Fahrbericht Porsche Macan 2. Facelift – Bereit fürs letzte Drittel

Joshua Hildebrand

 · 01.10.2021

Porsche Macan 2. Facelift
Foto: Porsche

Laufen? No(r) way! Wer einen Porsche auf den Lofoten bewegen darf, tut dies gefälligst! So wie wir: Mit dem neuen Macan Facelift auf Abwegen in Norwegen

Tor zum Polarkreis. So werden die Lofoten-Inseln hoch im Norden auch genannt. Die nicht nur bekannt sind für ihre atemberaubende Natur, den surreal wirkenden Landschaften. Sondern auch für malerische Traumstraßen, die sich im Wechsel an Gebirgen, Seen, Wiesen und Meeresbuchten vorbei schlängeln. Dass hier weitgehend Tempo 80 herrscht, stört uns dabei herzlich wenig. Ja, wir könnten hier ewig fahren. Liebestrunken, der wohl einzige Rauschzustand, der geduldet sein dürfte, blicken wir auf dieses unglaublich schöne Fleckchen Erde. Es ist wie ein langer Sonnenauf- und -untergang zugleich: Die Mitternachtssonne taucht Nordnorwegen in ein tiefes Orange-Rot. Ein Farbton, der dem unseres Porsche Macan zum Verwechseln nahe kommt: Papayametallic. Himmel noch mal, kann uns mal jemand kneifen? Ist das hier wirklich real? Ein Kollege auf dem Beifahrerplatz tut es: „Ja, das alles ist echt!“

Der V6-Biturbo ist eine Wucht!

Na, dann wollen wir mal … Mit dem zweiten Facelift geht der Macan erneut in die Verlängerung einer Erfolgsgeschichte. Denn, das was Sie hier sehen, ist grundsätzlich noch die allererste Generation – „never change a running system“ eben. Das Erfolgs-SUV gilt bei Porsche längst als Türöffner: Seit seinem Marktstart im Jahr 2014 und seitdem weltweit mehr als 600.000 Mal ausgelieferten Fahrzeugen kommt ihm eine besondere Rolle zu. Rund 80 Prozent aller Macan-Käufer seien Porsche-Neukunden. Zudem ist der Frauenanteil in den vergangenen Jahren konstant gestiegen und Baureihen-übergreifend am höchsten.

Der Macan funktioniert immer noch, ein neues Modell braucht es vorerst nicht. Zumindest so lange, bis auch der Macan elektrisch wird – Porsche hat dies für 2023 angekündigt. Für die Übergangszeit gibt es keinen Diesel mehr und auch keinen PHEV. Zudem übernimmt jetzt der GTS mit 2,9-Liter-V6-Biturbo und 440 PS die Rolle des Topmodells: Weil der Macan auf ein jüngeres, sportlicheres Kundenklientel abziele als der Cayenne. Und es für den Turbo – auch aufgrund der Verkaufszahlen – keinen Platz mehr gab. Nachvollziehbar, weil schon der neue Macan-Einstieg PS-technisch jetzt deutlich potenter ist: mit einem tiefgreifend überarbeiten Zweiliter-Vierzylinder-Turbo samt 265 PS und deutlich geringerem Gewicht auf der Vorderachse als es bei den beiden stärkeren V6-Modelle S und GTS der Fall ist. Vor allem das Mittel-Modell steigt dank gestrichenem Turbo-Modell in der Hierarchie nach oben.

Hier wurde der V6-Turbomotor wird durch einen deutlich stärkeren V6-Biturbo mit leicht verringertem Hubraum und 380 PS ersetzt – so viel wie der bisherige GTS leistete. Und wissen Sie was: Genau diesen haben wir jetzt unterm Hintern … Vorbei an stark zerklüfteten Küstenabschnitten, geprägt von wilddramatischer Natur. An einem riesigen Gebirgsmassiv windet sich auf spektakulärste Weise eine Straße durch den Grunnfjørfjorden an der Nordküste der Lofoten. Etwas abgelenkt von der märchenhaften Aussicht stellt unser farbenfroher Test-Macan einen herrlichen Kontrast dar. Es ist die unglaubliche Präzision, das punktgenaue Handling, die spürbare Entschlossenheit, mit der uns das Sport-SUV vorwärts bringt. So beschleunigen wir in knapp 4 Sekunden auf das Tempolimit von 80 km/h und nehmen Kurs auf die nächste Kurve.

Das 7-Gang-PDK flippt die Gang-Orgel super-schnell durch, wir schalten jedoch lieber selbst über die Lenkrad-Paddles. Der Allradantrieb bringt die Power ohne große Traktionsverluste auf die Straße, so dass wir den Vergleich mit einem D-Zug auf Schienen bringen könnten. Ein „Wow“ folgt das nächste. Dass wir mit dem S rein theoretisch knapp 260 km/h schnell fahren könnten, ist wohl eher Kopfsache: Wir könnten, wenn wir wollten. Sein muss es aber nicht. Schneller ist nur der GTS (mit Sport-Chrono-Paket: 4,3 Sek.; 272 km/h). Wir aber sind vollkommen glücklich. Und verwundert, wie groß der Performance-Sprung gegenüber dem Vorfacelift wieder mal geworden ist. Der Macan reagiert feinfühliger, verfügt über eine noch höhere Kurvenperformance und schmeichelt auf Knopfdruck mit einem noch komfortablen Fahrverhalten.

