Martin Santoro
· 18.03.2022
Skoda surft auf einer Erfolgswelle: Der neue Fabia soll mit frischem Design, neuen Assistenten und sparsamen Antrieben Jagd in der Polo-Klasse machen und schielt dabei sogar auf größere Segmente. Im ersten Test die knackige 110 PS-Version
Einen Exkurs über die positive Entwicklung von Skoda im letzten Jahrzehnt sparen wir uns hier, wollen uns vielmehr auf den Neuzugang am unteren Ende des Portfolios, den Fabia, fokussieren. Fest steht: Die Tschechen bauen hervorragende Autos, liefern in puncto Infotainment, Assistenz und Antrieb modernste Technologie, weshalb sie sich bei uns großer Beliebtheit erfreuen.
Ausdruck des gewachsenen Selbstvertrauens ist eine inzwischen ausgeprägte Designsprache. Und so grenzt sich auch der neue Fabia optisch erheblich vom Vorgängermodell ab. Das ist mutig, schließlich kam dieses bei den Kunden gut an und zählte stets zu den Topsellern im Portfolio. Während die Karosseriegestaltung des mit 4,11 Metern um 111 Millimeter gewachsenen Kleinwagens geschärfter und muskulöser wirkt, dürfte vor allem das herausragende Raumangebot allen gefallen. Dass der Newcomer in der Breite um bald fünf Zentimeter zugelegt hat, sorgt bei Fahrer und Beifahrer für eine stattliche Bewegungsfreiheit. Auch über dem Scheitel lässt der Fabia 4 selbst großgewachsenen Staturen viel Luft, und so wähnt man sich eher in einem Kompakt- denn in einem Kleinwagen.
Spürbar mehr Platz für Hinterbänkler
Die angenehm straff gepolsterten Sitze geben seitlich ausreichend Abstützung und den Oberschenkeln eine gut nutzbare Auflagefläche. Allerdings lässt sich ein in der Höhe verstellbarer Beifahrersitz erst ab der Active-Ausstattung gegen Aufpreis bestellen. Bei dem Testwagen in der Toplinie Style zählt dieses Komfortfeature wie beim Ambition hingegen zur Serie. On top ist die Beifahrerlehne umlegbar (90 Euro). Bei Kopf- und Beinraum für die Fondpassagiere zählt der Fabia zu den großzügigsten Kleinwagen. In Bezug auf die gebotene Kniefreiheit profitiert der Neue von einem um 9,4 Zentimeter gewachsenen Radstand. Die Rückbank ist komfortabel und straff gepolstert, so dass zwei Erwachsene auch auf der Langstrecke bequem reisen.
Dass der Fabia enorm gereift ist, liegt nicht allein am Raumgewinn. Das Interieur besticht mit perfekter Ergonomie bei durchweg wertigem Ambiente und ausgeprägter Digitalisierung. Die Armaturentafel entspricht der Architektur des Scala, mit gut erreichbarem, weiter vorgerückten Infotainmentdisplay. Die vorliegende Variante mit 9,2-Zoll-TFT hält das Business-Paket samt kabelloser Handy-Spiegelung sowie Navifunktion für 990 Euro bereit. Dass man sich hinter dem extravaganten, aus dem Octavia bekannten Zweispeichen-Lenkrad in der nächsthöheren Klasse wähnt, ist ebenfalls einen Vermerk wert.
Das verbesserte Raumangebot zeigt sich auch am Kofferraumvolumen, das um 50 auf 380 Liter gewachsen ist. Damit dürfte der neue Fabia unterm Strich Vielen als Erstwagen reichen – in die teurere Kompakt-Klasse muss man nicht zwangsläufig investieren. Zudem lässt sich Transportgut bestens verstauen, erst recht bei Bestellung der beiden Simply Clever-Pakete (je 160 Euro), die praktische Ladelösungen bereit halten: Ablagekorb, Shopping-Netz, flexible Kofferraumabdeckung mit Ablagefunktion, Wende- matte und doppelter Ladeboden.
Mit der vierten Generation wechselt der Fabia auf die Konzernplattform MQB-A0, auf der auch VW Polo und Seat Ibiza basieren. Damit kommt viel neue Technik in den Kleinwagen. Neben ausgebauten Infotainment- und Kommunikationsangeboten sind es vor allem Assistenzsysteme bis zur automatischen Abstandregelung mit Spurhaltefunktion (Travel Assist, 670 Euro) und der Parkautomatik (600 Euro).
