Joachim Fischer
· 18.03.2022
Der Audi A4 Allroad Quattro 40 TDI S-Tronic ist das Basismodell der beliebten Baureihe.Reicht der 204 PS und 400 Nm starke Diesel für das volle Allroad-Feeling?
Über sieben Brücken musst Du gehen...“ sang einst Rockbarde Peter Maffay. Nun ja, gehen muss man als Besitzer eines Automobils grundsätzlich nicht – sofern man nicht will. Doch so wie Maffay in seinem Song über zuweilen höchst widersprüchliche Gefühle klagt, mag es auch potentiellen Autokäufern ergehen: Soll ich einen bewährten Kombi nehmen oder doch eines dieser ach so angesagten SUV? Keine leichte Entscheidung, wenn man nicht – überspitzt nach Maffay – „sieben dunkle Jahre überstehen“ möchte. Wie wäre es mit einem Kompromiss: ein Crossover, der Anleihen an SUV-
Optik und -Talenten nimmt, aber zugleich die bewährten Tugenden eines Kombi mitbringt – etwa den Audi A4 Allroad 40 TDI Quattro S-Tronic.
1999 startete Audi das Allroad-Konzept mit dem A6. 2009 scherte dann der A4 in dessen Fahrspur ein, bekam ebenfalls eine Allroad-Variante. Das Rezept lautet bis heute: Man nehme einen Avant, lege ihn für mehr Bodenfreiheit moderat um rund drei Zentimeter höher, gebe ihm Quattro-Allradantrieb sowie ein Siebengang-S-Tronic-Doppelkupplungsgetriebe in Serie mit auf den Weg. Als optische Unterscheidungsmerkmale zum gemeinen Kombi spendiere man einen eigenständigen Singleframe-Grill mit vertikalen Streben und einen alufarbenen Unterfahrschutz. Seitlich gibt’s robuste Radhaus- und Schweller-Beplankungen sowie eine Dachreling. Am Heck ergänze man einen alufarbenen Unterfahrschutz. Voilá: Das war’s schon, zumindest im Wesentlichen.
Zeitgemäß sauberer und starker Diesel
Der A4 Allroad 40 TDI Quattro S-Tronic ist wie seine Brüder (45 TFSI Benziner mit 265 PS und 50 TDI Diesel-Sechszylinder mit 286 PS) ein eigenständiges Modell und bildet die Basis der A4-Allroad-Reihe. Angetrieben wird er von einem direkt einspritzenden Zweiliter-Vierzylinder-Turbodiesel mit DPF, Oxi-Kat und Twin-Dosing-SCR-Kat-System nebst AdBlue-Einspritzung für zeitgemäß saubere Abgase. Das Triebwerk leistet 204 PS und maximal 400 Newtonmeter Drehmoment bereits ab 1.750 Kurbelwellenumdrehungen pro Minute. Ebenfalls mit an Bord: ein 12-Volt-Mild-Hybrid- System mit Riemen-Starter-Generator für noch bessere Effizienz. Es sorgt ohne Beschleunigungs-Boosten für schnellere Abschaltung und geschmeidigen Restart des Motors in Segel- sowie Start-Stopp-Phasen.
Die Siebengang-S-Tronic leitet die Kräfte an den intelligenten Quattro-Ultra-Antrieb weiter, der bedarfsgerecht nur die Vorderräder oder, bei glatten Straßen, anderweitigem Schlupf oder sehr sportlicher Fahrweise blitzartig auch die Hinterräder antreibt, was den Grip perfektioniert. Im wahren Wortsinn erfahrbar wird dies insbesondere bei den Fahrleistungsmessungen. Sorry, Peter, nichts war’s mit „sieben Mal wirst du die Asche sein“. Stattdessen stürmt der A4 Allroad ohne jedwedes Durchdrehen der Pneus in 7,3 Sekunden auf 100 km/h, 18,7 Sekunden registriert die Messelektronik bis 160 km/h. Im Überholsprint von 80 auf 120 km/h vergehen 5,2 Sekunden. Endgültig Schluss ist erst bei strammen 232 km/h. Während der A4 Avant mit gleichem Antrieb aufgrund seiner serienmäßig montierten, besonders rollwiderstandsoptimierten Reifen einer Beschränkung auf 210 km/h unterliegt – tempofestere Pneus gibt’s als Option –, darf der A4 Allroad in Serie Vollgas rennen.
Im Alltags-Fahrbetrieb ist das aber eher egal. Der Diesel aus der jüngsten Evo-Generation agiert ungemein leise und vibrationsfrei, was auch ein Verdienst der ausgezeichneten Dämmung des A4 ist. Dabei hängt das Triebwerk hellwach am Gas, zeigt nur eine kleine Anfahrschwäche . Dann geht es allerdings sehr druckvoll und geschmeidig voran, den früh bereit stehenden 400 Nm Drehmoment sei Dank.