Auch ein kurzer Abstecher ins zumeist grob beschotterte Hinterland, wo hinter jeder Kuppe irgendein Tier die Straße kreuzen kann, macht er einen sehr souveränen Job. Die nochmals gesteigerte Bandbreite zwischen maximalem Federungskomfort und dynamischer Performance begründet Porsche mit einer weiter optimierten Fahrwerkstechnik. Dafür wurden unter anderem die Dämpferkennlinien neu angepasst. Ein Adaptivfahrwerk ist übrigens bei „unserem“ S-Modell und auch dem GTS serienmäßig an Bord, für den Basis-Macan optional erhältlich. Noch mehr Spiel-Raum bietet die adaptive Luftfederung (Serie nur bei GTS) mit ebenfalls überarbeiteten Dämpferparametern. Initiale Bewegung werden mit beiden Varianten nun noch früher und feinfühliger aufgefangen. Es geht hoch und runter, über teils holprig asphaltierte Straßen. Manche Kurven verdienen wohl eher den Namen „Steilkurve“.

Ein schöner Spielplatz also, um die neuen SUV-Qualitäten zu erfahren. Mit dem Luftfahrwerk schwingt der Aufbau spürbar weniger und die rückmeldungsfreudige Lenkung vermittelt viel Fahrfreude. Weil die Porsche-Ingenieure die Software neu appliziert haben. Mit dem Ziel eines noch direkteren Lenksystems. Ganz ehrlich: Die Lenkung des Vorfacelifts war fast genauso gut, wir bilden uns aber ein, im Neuen sei sie ein My direkter. Hervorragend ist jedenfalls die Steifigkeit der Karosserie, auch wenn dann mal ein Rad in der Luft sein sollte. Hallo? Ist ja immerhin ein SUV! Stärker dimensionierte Stabilisatoren tun jedenfalls ihr Übriges.

Das Fahrverhalten? Wie auf Schienen

Das Erstaunliche am Macan ist sein Sportwagen-ähnliches Fahrverhalten. Und das, obwohl der Schwerpunkt des Fahrzeugs konzeptbedingt höher liegt. Außerdem wiegt der Macan gut 2 Tonnen. Jenen Wohlstands-Speck kaschieren die Zuffenhausener Ingenieure perfekt, das muss man Ihnen lassen. Die Reifezeit hat dem in Leipzig gebauten Erfolgsmodell gut getan. So dass wir uns fragen müssen: „Was soll da noch besser gehen?“ Wieder mischt sich der klugscheißende Kollege ein: „die Bremsen!“ Wo er recht hat … Hier bietet Porsche normale Grauguss-Bremsen, neue Wolframcarbid-Bremsen (2.975 Euro) und auch Keramikbremsen (8.032 Euro) an.

Wobei es letztere nicht wirklich braucht, weil das Wolframcarbid-Derivat hier auf unseren ersten Testfahrt schon ziemlich ordentliche Verzögerungswerte bei feiner Dosierbarkeit liefert. Und schließlich verstärkt sie auch das Gefühl der Leichtfüßigkeit, weil sie scheinbar null Mühe hat, das 2-Tonnen-SUV einzubremsen. Am Rastplatz Austnesfjorden neben der Europastraße E10 haben wir jetzt einen Aufenthalt eingeplant: Von hier aus bietet sich ein unvergessliches Panorama über die magisch schöne Szenerie an der Halbinsel Sildpollneset. Das gibt uns auch die Zeit, einen Blick auf die optischen Retuschen zu werfen, die zugegebenermaßen recht behutsam ausfallen: Der Grill in der Frontschürze ist etwas sportlicher gestaltet und hat zwei vertikale Finnen in Wagenfarbe.

Apropos: Neben unserem Papayametallic gibt es auch die neuen Farben Enzianblaumetallic sowie Pythongrün (für den GTS mit Sport-Paket). LED-Hauptscheinwerfer mit neuer Grafik sind jetzt immer mit an Bord, ebenso wie komplett in Wagenfarbe lackierte Sport-Design-Außenspiegel. An der Flanke prangen nun deutlich stärker ausladende Sideblades, auf Wunsch in Wagenfarbe oder Carbon, dazu rollt jedes Macan-Modell auf jeweils einer Nummer größeren Felgen – maximal 21 Zoll sind möglich, die Wahl aus sieben neuen Raddesigns dürfte jedoch schwierig werden. Am Heck gibt es einen großen Diffusor im Stile des Taycan Cross Turismo, der beim Macan vier Endrohre, auf Wunsch auch eine etwas klangstärkere Sportabgasanlage für das S- und GTS-Modell (2.404 Euro), beherbergt.

Und auch im Cockpit hat sich der Macan gezielt weiterentwickelt: So zeigt sich die Mittelkonsole nicht mehr so überladen, haptische Knöpfe sind durch gut bedienbare Touchflächen ersetzt worden. Davor sitzt nun ein handlicherer PDK-Wahlhebel und auch die Klimafunktionen unterhalb des Infotainments werden getouched. Geblieben sind aber zwei physische Drehregler – Danke, Porsche! Weiter fällt auf, dass die Zuffenhausener die neuen Lenkräder aus dem 911 in den Macan gepackt haben und die Analog-Uhr auf dem Armaturenträger zum Serienumfang gehört. Abgerundet wird das Facelift mit neuen Ausstattungspaketen samt (Kunst-)Leder, Mikrofaser und farbigen Ziernähten. Gleich geblieben sind Raumangebot und Kofferraumvolumen (rund 500 bis1.500 Liter).

Kann mehr, kostet mehr

Es gibt da einen Haken: Alle Ausführungen sind jeweils gut 3.000 Euro teurer geworden. So startet die Basis bei 62.917 Euro, das S-Modell bei 71.723 Euro und der GTS bei 88.264 Euro. In Anbetracht dessen, dass der Macan wieder einmal besser geworden ist, ein verkraftbarer Umstand. Und damit sagen wir: „Ha det!“ – Tschüss auf norwegisch.