Arne Olerth
· 30.08.2022
City-SUV erfreuen sich großer Beliebtheit, vereinen sie doch das Beste aus vielen Welten. Sie bieten ausreichend Platz, ohne in der City anzuecken, komfortable Höhe ohne übermäßigen Verbrauch. Welcher kompakte Hochsitzer schnappt sich die Krone?
Seit Jahren schon liegen SUV voll im Trend und ein Ende des Booms ist derzeit nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: In der jüngsten Auswertung des Kraftfahrtbundesamtes zu den Pkw-Neuzulassungen nach Segmenten positionieren sich SUVs klar an der Spitze: Ihr Anteil lag im Wonne-Monat Mai bei satten 27,8 Prozent – ein Zuwachs von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr, gleichfalls die Spitzenplatzierung. Zusammen mit den Geländewagen, zu denen das KBA etwa auch den SUV-Bestseller VW Tiguan zählt, steigt der Anteil gar auf 38,8 Prozent. Weit abgeschlagen zeigt sich der Zweitplatzierte: Das Segment der Kompaktklasse liegt aktuell nur noch bei 15,5 Prozent. Ausgehend von der Luxusklasse haben sich SUVs mittlerweile quer durch alle Klassen ausgebreitet – bis hinunter zu den Viermeter-Größen. Gerade hier lässt sich Kritikern der kessen Hochbeiner leicht der Wind aus den Segeln nehmen, bieten City-SUVs doch neben dem Komfortplus der höheren Sitzposition weitere habhafte Vorteile, wie ein großes Kofferraumvolumen und oft auch eine willkommene Variabilität. Der oft kritisierte Mehrverbrauch gegenüber einem klassischen Hatchback fällt zudem überschaubar aus. So nahm der VW T-Cross 1.0 TSI DSG mit 110 PS im großen GF-Kleinwagen-Konzeptvergleich (GF 5/22) einen halben Liter mehr als der Polo mit dem gleichen Antrieb. Ebenfalls vertretbar: der SUV-Aufschlag beim Anschaffungspreis. Unterm Strich erweisen sich City- SUVs also keineswegs als zweite Wahl – nicht nur wegen der hippen Offroad-Optik.
Der T-Cross ist im Volkswagen-Konzern freilich nicht der einzige Vertreter in diesem Segment. Wir haben in Summe gleich vier spannende Kandidaten gefunden, die hier gegeneinander antreten: den Audi Q2, den Seat Arona, den Skoda Kamiq und natürlich den T-Cross von Volkswagen. Um es vorneweg zu nehmen: Jeder einzelne ist uneingeschränkt erstwagentauglich, Platz und Komfort taugen durchaus auch für die Langstrecke.
Daher luden wir das Quartett mit dem dazu passenden Allround-Motor ein: dem 1.0 TSI mit 110 PS. Neben seiner ausgewiesenen Genügsamkeit bietet er genügend Leistungsreserven, um selbst lange Strecken souverän zu meistern. Wer unbedingt möchte, kann alle vier Tachonadeln über die 200er Marke streichen lassen. Beschleunigungswerte um die 10 Sekunden im Standardsprint sprechen ebenfalls für den flotten Dreizylinder-Turbo wie Verbrauchswerte um die sechseinhalb Liter.
Der Motor markiert bei Audi den Einstieg in die schöne Q2-Welt – ab 26.700 Euro. Die anderen Marken bieten zudem eine schwächere 95-PS-Version an. Mit 110-PS-TSI startet der Arona bei 23.260 Euro in der Ausstattungslinie Style, der Kamiq in der Active-Line bei 22.180 Euro. Und der T-Cross? Kostet mindestens 25.400 Euro in der Linie „Life“.
Drei umfassend geschnürte Ausstattungspakete
In der Regel bleiben Presse-Testwagen die Basis-Ausstattungslinien verwehrt – so auch in diesem Falle. Der Audi kam als schicker Advanced (28.150 Euro), der Seat als Xperience für 25.750 Euro. Skoda schickte einen Kamiq Style, als einzigen im Testfeld zudem mit DSG-Automaten (28.840 Euro). Mit Sechsgang-Handschaltbox käme der Tscheche auf 26.990 Euro. Und Volkswagen? Steuerte einen T-Cross bei – den Wettbewerbern entsprechend ebenfalls in der luxuriös angehauchten Ausstattungslinie Style für 27.865 Euro. Beachten Sie aber, dass die Ausstattungsumfänge unter den Marken recht unterschiedlich ausfallen. Während alle mit schicken 17-Zoll-Alufelgen und LED-Scheinwerfern vorfahren, spendieren Seat, Skoda und Volkswagen zudem je eine 2-Zonen-Climatronic, Parkpiepser, das Digital-Cockpit (Seat und VW) und weitere Gadgets. Bei Volkswagen gibt es eine verschiebbare Rücksitzbank und eine umlegbare Beifahrerlehne on top.