Auf der Antriebseite sind für den Fabia ein Einliter-Sauger (66 und 80 PS), der bewährte Einliter-Turbobenziner mit 95 und 110 PS sowie als Topmotorisierung der 1.5 TSI-Vierzylinder mit 150 PS erhältlich. Letzteren werden wir zu einem späteren Zeitpunkt ausgiebig prüfen. Im ersten Test geben wir hier dem Publikumsliebling Drei-
zylinder-Turbo den Vorzug.
Drei Zylinder als Formel zum Glück
Bei der stärkeren beider 1.0-TSI-Varianten ist wahlweise eine DSG-Automatik (1.500 Euro) verfügbar, in unserem Fall übernimmt eine Sechsgang-Handschaltung die Kraftübertragung an die Vorderräder. Wäre nicht bekannt, dass im Motor nur drei Zylinder arbeiten, man käme nicht auf Anhieb drauf, so leise und geschmeidig agiert der vorbildlich vom Innenraum abgedämmte kleine Evo-TSI. Kräftig tritt er an und zeigt sich drehwillig bis 6.400/min. Geschmeidig harmoniert das Triebwerk mit der manuellen Schaltung, deren Übersetzung für schaltfaule Naturen ebenso passt wie für dynamische Ansprüche. Kein Wunder, sorgt der TSI mit 200 ab 2.000/min anliegenden Newtonmeter für ausreichend Nachdruck. Leistung und Drehmoment sind für den knapp 1.200 Kilo-Fabia völlig ausreichend, wie es auch die Messwerte darlegen.
Von null auf Landstraßentempo geht es in zügigen 9,8 Sekunden. Beim Spurten wird das Getriebe bei 5.500/min geschaltet. Den simulierten Überholvorgang spult der Fabia in 6,9 Sekunden ab und ist mit 205 km/h Spitzengeschwindigkeit ein flinkes Kerlchen. Unter Interessenten dürfte der Testverbrauch von 5,8 Liter für Begeisterung sorgen. Das geht angesichts der gebotenen Fahrleistungen mehr als in Ordnung und kann bei vorausschauender Fahrweise leicht sogar mit einer Vier vor dem Komma unterboten werden. Erfreulich im Hinblick auf die ausgemachte Langstreckentauglichkeit des Tschechen ist zudem die Option auf den zehn Liter größeren 50-Liter-Tank (50 Euro), der den ohnehin vorbildlichen Aktionsradius nochmals erweitert.
Freudvolles Fahrverhalten
Die Fahrwerksabstimmung fällt im Vergleich zum Vorgänger etwas straffer aus, ohne dabei den Komfort zu kasteien. Der Fabia verarbeitet auch grobe Fahrbahnverwerfungen souverän und lässt sich bei Autobahnfahrten nicht von welligem Asphalt aus der Ruhe bringen. Nach Anregungen beruhigt sich die Karosserie rasch, die Passagiere werden nicht von stärkeren Vertikalbewegungen belästigt. Die Kombination aus gestraffter Abstimmung, präziser Lenkung und haftstarker 17-Zoll-Bereifung (Option) beschert dem Skoda eine hohe Agilität. Auf verwinkelten Straßen lässt er sich ambitioniert in Kurven aller Art werfen und gibt sich dabei ebenso neutral wie fahrsicher – keine Spur von langweiligem Kleinwagen-Feeling. Die Bremsen greifen druckvoll zu, sind gut zu dosieren und lassen sich an der Hinterhand zusätzlich mit Scheibenbremsen (150 Euro) aufrüsten.
Der Fabia-Grundpreis liegt bei 13.990 Euro. Unser umfangreich ausgestatteter 110 PS-Style kommt auf 21.890 Euro. Gibt’s noch Luft im Budget, so sind LED-Scheinwerfer für 790 Euro eine Empfehlung wie die Rückfahrkamera (290 Euro) und die Climatronic (280 Euro).
Test kompakt:
Skodas neuer Fabia ist ein Großer! Der 4,11 Meter lange Kleinwagen bietet so viel Platz, Stauraum und Technik wie viele Kompaktwagen – und dies zu Kleinwagen-Preisen. Dabei überzeugte der getestete 1.0 TSI mit 110 PS durch seinen starken und sparsamen Motor, das hohe Ausstattungsniveau, die frische Optik und die cleveren Features.