Martin Santoro
· 01.07.2021
Über die Talente des Scala wurde bereits viel geschrieben. Ob der geräumige Skoda auch mit dem 90-PS-Erdgasmotor überzeugen kann, klärt GUTE FAHRT in einem drei-monatigen Intensivtest
Mit dem Scala offeriert Skoda seit 2019 einen raumopulenten Hatchback. Ein Blick auf die Technik verrät seine enge Verwandtschaft zu Seat Ibiza und VW Polo. Als längstmögliche Ausbauvariante auf der MQB-A0-Plattform überragt der Scala mit 4,36 Metern beide um 30 Zentimeter – besetzt im Grunde damit die Position des größten Schrägheck-Kleinwagens im Segment. Durch den Längenzuwachs und einem Radstand von 2,65 Meter bietet der Scala extrem viel Platz und Komfort, was ihn spürbar ins höhere Kompaktsegment hebt. In Sachen Raumfülle bot er gar dem ehemaligen Klassenprimus Golf 7 Paroli, wie es der Vergleichstest in GUTE FAHRT 10/2019 veranschaulicht.
Seine Alltagstauglichkeit hat der Scala gleich mehrfach bewiesen. Ob im oben erwähnten Golf-Vergleich mit dem 150 PS starken 1,5-Liter-Vierzylinder-Top-Benziner oder als sparsamer Einliter-Dreizylinder-TSI mit 115 PS (GUTE FAHRT 3/2020) – in jeder Hinsicht hinterließ der Scala einen erwachsenen Eindruck. Dank seines extravaganten Designs hebt sich der Tscheche sichtbar von der Masse ab, bietet reichlich Variabilität sowie die gute Verarbeitungsqualität und die neueste Technik des VW-Konzerns. Darüber hinaus erweist er sich in den fahrdynamischen Disziplinen als quirliger und komfortabler Begleiter. Als Bonus gibt es viel Auto zu fairen Preisen.
Damit wäre doch eigentlich alles gesagt. Nicht ganz. Denn es gibt gute Gründe, sich darüber hinaus auch den Erdgasantrieb anzuschauen, der den Scala G-Tec zum alternativen Streber macht, wenn die Vorteile dieses Antriebskonzeptes voll ausgeschöpft werden. Dann schreckt er in puncto Verbrauch die Diesel-Fangemeinde auf und hinsichtlich seiner Umweltverträglichkeit dürften auch Anhänger der Elektromobilität ins Grübeln kommen.
Mit Erdgas ohne Einschränkung mobil
Klimafreundlichkeit ist die Grundmotivation einer jeden Antriebsalternative – im konkreten Fall der Kraftstoff CNG als komprimiertes Erdgas. Skoda nennt als Vorteile die sehr saubere Verbrennung sowie bei gleicher Leistungsabgabe weniger CO2-Emission als mit Benzin oder Diesel. Einen weiteren Anreiz sollen die günstigen Betriebskosten ohne Alltagseinschränkungen schaffen. Erfüllt der Scala G-Tec den Anspruch an ein vollwertiges und alltagstaugliches Auto wie seine Benziner-Brüder? Oder ist der Spezial-Scala nur ein Sparmobil mit Minimalausstattung? Fragen, die wir nach einem dreimonatigen Intensivtest über 3.700 Kilometer Laufleistung ausführlich beantworten können.
Bereit stand uns ein in Titan-Blau-Metallic lackierter Scala 1.0 TGI G-Tec in der Ausstattungslinie Style – die höchste Ausstattung der CNG-Variante zum Grundpreis von 24.350 Euro. Den Einstieg ins Gas-Geschäft bildet die Linie Ambition zu 22.200 Euro, was in etwa dem Basispreis des 95 PS-Benziners entspricht. Dann sind allerdings noch keine 17-Zoll-Räder, die Zwei-Zonen-Climatronic sowie Voll-LED-Heckleuchten an Bord. Den Preisaufschlag des Style rechtfertigen zudem Technik- und Komfort-Features wie das elegante Infotainmentsystem Bolero mit Acht-Zoll-TFT, Sitzheizung für die erste Reihe und das praktische, schlüssellose Schließsystem „Easy Start“.