Assistenten nach Wahl
Auch bei den Sicherheits- und Assistenzsystemen schnüren die Hersteller unterschiedlich dicke Pakete. Sehr lobenswert: Alle Kandidaten kommen mit einem Frontradar-System, das ärgerliche Auffahrunfälle im Stadtbereich vermeiden hilft. Positiver Nebeneffekt: der Aufpreis für den Radartempomaten (ACC) fällt vergleichsweise günstig aus, ist der dazu nötige Sensor doch in Serie bereits an Bord. Seat, Volkswagen und Skoda stiften zudem einen Berganfahr-Assistenten. Zur Serienausstattung gehört bei den dreien zudem der „Lane Assist“, der Unfälle beim Spurwechsel wirkungsvoll vermeidet. Wunschgemäß lässt sich jeder der vier weiter aufrüsten. Verkehrszeichenerkennung, Rückfahrkamera, Parklenk-Assistent oder Sprachbedienung – alles ist möglich bis hinauf zum fulminanten Travel Assist, der auf Knopfdruck lenkt, bremst und beschleunigt. Audi aber bietet dieses System nicht an, Skoda hat es aufgrund des Halbleiter-Mangels pausiert.
Allem Ausstattungswirrwarr zum Trotz ist eine klare Linie erkennbar: Der Spanier belastet die Haushaltskasse am wenigsten – er ist als einziger auch für weniger als 20.000 Euro erhältlich –, gefolgt vom Tschechen und dem Niedersachsen. Doch fallen die Unterschiede unterm Strich hier eher gering aus, so dass die Entscheidung ganz nach den persönlichen Vorlieben getroffen werden kann. Audi spielt bei der Preisgestaltung traditionell die Premium-Karte aus. Dafür gibt es nur hier wahlweise einen Allradantrieb oder Dieselmotoren. Bei den anderen Marken sind Ottomotoren mit Frontantrieb gesetzt. Und: Markiert die 150-PS-Klasse bei ihnen die Spitze, so gibt es den Q2 gar mit doppelt so viel Leistung. Elektrifizierte Antriebe sind in diesem Segment nicht wählbar, immerhin zwei Hersteller bieten mit CNG- Motoren alternative Antriebe an: Seat und Skoda.
Schon auf den ersten Blick zeigt sich die enorme Bandbreite, mit der die vier Kontrahenten das Thema „City-SUV“ gestalterisch interpretieren – trotz verwandtschaftlicher Nähe. Q2 und Arona kommen im Sport-Dress, sprechen gezielt ein junges oder jung gebliebenes Publikum an. Der T-Cross entspricht noch am ehesten dem bekannten Form-Schema eines SUV, der Kamiq markiert einen Crossover. Das fließt natürlich nicht in die Wertung ein – Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Und der hat hier die Qual der Wahl.
Die Leuchteinheiten tragen ganz wesentlich zum optischen Auftritt eines Autos bei. Erfreulich, dass alle Probanden LED-Scheinwerfer in Serie an Bord haben. Halogen-Scheinwerfer gibt es für die einfacheren Ausstattungsvarianten nur noch bei Volkswagen, edles Matrix-Licht optional nur bei Audi. Und hinten? Strahlen Teil-LED-Heckleuchten mit Glühbirnen-Blinkern bei VW und Seat, führt Audi gar alle Licht-Funktionen mit klassischen Leuchtmitteln aus. Mit Matrix-Scheinwerfern (990 Euro) freilich gibt es hier Voll-LED-Rückleuchten, sogar mit Wischblinkern. Die gibt’s bei Skoda beim Ordern von Voll-LED- Scheinwerfern.
Der Q2 baut auf dem MQB der ersten Generation auf, die anderen auf der jüngeren MQB-A0-Plattform. Für den Kunden nebensächlich, zeigt das aber die engeren verwandtschaftlichen Bande von Arona, Kamiq und T-Cross auf.
Mehr oder weniger kompakt
Bei den äußeren Abmessungen folgt das Quartett einem einheitlichen Konzept mit etwa 1,78 Metern Breite und 1,55 Metern Höhe – mit nur geringen Abweichungen. Bedeutsamer freilich fällt der Unterschied in der Länge aus: Mit 4,11 Metern baut der Volkswagen am kürzesten. Das andere Extrem markiert der Skoda mit einem Längenplus von 13 Zentimetern. Das Maß kann über Lust oder Frust bei der Parkplatzsuche entscheiden. Und oft auch über das Raumangebot im Innern. Schauen wir nach!
