkehr mitschwimmen. Ein wenig wehmütig denken wir an Zeiten zurück, in denen VWN einen 170-PS-TDI im Regal hatte, der dem neuen Fahrwerk gut zu Gesicht stände. Doch dafür ist der neue TDI dank Twin-Dosing vorbildlich sauber, zeigt beste Umgangsformen. Gleichermaßen laufruhig wie drehfreudig wahrt er akustisch stets die Contenance. Und mit einem Testverbrauch von gerade einmal 6,3 Litern sorgt er auch für zufriedene Gesichter an der Tankstelle. Maßgeblichen Anteil an diesem Wert hat auch das perfekt applizierte DSG, das im besten Wortsinne unauffällig agiert und stets den passenden Gang bereithält – gut investierte 2.410 Euro. Womit wir mitten drin wären im Preiskapitel.

Multitool auf Rädern

Der Caddy Maxi startet bei 31.844 Euro – mit dem 114-PS-TSI, passend für weniger anspruchsvolle Caddy-Fahrer. Universeller, gerade im Hinblick auf den Umgang mit hohen Lasten, freilich ist ein Diesel, der mit 102 PS etwa 1.900 Euro mehr kostet. Der Topdiesel, im Maxi sicher kein Luxus, mit DSG kommt auf 37.426 Euro. Das alles bezieht sich auf die pragmatische Ausstattungslinie „Caddy“ etwa mit unlackierten Stoßfängern und Stahlfelgen. Universeller ist der „Life“ mit Alufelgen, Dachreling, aufwendigeren Sitzen vorne, Klimaanlage und großem Touchdisplay. Zudem zeigt sich der Innenraum mit einer Prise Chromzier hier und Inserts an den Türverkleidungen da wohnlicher eingerichtet – kurz: eine echte Empfehlung. Macht 38.901 Euro. Noch edler ist der „Style“, der aber auch nach einem um 2.630 Euro höheren Invest verlangt. Wer in Richtung luxuriöser Vollausstattung liebäugelt, liegt hier genau richtig – alle anderen reichern besser die Life-Ausstattung punktuell an. Etwa mit den ErgoComfort-Sitzen, Parkpiepsern (601 Euro), einer Zweizonen-Climatronic (363 Euro) und den enorm praktischen Zuziehhilfen für die Schiebetüren (je 149 Euro). Ist jetzt noch Luft im Budget, empfehlen sich die leuchtstarken LED-Scheinwerfer (ab 881 Euro) und der Radartempomat ACC (452 Euro). Travel Assist, Verkehrszeichenerkennung, Glasdach oder Standheizung – die Möglichkeiten sind so verlockend wie vielfältig, Grenzen setzt nur das Budget. Doch selbst bei einer eher vernunftbetonten Wahl werden Sie abends noch einmal zurückblicken – auf den geparkten Caddy Maxi. Versprochen!


Test kompakt

Foto: Jan Bürgermeister
Foto: Jan Bürgermeister

Ein Plus von 550 Liter Fahrgastraum- Volumen bietet die Langversion des Caddy – und zwei zusätzliche Sitze. Damit werden die Transportmöglichkeiten spürbar erweitert. Der 122-PS-Diesel ist für ein Auto dieser Größe kein Luxus, sondern eine Empfehlung. Der Maxi-Aufpreis fällt fair aus. Wer nur gelegentlich „Full House“ transportiert, greift besser zum „Kurzen“. Der ist flinker, praktischer im City-Verkehr und sparsamer – zudem gibt es optional auch ihn mit sieben Sitzen.