Wolfgang Schäffer
· 31.01.2023
Approved by Walter Röhrl. Wenn ein Porsche 964 nach Vollrestauration und Backdating auf ein 72er-Modell derart geadelt wird, hat die Werkstatt einiges richtig gemacht.
Die Unterschrift des Rallye-Weltmeisters im Motorraum nach dem Roll-out auf dem anspruchsvollen Kurs am Bilster Berg im Kreis Höxter ist als Auszeichnung zu verstehen. Walter Röhrl ist sowohl von der Optik als auch vom Motor begeistert. »Die Jungs vom Triebwerk in Schwelm haben die Autos wirklich gut hinbekommen«, sagt Röhrl. Das Fahrwerk sei recht spitz ausgelegt. Und das, obwohl noch vor Ort nach den Tipps von Röhrl die Abstimmung ein wenig entschärft werden konnte: »Die Kunden müssen auf alle Fälle wissen, auf was sie sich einlassen. Trotz der umfangreichen und technisch durchdachten Maßnahmen lässt sich ein Porsche 964 nicht mit einem aktuellen 911 vergleichen. Der Wagen reagiert halt komplett anders als ein modernes Auto.«
»Die Jungs vom Triebwerk haben die Umgestaltung der beiden 964 wirklich gut hinbekommen. Optik und Motor sind absolut gelungen.«
Genau das aber wollten die beiden befreundeten Unternehmer aus Köln, 56 und 62, die jetzt ihre Backdate-Elfer bei dtw Germany/Das Triebwerk übernehmen konnten. »Von dem Moment an, als das Auto aus der Garage rollte, hatte ich eine Gänsehaut. Die ist auf dem ganzen Weg von Köln geblieben«, erzählt der 56-Jährige bei einem Treffen in der Werkstatt in Schwelm.
Aquamarin und Dunkelgrau: Während die Entscheidung für den Motor schnell klar war, erwies sich die Wahl der Farbe als schwieriger.
Dabei ist er seinen Worten zufolge »wie die Jungfrau zum Kinde« zu seinem restaurierten Schmuckstück gekommen. »Ich war mit einem Freund in ganz Deutschland unterwegs, da er nach einem Unternehmen gesucht hat, das einen Porsche 964 nach seinen Wünschen umgestaltet. Als wir dann hier den Prototyp gesehen haben, den Christian Wilms und Stephan Rohleder auf die Räder gestellt haben, war mein Kumpel auf Anhieb überzeugt – und hat mich damit angesteckt. Das Ergebnis: Wir haben zwei technisch weitestgehend identische, in Details aber doch unterschiedliche Autos in Auftrag gegeben.« Der Backdate-Prototyp steht inzwischen in einer Sammlung.
»Das Fahrwerk ist schon sehr spitz abgestimmt. Da unterscheidet sich der 964 trotz der gelungenen Umbaumaßnahmen erheblich von einem aktuellen Elfer.« Walter Röhrl
Als Basis dienten für die beiden jetzt abgeschlossenen Projekte zwei 964 C4 mit jeweils einem 3,6-Liter-Motor, die dann in Schwelm zu C2 umgebaut wurden. »Wir haben die luftgekühlten Sechszylinder-Boxer-Triebwerke generalüberholt, nach Absprache mit den Kunden auf 3,8 Liter Hubraum erweitert und mit unserer hauseigen gefertigten Einzeldrosselklappen- und Zündanlage samt Ansaugsystem für den Boxer mit E-Gas ausgestattet. Damit steht in beiden Autos eine Leistung von 361 PS bei 7.800/min zur Verfügung«, betont Wilms. Je nach Wunsch bietet er Motoren mit 3,6, 3,8 oder vier Liter Hubraum und einem Leistungsspektrum zwischen 250 und 400 PS an. Dementsprechend tragen die Autos die Typenbezeichnungen F360, F380 oder F400 – in Zukunft. Ausnahme sind die beiden aktuell ausgelieferten Porsche. Die tragen, noch angelehnt an die PS-Leistung, das Zeichen F350 auf der Motorhaube.
In Sachen Technik und Ausstattung ist ganz nach Geschmack und Budget so ziemlich alles machbar.
Während die Entscheidung für den Motor schnell klar war, gab es ansonsten bei den Freunden unterschiedliche Vorstellungen. Schon das Thema Lackierung hatte es in sich. Der 62-Jährige konnte sich lange nicht entscheiden, benötigte Monate, ehe er sich für Dunkelgrau entschied. Der 56-Jährige hingegen diskutierte lange mit seiner Ehefrau über die Wahl der Farbe, die Breite und Tönung des Streifens – »der musste einfach sein« – und letztlich über die Frage, ob es helles oder dunkles Leder für die Sitze werden sollte. Von Aquamarin waren dann beide ebenso überzeugt wie vom Streifendesign und dem hellen Leder. Das spannt sich über moderne Schalensitze, die elektrisch verstell- und beheizbar sind.