Der Tscheche bietet mit 400 Litern einen überraschend großen Kofferraum. Dank seines Kingsize-Radstands, der den des Audi um fünf, die von Seat und Volkswagen gar um zehn Zentimeter übertrifft, fällt auch das Raumangebot für die Fondpassagiere vergleichsweise großzügig aus. Kleinwagentypische Enge gibt es hier nicht, auf der langen Reise lassen sich im Skoda Kamiq gar die Beine übereinander schlagen.
Kürzer im Aufbau, kürzer im Radstand – der Volkswagen kann hier nicht mithalten? Weit gefehlt: Die Beinfreiheit liegt annähernd auf vergleichbar-fürstlichem Niveau, das Kofferraumvolumen übertrifft den Skoda gar um 55 Liter. Das gibt’s doch nicht? Doch: Die verschiebbare Rückbank lässt dem Eigner die Wahl – entweder Mega-Koffer- raum oder top Beinfreiheit. Doch selbst in ihrer hintersten Stellung bietet der T-Cross 385 Liter.
Q2 und Arona servieren mit 405 beziehungsweise 400 Litern ein vergleichbares Laderaumvolumen. Geht es aber um das maximale Volumen bei umgelegter Rückbank, so führt kein Weg am Kamiq vorbei: Mit 1.395 Litern bietet er etwa 350 Liter mehr als der dynamisch geformte Q2. T-Cross und Arona kommen jeweils auf 1.280 Liter.
Und im Fond? Muss man bei keinem der vier Minis Sorge vor der Langstrecke haben. Der Seat bietet zwar etwas weniger Beinfreiheit, doch fällt diese nur etwa zwei Fingerbreit kleiner aus als beim Audi, der zu den anderen beiden SUV aufschließen kann. Verblüffend großzügig: die Kopf- und Ellenbogenfreiheit der Probanden. Sollen häufig drei Passagiere im Fond untergebracht werden, empfiehlt es sich, den T-Cross näher anzuschauen. Seine bequeme Bank fällt sehr breit aus. Auch gelingt hier der Zustieg besonders leicht, ist das Sitzmöbel doch hoch montiert. Auch der Kamiq steht dazu bereit, bietet er doch den luftigsten Fond mit der bequemsten Bank. Doch muss hier ein recht breiter Schweller überwunden werden, beim Arona stört die vorstehende C-Säule beim Zustieg.
SUV-Feeling oder Sportsgeist?
Auch vorne beweist der Volkswagen, dass echtes SUV-Feeling keine Frage der Größe ist. Durch den hoch montierten Sitz und das weit öffnende Portal gleitet der Pilot leicht an seinen Arbeitsplatz. Der Sitz ist straff gepolstert, toll konturiert und erfreulich großzügig dimensioniert. Er bietet etwas weniger Seitenhalt als die Fauteuils der Konkurrenten – verschmerzbar bei normaler Fahrweise –, die ansonsten ganz ähnlich ausfallen.
Die Innenraumbreite erweist sich bei allen vier vergleichbar großzügig, doch serviert der Volkswagen das luftigste Raumgefühl. Bei Audi und Seat rückt der seitliche Dachholm dem Haupt des Fahrers näher als bei VW und Skoda. In Sachen Kopffreiheit bietet Letzterer durch das große, optionale Panorama-Glasdach einen Fingerbreit mehr Platz als VW oder Audi, kann hier mit dem Seat gleichziehen.
Ablagen sind gerade auf langen Strecken gern gesehen, hier patzt keiner der Kandidaten. Auch in Sachen Bedien-Ergonomie gibt sich keiner eine Blöße. Doch fällt gerade in diesem Bereich die Gestaltung recht unterschiedlich aus: Der Volkswagen mimt hier ganz den Pragmatiker, hat den zentralen Touchscreen in die eher wuchtig geformte Armaturentafel integriert. Leichtigkeit im Design überlässt er anderen, immerhin lockert eine mit Gittern bedruckte Blende das Cockpit auf, sonst dominiert viel harter Kunststoff. Sorry Volkswagen, das machen die anderen mit ihren geschwungenen Cockpit-Tafeln besser: Seat und Skoda bieten weiche geschäumte Oberteile, farbige Akzente und beleuchtete Lüftungsdüsen (Seat) beziehungsweise edlen Chrom (Skoda). Beim Audi erwartet man ein hochwertiges Cockpit ... und wird nicht enttäuscht. Alleine das feine Rasten der Clima-Regler begeistert. Auch Arona und Kamiq setzen auf haptische Regler, die sich intuitiver bedienen lassen als die Slider im T-Cross. Die Zentralmonitore sind hier wie da wie dort höher platziert als im Volkswagen – Punkte fürs Ergonomie-Konto. Getouched wird überall, nur verschandeln beim Audi keine Fingerabdrücke den Bildschirm: Sein Touchpad ist auf dem zentralen Dreh-/Drücksteller auf der Mittelkonsole platziert, dessen sattes Klicken von Sounddesignern gestaltet wurde. Haptisch ein Hochgenuss – anders zwar in der Bedienung, doch keinesfalls schlechter.
