Martin Santoro
· 01.10.2021
Größer, dynamischer, emotionaler. 22 Jahre nach seinem Debüt kommt die vierte Generation des Skoda Fabia. GUTE FAHRT war mit dem tschechischen Raumwunder in Danzig unterwegs
Das noch sanfte frühmorgentliche Sommerlicht an der Ostsee umspielt die präzisen, messerscharf gezogenen Karosserie-Kanten des neuen Skoda Fabia, betont seine aufwendig modellierten und schon im Stand kraftvollen Formen. Der sportliche, erwachsene Eindruck, den wir bereits bei seiner Vorstellung (GUTE FAHRT 6/21) anhand von Bildern gewonnen hatten, bestätigt sich auch im Straßenbild von Danzig, wo der Neue seine dynamische Präsentation erlebte. Skoda wählte Polen für den ersten Auftritt mit Bedacht – ist der citypraktische Tscheche bei unseren östlichen Nachbarn sogar noch beliebter als hierzulande.
Er wirkt kompakt und steht mit seiner breiten Spur satt auf dem Asphalt. Die markante Front mit dem Skoda-Familiengesicht rückt ihn nahe an Scala und Octavia heran. Das bullige Heck prägen erstmals geteilte Rückleuchten (in LED-Auführung 160 Euro extra) mit in die Breite strahlendem Signalbild. Das Dach sitzt auf kräftig herausgearbeiteten Schultern und fällt nach hinten leicht ab, um im kurzen Dachkantenspoiler zu münden. Von der Seite betrachtet dominieren die kreisrunden, kräftigen Radhäuser, die dynamisch nach hinten ansteigenden Linien sowie die C-Säule mit sportlichem Schwung.
Die Proportionen sind harmonisch, die Karosserie-Überhänge gering. Zusammen mit den engen Spaltmaßen entsteht beim ersten Blick schon der Eindruck von höchster Wertigkeit – erst recht im neuen Farbton Phönix Orange und in der aktuellen Topausstattung Style, die uns in Verbindung mit dem 110 PS starken Einliter-Dreizylinder-TSI samt DSG-Automatik für den ersten Fahrbericht zur Verfügung stand. Wir haben quasi Fabia „mit alles“ erlebt. Und das war durchweg eine positive Erfahrung, die Skoda ab 23.390 Euro offeriert. Eine Stufe darunter kommt die mittlerweile vierte Fabia-Generation als Ambition bei gleichem Antrieb um 2.000 Euro günstiger. Den Einstieg in die neue Fabia-Welt bildet die Ausstattung Easy ab 13.990 Euro mit einem 65 PS starken Einliter-MPI-Saugmotor samt Fünfgang-Schaltgetriebe.
Auf den 1,5-Liter-Topantrieb mit 150 PS müssen wir hingegen noch bis Anfang nächsten Jahres warten. Äußerlich unterscheidet sich unser umfangreich möblierter Style nur in wenigen Details vom Grundmodell – etwa anhand von Nebelscheinwerfern im Stoßfänger, lackierten Außenspiegeln und Leichtmetallrädern statt Stahlfelgen. Hauptscheinwerfer und Rückleuchten in LED-Technik sind dagegen nun Standard bei allen Fabia-Varianten. Zwei unterschiedlich gestaltete Crystal-Light-LED-Scheinwerfer mit mehr Funktionen gibt es gegen Aufpreis zu 790 Euro.
Gleichstand herrscht auch beim Grundaufbau. Wie die frisch gelifteten Konzernbrüder VW Polo und Seat Ibiza basiert der Fabia 4 nun auch auf dem Modularen Querbaukasten MQB-A0 des Volkswagen-Konzerns. Dadurch überragt der Newcomer seinen Vorgänger in allen Dimensionen, bei nahezu gleichem Gewicht. Mit 111 Millimetern mehr Außenlänge überschreitet der Fabia erstmals die Viermeter-Marke und wächst genau genommen über die Kleinwagenklasse hinaus. Ein Plus von 48 Millimeter in der Breite (gesamt 1,78 Meter) und 94 Millimeter beim Radstand kommt den Insassen und dem Kofferraum zugute. Welch ein Zufall, dass seine Maße etwa jenen des Golf 4 von Volkswagen entsprechen, der 1999 beim Marktstart des ersten Fabia gerade aktuell war.