Der Tankstutzen in der Mitte der Fronthaube ist so konstruiert, dass Zapfpistole und Schlauch ausreichend Abstand zur Karosserie haben.
Die weitere Ausstattung war dem 56-Jährigen überlassen. Einig war er sich mit seinem Freund, dass der Tunnel komplett entfernt werden sollte. »In das überholte Getriebe haben wir eine Schneckenrollensperre eingebaut, die bei Schlupf bis 100 Prozent zumacht, direkt aber wieder aufmacht, wenn der Fuß vom Gas geht«, erklärt Wilms, der auch eine eigene Schaltkulisse entwickelt hat. Die Gangwechsel erfolgen über einen Hebel im Look der 1970er-Jahre, und natürlich sind Armaturenträger, Anzeigen und Bedienelemente ebenfalls aus dieser Zeit. Besonders freut sich der Besitzer des mit Streifen verzierten Backdate-Elfers darüber, dass Wilms originale hintere Ausstellfenster in Grünglas bestellen konnte. Stolz blickt er dabei auf sein Auto. Dessen Umbau hat er während der ganzen Zeit intensiv begleitet. »Ich war fast jeden Freitag in Schwelm, um zu sehen, was sich getan hat. Zudem haben wir immer wieder über Details diskutiert und neue Ideen entwickelt, die dann umgesetzt wurden.«
Keine Frage war für die beiden Freunde, dass die Tank- und die Ölklappe wie beim Modell von 1972 mittig auf der Aluminium-Fronthaube beziehungsweise an der Flanke zu finden sind. Bei den Tankdeckeln hat dtw germany/Das Triebwerk auf die abschließbaren Edelstahlmodelle von Harley Davidson zurückgegriffen. Darüber liegen selbst gefräste Schraubdeckel aus Aluminium. Das fein eingearbeitete Wort Benzin oder Öl steht dabei aufgrund einer entsprechenden Mechanik immer gerade. Einfallsreichtum hat Christian Wilms beim Schutz vor überlaufendem Benzin oder auch Nässe beim Tanken bewiesen. Der Tankstutzen – übrigens so konstruiert, dass Zapfpistole und Schlauch immer ausreichend Abstand zur Karosserie haben, sie nicht beschädigen können – ist in einen Hundenapf aus Edelstahl eingelassen. Von dort aus führt eine dünne Edelstahlleitung durch den 87 Liter großen Tank, um dort möglicherweise angesammelte Flüssigkeit abzuleiten.
Während der Tankeinlass auf persönlichen Wunsch so platziert werden kann, gibt es hinsichtlich der dtw-Abgasanlage keine Option. Sie ist fester Bestandteil des technischen Systems und deshalb grundsätzlich im Lieferumfang der Backdate-Porsche enthalten. Wilms dazu: »Schließlich müssen wir den Sechszylinder auf geringstem Raum unterbringen und dabei die Imissionsschutz-Richtlinien erfüllen.« Da beim Umbau sowohl der Vorderwagen als auch das Heck eines F-Modells in den 964er eingesetzt werden, ist das Platzangebot eher beengt.
Dennoch haben es die Experten von dtw geschafft, an der Front große Kühler für Öl und Klima zu installieren. Kein Problem war es, dem 56-jährigen Kunden seinen Wunsch nach einer großen Brembo-Bremsanlage zu erfüllen. »Die musste einfach sein, auch aus optischen Gründen.« Zudem sollten bestmögliche Verzögerungswerte des auf 235/40-R17-Reifen vorn und 285/40-R17-Reifen hinten rollenden Backdate-Elfers erreicht werden, da der eine oder andere Ausflug auf die Nordschleife geplant ist. Etwas schwieriger war es, das ABS an den erheblich unterschiedlichen Abrollumfang anzupassen. Gelenkt wird übrigens mit einer elektrischen adaptiven Lenkung, an der Röhrl nichts zu kritisieren hatte.
Für den 62-Jährigen war die größere Bremsanlage indessen kein Thema. Dafür hatte er den Wunsch nach einer Rückfahrkamera. Deren Bild ist in einem Teil des Innenspiegels zu sehen.
Sein Freund freut sich stattdessen über ein unsichtbares Soundsystem, das Wilms und Co auf seinen Wunsch hin in das Auto eingebaut haben. Sämtliche Lautsprecher sind versteckt untergebracht. »Ein Feature, das im Prinzip überflüssig ist«, lacht der 56-Jährige. »Einen besseren Sound als den dieses Motors kann es ja kaum geben. So habe ich das Infotainmentsystem bisher ehrlich gesagt kaum genutzt, mich vor allem am Klang des Triebwerks erfreut.« Ein Sound, der letztlich auch den Rallye-Weltmeister begeisterte. Als Zeichen dafür und seiner Wertschätzung für den gelungenen Umbau adelte er beide Backdate-Porsche mit seiner Unterschrift im Motorraum.
TECHNISCHE DATEN
Porsche 911 Typ 964