Unterschiedliche Philosophien
Die Auslagerung der ACC-Bedienung auf einen separaten Lenkstockhebel und die beiden Bedienwalzen punktet bei Q2 und Karoq in Sachen Lenkradbedienung. Das Multi-Lenkrad des Arona kommt ebenfalls mit Bedienwalzen.
Die Gestaltung der Fonds fällt etwas einfacher aus, was sich am ehesten an den Türverkleidungen festmachen lässt. Seat und Volkswagen zeigen hier harten Kunststoff, den Audi im Bereich der Armauflagen weich aufschäumt. Hier richtet Skoda mit Stoffapplikationen und feinen Chromleisten am wohnlichsten ein.
Wie sportlich darf es denn sein?
Auf geht’s: Der 110-PS-TSI erweist sich auch in diesem Test als perfekter Allrounder, der gleicher- maßen druckvoll-souverän agiert, bummeln in langen Gängen erlaubt. Dynamik-Wünsche pariert er lässig – am besten im Seat, der den anderen auf Wunsch die schicken Rückleuchten zeigt. Audi und Volkswagen liegen längsdynamisch auf einem Niveau, der Skoda ist eine Spur langsamer. Geht es um Querdynamik und Fahrspaß, so sortiert sich das Feld neu: Besonders der Q2, aber auch der Arona lenken direkt ein, erweisen sich als enorm fahraktiv, gieren stets nach mehr. Die 18- (Seat) beziehungsweise 19-Zoll-Optionsfelgen (Audi) unterstreichen den sportlichen Charakter. Dazu kann der Audi mit der geringsten Unterstützung seiner formidablen Progressivlenkung punkten, das enorm leichtgängige Seat-Pendant passt weniger zur Hatz. Kamiq und T-Cross hingegen zeigen einen gelasseneren Charakter, wobei die 18-Zoll-Options- räder den des Volkswagen ein wenig anspitzen. Die Kehrseite wird bei der Komfortwertung offensichtlich, die der Skoda klar gewinnt – auch, weil er als einziger mit 17-Zöllern antritt. Der Volkswagen kann sich vor dem Spanier platzieren, Komfortfans freilich sollten ihm die 18-Zoll-Felgen streichen. Der Seat ist von Hause aus straffer abgestimmt, dem Q2 verhageln die flachen Flanken der 19-Zoll-Breitreifen eine Spitzenplatzierung – ein Umstand, der sich mit 1.000 Euro leicht aus der Welt schaffen ließe. Denn Audi bietet als einziger adaptive Dämpfer an, die den Fahrkomfort massiv steigern könnten. Damit hätte der Q2 wahrscheinlich die letzten beiden Kapitel für sich entscheiden können. Das straffe Setup des Test-Q2 wirkt für diese Leistungsklasse unharmonisch.
Zeitgemäß sparsam erweisen sich die Probanden beim Durchschnittsverbrauch: 6,5 Liter, der Seat etwas weniger, der Audi etwas mehr.
Jetzt haben Sie die Wahl: Eher etwas sportlicher, oder doch ganz komfortabel? Dynamisch oder klassisch geformt? So oder so: Mit keinem der vier können Sie etwas falsch machen.
Test kompakt
Vier City-SUV, vier Asse: Jedes ist uneingeschränkt erstwagentauglich, befördert vier Erwachsene bequem auf der Langstrecke – bei vernünftigem Verbrauch. Audi teilt sich das Sportabzeichen mit Seat, verwöhnt mit klasse Verarbeitung, ist aber teurer als die anderen. Am wenigsten belastet der Seat die Haushaltskasse, lockt mit frischem Design. Platz und Komfort – das stand bei Skoda im Lastenheft und wurde klasse umgesetzt. Und der Volkswagen? Erweist sich als der perfekte Allrounder, der als Referenz seiner Klasse gelten darf – trotz recht robuster Materialanmutung im Cockpit.