TestSeat Tarraco FR TDI DSG 4D (200 PS) - Großraum-Sportler

Arne Olerth

 · 08.06.2021

Test: Seat Tarraco FR TDI DSG 4D (200 PS) - Großraum-Sportler

Kingsize-Kofferraum oder sieben Sitzplätze, freudvolle Dynamik und hoher Komfort – der Seat Tarraco bietet viele Vorzüge. Jetzt hat Seat sein großes SUV aufgewertet und spendiert eine neue Dieselmotoren- Generation. Im Test: der Top-TDI mit satten 200 PS

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Foto: Hardy Mutschler

Kombi oder Van? Geht es um die Neuanschaffung eines Autos, kann die über viele Jahre gültige Standard­frage am Familientisch neuerdings um eine weitere, höchst reizvolle automobile Spielart erweitert werden: die des SUV. Ehe Sie jetzt den Autor mitleidig belächeln und zu Recht auf Kinderwagen, Babysitze und Windeltaschen verweisen, gestatten Sie die Präzisierung, dass hier nicht die Klassiker der Kompaktklasse vom Schlage eines Seat Ateca oder VW Tiguan gemeint sind. Auch die raumgewaltigen SUV-Vertreter der Oberklasse lassen wir links liegen – schließlich soll die Familienkasse geschont werden. Hier ist die Rede von den großen Kompakten im SUV-Segment des VW-Konzerns – wenngleich „kompakt“ bei einer Außenlänge von mehr als 4,70 Metern durchaus relativ zu sehen ist. Sie kombinieren die Raum-Opulenz der „Dicken“ mit verträglichen Einstandspreisen.

Wie das funktioniert? Durch den Einsatz des genialen MQB-Baukastens. Der bietet neben Packaging-Vorteilen und damit einer klasse Raumökonomie auch modernste Technologien, seien es Aggregate, Infotainment oder Assistenten. Das alles zum fairen Kurs.

Seat formt darauf das wahrlich repräsentative SUV Tarraco. Doch unter der heißblütigen Linienführung des Spaniers verbirgt sich ein echter Freund der Familie, fasst sein Kofferraum doch satte 760 Liter. Das sind deren 275 mehr als beim Ateca mit Allrad-Antrieb, 110 mehr als bei der Kombi-Referenz VW Passat und nur 50 weniger als beim Luxus-SUV VW Touareg. Wow! Viel Raum für Gepäck und den Familienhund also – bei Bedarf sogar für eine dritte Sitzreihe. Der Tarraco bietet nicht nur reichlich Platz, er ermöglicht auch dessen variable Verwaltung. Orchestriert wird das von einer ingeniösen Rücksitzbank, die um 14 Zentimeter in der Länge verschoben werden kann. Zweigeteilt und in Serie. Generiert die vordere Position bereits eine gute Beinfreiheit für die Fond­passagiere so wird zurückgeschoben manch Luxuskarosse neidisch: Beine übereinander schlagen? Kein Problem im Tarraco-Fond. Zudem lassen sich die Lehnen individuell in der Neigung einstellen oder umlegen – bei bis zu 1.850 Liter Gepäckraumvolumen reist hier auch großes Sportgerät mit.

Seat spendierte dem SUV jüngst eine aufgewertete Ausstattung. Und bleibt mit den Preisen ausgesprochen bodenständig – bei starken 31.000 Euro geht´s los. Dafür bekommt man den Tarraco mit 150-PS-TSI, Handschaltgetriebe und Vorderradantrieb. Und die Ausstattungslinie Style, die mit Voll-LED-Scheinwerfern, 17-Zoll-Alufelgen, Klimaanlage und Digital-Cockpit so gar nicht nach schnöder Basis riechen will.