Gleichheit besteht beim Motorenkonzept, das sich der Erdgas-Scala mit dem Kamiq G-Tec sowie den Konzerngeschwistern Seat Arona 1.0 TGI und dem brandneuen Update des VW Polo 1.0 TGI teilt. Der quasi monovalente Einliter-Dreizylinder liefert beim Scala 90 PS bei 4.000 bis 5.500/min und 160 Nm bei 1.800 bis 3.500/min. Der Motor ist speziell auf das Verbrennen von CNG und 95-oktanigem Benzin ausgelegt. Wie das im Detail funktioniert, beschreibt der Technik-Artikel in GUTE FAHRT 3/2021. Als Speicher dienen im Scala drei Druckbehälter aus Stahl, die zusammen 14,6 Kilogramm CNG fassen. Zwei der Tanks sind platzsparend im Kofferraumboden verbaut, ein kleinerer unter der Rücksitzbank sicher verstaut. Der neun Liter große Benzintank dient im Grunde als Reserve, wenn bei leeren Erdgastanks nicht unmittelbar eine CNG-Zapfsäule zur Stelle ist.
Einen Knopf zum Hin- und Herschalten zwischen den beiden Treibstoffsorten gibt es nicht. Der Fahrer muss sich nur merken, dass CNG bevorzugt verbraucht wird und Superkraftstoff erst dann verbrannt wird, wenn die Gasspeicher leer sind. Wobei zwei Szenarien dieses Gesetz kurzfristig außer Kraft setzen: Direkt nach dem Tankvorgang wird eine geringe Menge Benzin eingespritzt, um – einfach ausgedrückt – die Wege für das Gas freizublasen. Bei Temperaturen unterhalb von minus zehn Grad startet der Motor ebenfalls mit Benzin. Es braucht dann aber nur wenige hundert Meter Fahrt, bis die doppelte Tankanzeige auf Grün für Gas wechselt.
Gas hat immer Vorfahrt
Belohnt wird der umweltbewusste G-Tec-Fahrer mit einer sauberen und leisen Verbrennung. Während der Fahrt stellten wir keine nennenswerten Unterschiede zwischen dem charakteristischen Dreizylinder-Knurren im Gas- oder Benzinbetrieb fest. Das Motörchen macht sich bei höheren Drehzahlen akustisch etwas bemerkbar, wird aber nie aufdringlich. Spontan und zügig reagiert es auf jeden Gasbefehl und das zeitig einsetzende Drehmoment ermöglicht untertouriges Fahren. Wenn es flott voran gehen soll, braucht es aber mittlere und höhere Drehzahlen. Dann begeistert der Alumotor mit einer Dynamik, die solide Messwerte liefert: 12,3 Sekunden von null auf Tempo 100 sind ordentlich, wie auch die Top-Speed von 185 km/h. Das Methan wird offensichtlich gut verwertet, zumal es mit 130 Oktan für eine Extraportion Kraft sorgt. So ist man doch überrascht von dem flotten Vortrieb, den der kleine Motor bietet. Der im übrigen die aktuell geltenden Abgasvorschriften vollumfänglich erfüllt.
Das Fahrverhalten entspricht in seiner ganzen Unkompliziertheit dem aller Scala-Modelle. Das im TGI alternativlose Handschaltgetriebe lässt sich mit wenig Kraftaufwand zielgenau bedienen. Die sechs Abstufungen wurden sinnvoll gewählt und passen gut zueinander, es entstehen keine unharmonischen Drehzahlsprünge. Beim Dahinrollen hilft die lange Übersetzung effektiv Kraftstoff zu sparen – ab Tempo 60 kann der letzte Gang aktiviert werden. Der Motor dreht hier bei 130 km/h mit 3.300 Touren.
Die Bremsen verzögern den rund 1,3 Tonnen leichten Scala fein dosierbar und zuverlässig. Ebenso erfreulich sind die präzise Lenkung und das komfortabel dämpfende Fahrwerk. Der kompakte Fronttriebler lässt sich leichtfüßig dirigieren und schwimmt behände im Stadtverkehr mit. Und obwohl die Spitzenleistung kein Anlass zu Euphorie birgt, flutscht der Skoda auf der Autobahn auch souverän auf der linken Spur.
Saubermann mit Biogas
Idealerweise mit dem grünen Kraftstoff Biomethan. Erdgas, gleich welchen Ursprungs, gelangt über das bundesweit verzweigte unterirdische Netz an Industrie und Haushalte sowie derzeit etwa 850 CNG-Zapfsäulen, die vorwiegend an normalen Tankstellen bereit stehen. Ein nicht zu unterschätzender Umwelt-Vorteil, weil das unter Druck verflüssigte Gas nicht per Transporter quer durchs Land befördert werden muss und dadurch den Lkw-Verkehr entlastet. Achten Sie doch einmal mehr auf ihren täglichen Strecken auf CNG-Tankstellen mit 100 Prozent Biomethan! Mehr als die Hälfte der Anbieter führen mittlerweile den reinen Öko-Kraftstoff. Das aus biologischen Abfällen oder durch Vergärung von Gülle gewonnene Methan wird sogar per Verordnung dem fossilen Erdgas beigemischt. Je höher der Anteil an Biogas, desto deutlicher reduziert sich der Schadstoffausstoß in der Gesamtbilanz – bestenfalls auf ein Zehntel der konventionellen Antriebe.