Mehr Platz denn je
Die bessere Raumausnutzung zeigt sich erwartungsgemäß am Kofferraumvolumen, das um 50 Liter auf 380 wächst, wodurch der neue Fabia für noch mehr Interessenten eine echte Erstwagen-Alternative wird. Maximal passen 1.190 Liter ins Fabia-Heck, womit es sich leicht verschmerzen lässt, dass eine Kombiversion noch auf sich warten lässt. Aber bereits der normale Fabia bietet wegen seiner geteilt angeordneten Rückleuchten maximale Ladebreite im Segment. Den Raumgewinn merkt man auch sofort beim Einsteigen. Innen bietet er deutlich mehr Platz als bisher.
Man sitzt vorn wie hinten bequem und luftig auf gut gepolsterten Sitzen, auch wenn zum größeren Bruder Scala (4,36 Meter Länge) noch ein Respektabstand bleibt. Dass der Fabia deutlich erwachsener wirkt, liegt nicht allein am Raumangebot und den neuen Größenverhältnissen. Im Innenraum empfängt einen perfekte Ergonomie und ein äußerst hochwertiges Ambiente, das in der Klasse künftig Maßstäbe setzt. Das Design der Armaturentafel lehnt sich an größere Skoda an, die runden Luftausströmer wirken modern, die Fabia-Schriftzüge an der Cockpitverkleidung sind pfiffig.
Die Ausstattung ist mit haptisch angenehmen Kunststoffen ausgekleidet, das Virtual Cockpit (400 Euro) und der große Infotainment-Monitor wirken kaum anders als in größeren MQB-Modellen. Und nun ab auf den Asphalt, wo die holprigen Landstraßen rund um Danzig dem Fabia-Fahrwerk reichlich Gelegenheiten bieten, sich zu beweisen. Der erste Eindruck: Das Fahrwerk ist zwar straff abgestimmt, der Federungskomfort ist trotzdem vorbildlich. Große und kleine Unebenheiten stecken die Fahrwerkselemente geflissentlich weg. Nervöse Kleinwagenallüren zeigt der Tscheche dank breiterer Spur und längerem Radstand nicht. Mühelos, solide, vertrauenerweckend zirkelt er über holpriges Geläuf hinweg und macht auch in Sachen Dynamik einen richtig handlichen Eindruck. Der Skoda wirkt agil und temperamentvoll, sperrt sich auch nicht gegen eine ambitionierte Fahrweise. In Kurven bleibt die Seitenneigung gering, die Lenkung ist gleichermaßen leichtgängig wie direkt abgestimmt.
So wedelt der Fabia mit wenig Kraftaufwand am Volant durch die Kurven, ohne einen schwammigen Eindruck zu hinterlassen. Mit dem zweitstärksten Antrieb unter der Haube ist der souveräne Auftritt kein Wunder. Der aus anderen Modellen bewährte 110 PS starke 1.0 TSI-Dreizylinder dreht willig hoch und läuft kultiviert wie vibrationsarm. Leise und geschmeidig arbeitet der kleine Evo-Motor, der wunderbar mit dem siebenstufigen Doppelkupplungsgetriebe harmoniert.
Mit seinem maximalen Drehmoment von 200 Nm zwischen 2.000 und 3.000/min kommt kein Gefühl von Untermotorisierung auf. Auch bei energischem Vorwärtsdrang behält der Antrieb gute Manieren – obwohl das Motorengeräusch etwas nachdrücklicher wird und die Gangwechsel spürbarer. Würde man heftig aufs Gas drücken, wäre der Fabia in 9,6 Sekunden von null auf 100 km/h und in der Spitze 205 Stundenkilometer schnell.
Flotter Turbo-Benziner zum Auftakt
Und wie steht´s mit dem Verbrauch? Das Datenblatt hält nach NEFZ einen Durchschnitt von 4,6 Liter auf 100 Kilometer für machbar. Was die Praxis bringt, wird in absehbarer Zeit ein ausgiebiger Test aufzeigen. Dann werden wir uns auch näher den neuen Assistenten, Bedienelementen und Konnektivitätsangeboten widmen. Klar war aber schon beim Auftritt in Danzig: Skoda ist mit dem neuen Fabia ein großer Wurf gelungen, der kluge Ideen auf kompaktem Raum mit viel Platz zu fairen Preisen bündelt.