Wir aber schauen ans andere Ende des Aggregate-Portfolios – dorthin, wo die flammneue Diesel-Wuchtbrumme mit 200 PS angesiedelt ist. Die gibt es nur mit DSG und bei bärigen 400 Newtonmeter konsequenterweise auch nur mit Allradantrieb, der im Seat- Sprech 4Drive genannt wird. 45.300 Euro werden dafür fällig. Dafür ist hier die mittlere Ausstattungslinie Style mit ACC, Climatronic, abgedunkelten Scheiben, Rückfahrkamera, Progressivlenkung, Ambientebeleuchtung, motorisch betriebener Heckklappe und vielen weiteren Goodies mit an Bord. Zum Test freilich erschien das große SUV in der FR-Toplinie, die die Style-Ausstattung um dynamische Akzente bereichert. Heckspoiler und grau lackierte Außenspiegel, spezielle 19-Zoll-Alufelgen, Sportsitze mit integrierten Kopfstützen, fahrerseitig gar elektrisch mit Memory, und weitere Zutaten schärfen das dynamische Profil des SUV.

Überzeugender Power-Diesel

Der Testwagen kam auf 20-Zoll-Optionsfelgen, die dem großen SUV sehr gut zu Gesicht stehen. Im Paket mit den empfehlenswerten DCC-Adaptivdämpfern kosten diese nur 1.000 Euro Aufpreis. Ganz neu ist auch die Farbe „Merlot-Rot“, die das SUV eindrucksvoll in Szene setzt.

Zuerst geht´s zur Fahrdynamikmessung, auf die abgesperrte Startbahn eines Sportflughafens. Und hier kann der Top-Diesel liefern: Null-Hundert in dynamischen 7,7 Sekunden, die 160 fällt nach 20,8 Sekunden. Seinen enorm souveränen Auftritt zeigt der Tarraco auch im simulierten Überholvorgang (80-120 km/h), der in 5,5 Sekunden absolviert wird. Sehr beachtlich für 1,8-Tonnen-Leergewicht. Überhaupt begeistert der neue TDI auf ganzer Linie: Fast ansatzlos reagiert er aus dem Stand auf Gaspedalbefehle, agiert stets hellwach. Für einen Diesel gibt er sich ausgesprochen drehfreudig, dazu akustisch enorm zurückhaltend. Genügend Druck bietet er jederzeit, entspannt so das Reisen ungemein. Dazu trägt neben dem formidablen Platzangebot und den klasse konturierten Sitzen auch der gute Akustik- sowie der überzeugende Federungskomfort der DCC-Dämpfer bei. Die 20-Zöller sorgen für ein nuanciert trockenes Anfedern – Komfort-Fans belassen es besser bei 19 Zoll. Im gestrafften Sportmodus stellt der Tarraco sein südländisches Naturell unter Beweis: Richtungsanweisungen durch die sehr direkte Progressivlenkung werden ansatzlos umgesetzt, das SUV bittet zum Tanz auf kurvigem Geläuf. Das Eigenlenkverhalten bleibt dabei enorm neutral, die Wankbewegungen fallen gering aus. Traktion ist dank des Allradantriebs und der breiten 255er Pneus jederzeit gesichert. Auch die verzögerungsstarke, leicht dosierbare Bremse trägt ihr Scherflein zum großen Fahrvergnügen bei.

Der verantwortungsvolle Familienvater achtet zudem auf die Umwelteigenschaften, ein Pfund, mit dem der TDI wuchern kann. 7,2 Liter im Testverbrauch sind sehr zeitgemäß, zumal vorausschauend bewegt der Verbrauchsschnitt auch leicht unter die Marke von sechs Liter gedrückt werden kann. Zudem sorgt ein doppeltes SCR-System (Twin-Dosing) für extrem niedrige Stickoxid-Emissionen, die 80 Prozent unter dem Vorgänger liegen – zu jedem Betriebszeitpunkt.

Der Tarraco fährt auf Knopfdruck teilautonom

Gute Laune an Bord ist garantiert: Ein 8,25“-Touchscreen und DAB+ sind Serie, Online-Dienste und Handy-Koppelung ebenso. Hier bietet sich die Connectivity-Box mit drahtloser Qi-Ladefunktion an. Doch lieber Werksnavi? Das 9,5“-System ist eine überzeugende Lösung. Musikliebhabern sei zudem das klangstarke Soundsystem von BeatsAudio empfohlen. Natürlich gibt es auch das volle Arsenal modernster Assistenten – bis hin zum Travel Assist, der teilautonomes Fahren ermöglicht.

Für Gesprächsstoff am Familientisch ist also gesorgt, der Tarraco liefert wahrlich schlagkräftige Argumente.