Eine der spannendsten Fragen bei diesem Intensivtest ist freilich die nach dem Verbrauch, der bei CNG stets in Kilogramm pro 100 Kilometer angegeben wird. Von minimal 3,1 bis hin zu maximal 5,4 Kilo CNG auf 100 Kilometer war – natürlich fahrerabhängig – alles möglich. Mit unserem Testverbrauch von durchschnitt 4,2 Kilogramm verpassten wir die praxisnahe WLTP-Norm der Werksangabe um nur knapp 0,5 Kilo. Sehr zufrieden mit dem Ergebnis erreichten wir eine Reichweite von rund 350 Kilometern im Gasbetrieb. Bei einem Kilopreis von durchschnittlich einem Euro, wird man nach dem Volltanken an der Kasse mit Rechnungen in Höhe von etwa 15 Euro belohnt. Mit Benzin gefahren hat sich ein Durchschnittsverbrauch von 6,3 Liter pro 100 Kilometer eingependelt – aber dafür kauft sich niemand ein CNG-Mobil.
CNG-Tanken ist nicht kompliziert
Erdgas tanken erweist sich als kinderleicht. Unter der Tankklappe des Scala G-Tec findet sich links neben dem gewöhnlichen Benzineinfüllstutzen der Druckanschluss für die CNG-Zapfanlage. Lediglich das Ver- und Entriegeln des Zapfhahns am Stutzen bedarf einer kurzen Eingewöhnung. Wie man die Betankung per Knopfdruck startet und stoppt, wird an den Zapfsäulen in wenigen Schritten erklärt. Der Vorgang selbst dauert etwa so lange wie das Volltanken eines Benziners oder Diesels mit 50 Litern. Etwas mehr Zeit braucht unter Umständen die Suche nach einer Erdgastankstelle. Wer das aufpreispflichtige Amundsen-Infotainment-System mit 9,2-Zoll TFT und Navi (1.250 Euro im Business-Paket) des Scala an Bord hat, kann sich direkt zur nächsten CNG-Tankstelle lotsen lassen. Unser Testwagen ohne Navi-Funktion besaß hingegen volle Schnittstellenkonformität mittels Apple Car Play und Android Auto. Beide Spiegellungen funktionierten als „Wireless Smartlink“ ohne Probleme und kabellos. Über diese Anbindungslösung lassen sich geeignete CNG-Tankstellen im Umkreis leicht finden, wenn man beispielsweise die Apps von www.gibgas.de oder www.erdgas.info im Smartphone zur Suche nutzt. Schade jedoch, dass Wireless Smartlink nicht mehr als günstige Einzeloption beim Scala G-Tec im Angebot ist, womit alternativ noch die serienmäßige Kopplung per Kabel bleibt. Oder man greift zum teuren Business-Paket mit kabelloser Smartphone-Anbindung plus Phonebox samt induktiver Ladestation. Dann lassen sich aber auch gleich Onlinedienste und die Sprachsteuerung nutzen. Sehr zu empfehlende Reisebegleiter sind auch der adaptive Abstandsassistent ACC (im Paket Reise zu 850 Euro) sowie die formschönen und straff gepolsterten Sportsitze mit integrierten Kopfstützen. Die gibt es neben Edelstahlpedalen und LED-Ambientebeleuchtung im Dynamic-Paket für 520 Euro. Erfreut haben wir uns auch am „Emotion“-Paket (1.620 Euro) mit Panoramaglasdach, verlängerter Heckscheibe und Voll-LED-Scheinwerfer.
Wie sie sehen, hält der Scala G-Tec Style neben seiner umfangreichen Serienausstattung auch reichlich Extras bereit. Die Unterschiede zum normalen Scala-Programm sind hingegen überschaubar: Ein Digital-Cockpit wird nicht angeboten und Aufgrund der Gastanks verkleinert sich das Kofferraumvolumen verglichen mit den Benziner-Versionen um rund 120 auf 339 bis 1.282 Liter. In der Praxis hat die Reduzierung bei uns nicht zu Kapazitätsengpässen geführt. Und für größere Transportanforderungen wie Anhängerbetrieb und Fahrradträger muss auf andere Erdgas-Modelle im Volkswagen-Konzern zurückgegriffen werden. Wem aber das Angebot des Scala G-Tec genügt, wird mit der Antriebsalternative CNG nicht allein an der Tankstelle seine helle Freude haben.