Feine S-Tronic-Abstimmung
Der S-Tronic Doppelkupplungs-Automat schaltet im besten Wortsinn unauffällig, was so viel bedeutet wie blitzschnell und natürlich ruckfrei. Je nach gewählter Stufe, D oder S wie Sport, sowie je nach eingestelltem Serien-Fahrprofil werden die Präferenzen etwas verschoben. Grundsätzlich werden spritsparende Schaltpunkte bei niedrigen Drehzahlen gewählt. Ausnahmen bilden hier nur der agile Sport- oder Dynamik-Modus sowie das Allroad-spezifische Offroad-Programm, das die Anforderungen im Gelände in den Mittelpunkt stellt. Im Schubbetrieb wird der Antrieb wenn möglich abgekoppelt, der Allroad segelt dann nur von Luft- und Rollwiderstand verzögert dahin. Beim Ausrollen vor roten Ampeln kann zudem dank des Mild-Hybrid-Systems der Motor früher ganz abgeschaltet werden, was noch einmal Treibstoff einspart. Doch keine Angst, ein leichter Tipp ans Gaspedal genügt und der Riemen-Starter-Generator tritt in Aktion, erweckt den Vierzylinder während eines Wimpernschlags wieder zum Leben. Die dafür benötigte Energie wird beim Bremsen rekuperiert. Das klingt höchst komplex. Ist es auch, aber der Fahrer bekommt von all diesen Vorgängen nur wenig bis gar nichts mit.
Hoher Aufwand, niedriger Verbrauch
Belohnt wird der technische Aufwand letztlich an der Tankstelle. Im Test-Schnitt benötigte unser Allroad 40 TDI 6,6 Liter Diesel pro 100 Kilometer – und das trotz rund 1.720 Kilogramm Leergewicht und Allradantrieb. Das ist ein ausgezeichneter Wert, der bei mehr Zurückhaltung am Gaspedal sowie unter Benutzung des Eco-Fahrprogramms noch deutlich unterschritten werden kann. Unser Minimum-Verbrauch von 4,8 Litern beweist das. Wer auf schnellen Autobahnetappen unterwegs ist, sollte sich dennoch auf gut acht Liter Diesel-Konsum einstellen. Aber auch das ist ein durchaus respektabler Wert für ein Fahrzeug der Premium-Mittelklasse. Fahrleistungen und Verbrauch passen also. Damit ist auch klar: Der A4 Allroad 40 TDI Quattro S-Tronic ist gerade als Geschäftswagen für Viel- und Langstrecken-Fahrer ein äußerst interessantes Angebot. Er bietet Platz für bis zu fünf Passagiere. Vier von ihnen reisen wirklich fürstlich, nur der Mittelsitz auf der Rückbank ist naturgemäß etwas unbequemer. Dazu gibt es mit 495 Litern einen großen, gut nutzbaren Kofferraum. Bei umgelegten Rücksitzlehnen (40:20:40) kommen weiter 1.000 Liter hinzu. Das sollte alle Bedürfnisse befriedigen können.
Ebenso das Fahrverhalten. Unser Testwagen war einerseits mit dem Allroad-spezifischen Fahrwerk mit Dämpferregelung (1.030 Euro) sowie mit optionalen 18-Zoll- Alurädern (950 Euro), bezogen mit 245/45er Sommerreifen, ausgestattet. Diese Kombination bietet sowohl hohen Abrollkomfort als auch – bei entsprechender Einstellung der Fahrprogramme – eine sportlich-straffe Abstimmung. Einfach auf Touch-Befehl, genial!
Feines Fahrwerk mit weitem Verstellbereich
So genießt man auf Langstrecke entspannt die Ruhe durch gelassenes Ausbügeln von Fahrbahnunebenheiten sowie auf der sportlichen Spritztour durchs Gebirge eine agile Auslegung, die in Verbindung mit der zielgenauen, feinfühligen Lenkung richtig Spaß macht. Dazu die unschlagbare Traktion des Quattro-Allradantriebs – was will man mehr? Ach ja, in leichtes Gelände kann man sich auch noch wagen. Hier setzten nur die Bodenfreiheit und die Straßenreifen Grenzen, die Technik könnte eigentlich noch einiges mehr vertragen. Doch das werden die meisten Allroad-Besitzer wohl eher nicht ausloten wollen. Sie genießen das wirklich höchst gelungene Design mit den stimmig gesetzten Akzenten und Beplankungen, die den Allroad im Stil der Zeit aus der Masse der A4 Avant herausstechen lassen. Noch ein Highlight: die wirklich exzellente Verarbeitung des Audi mit einer tollen Haptik und hervorragenden Materialien, die auch in der Luxusklasse Ehre machen würden.
Ab 52.000 Euro gibt es den A4 Allroad 40 TDI Quattro S-Tronic. Das sind bei einem vergleichbar üppigen Serien-Ausstattungspaket nur 100 Euro mehr als für einen S-Line A4 Avant 40 TDI Quattro S-Tronic. Doch das ist leider nur ein Teil der Wahrheit. Auf potentielle Käufer wartet eine schier unglaubliche Auswahl an Individualisierungsmöglichkeiten, die den Preis ganz schnell nochmal um 15.000 Euro steigen lassen. Verzichten muss man hier auf gar nichts. Es gibt von Lack bis Leder, von Navigation über Infotainment bis hin zu unzähligen Assistenz-Systemen wirklich alles, was das Audi- Regal bereithält. Wer hier gezielt zugreift, kann sich seinen ganz persönlichen Traumwagen zusammenstellen. Und dann fühlt man sich – letztmals frei nach Peter Maffay – „einmal wie der helle Schein“.
Test kompakt
Der Audi A4 Allroad 40 TDI Quattro S-Tronic verfügt auch als Baureihen-Basis über einen kräftigen, für alle Zwecke geeigneten, komfortablen Antrieb. Hinzu kommt noch sein ausgesprochen gelungenes Design mit SUV-Anleihen, das ihn aus der Masse der A4 Avant heraushebt. Abgerundet wird das Ganze durch ein gutes Platzangebot für Passagiere und Gepäck sowie die exzellente Verarbeitung.