Porsche-MenschenGérard Larrousse – Noch einmal mit Gefühl

Jürgen Lewandowski

 · 10.03.2023

Porsche-Menschen: Gérard Larrousse – Noch einmal mit GefühlFoto: Theodor Barth
Sichtlich begeistert sitzt Gérard Larrousse wieder in seinem Rallye-Monte-Carlo-Wagen, der aus den USA eingeflogen und in Zell am See auch artgerecht bewegt wurde.
Powered by

1971 saß Gérard Larrousse hinter dem Steuer dieses 914/6 GT – und wurde bei der Rallye Monte Carlo Zweiter im Gesamtklassement. 49 Jahre später trafen sich die beiden wieder – in Zell am See.

Gérard Larrousse hinter dem Steuer des Porsche 914/6 GT
Foto: Theodor Barth

Der 914/6 hatte es nie einfach – zu hell leuchtete 1969, als der VW-Porsche auf der IAA in Frankfurt Weltpremiere feierte, bereits das Licht des 911. Dabei war der 914 als Mittelmotorwagen perfekt für den Motorsport konzipiert und Ferdinand Piëch wusste als damaliger Entwicklungschef um die Qualitäten dieser Bauweise – schließlich fuhr er bereits mit dem 908 und vor allem mit dem 917 der Konkurrenz um die Ohren.

Die Krux war, dass Porsche mit dem Elfer so gut im Renngeschehen vertreten war – man wusste aber auch, dass der Hubraum des Elfer-Motors in den nächsten Jahren stetig wachsen würde und dass der 914/6 dessen Rolle in der Klasse bis 2 Liter Hubraum übernehmen sollte.

»Es waren so emotionale Momente, nach 49 Jahren wieder in dem Wagen zu sitzen und den Klang des Rennmotors im Nacken zu hören.«

Also wurde der 914/6 mit Werks-Know-how zum 914/6 GT verwandelt, der zwar auf Anhieb in Le Mans den Klassensieg holte und dort Sechster im Gesamtklassement wurde – doch den großen Durchbruch sollte der Sieg bei der Rallye Monte Carlo 1971 bringen, die Porsche von 1968 bis 1970 dreimal gewonnen hatte – allerdings mit dem Elfer.

»Porsche wollte den 914/6 – dessen Verkaufszahlen zu wünschen übrig ließen – unbedingt bei der Rallye Monte Carlo einsetzen, um zu dokumentieren, dass er ein echter Porsche, also ein Siegerwagen war«, erinnert sich Gérard Larrousse, einer der drei Werksfahrer, die das Werk bei dem Wettbewerb, der vom 22. bis 29. Januar 1971 stattfand, verpflichtete. Larrousse hatte den Elfer in allen Variationen zu vielen Siegen gefahren – weshalb er dem 914/6 GT kritisch gegenüberstand, »ich verstand nicht, warum wir nach drei Siegen in Reihe ein Risiko mit einem unbekannten Wagen eingehen sollten. Aber Porsche bestand auf dem 914/6.«

Also wurden drei neue 914/6 GT in Rallye-Spezifikation aufgebaut, die mit den Rallye-Piloten Björn Waldegård, Gérard Larrousse und Åke Andersson an den Start gingen – also mit dem Team, mit dem Porsche im Jahr zuvor die Plätze eins, zwei und vier errungen hatte. Mit dieser Besetzung sah man sich auf einem guten Weg – und fürchtete auch die Konkurrenz, die mit nicht weniger als sieben Renault-Alpine A110, fünf Lancia Fulvia, drei Datsun 240Z und etlichen Fiat Abarth 124 angetreten war, nicht wirklich.

Doch am Ende der Rallye Monte Carlo 1971 war die Enttäuschung groß: Björn Waldegård erreichte mit seinem Beifahrer Hans Thorszelius Rang 3 – die anderen Werksfahrzeuge waren mit Getriebe- und Kupplungsproblemen ausgefallen. Ein angeklebter Stift am Kupplungsgestänge war abgefallen. In einem internen Papier über die Sporterfolge des 914/6 GT steht lapidar: »Es begann beim ersten Werkseinsatz mit einem dreifachen Sieg des Marathon de la Route. Beim zweiten Werkseinsatz, Monte Carlo 1971, der den sportlichen Durchbruch bringen sollte, belegte es den 3. Platz. Danach wurde die sportliche Weiterentwicklung eingestellt.«

Damit war die offizielle Rennkarriere des 914/6 GT beendet, bevor sie wirklich angefangen hatte – es ist die Ironie des Schicksals, dass Lancia später mit dem Stratos, der 1972 erstmals an den Start ging, das Thema Mittelmotor im Rallye-Sport durchsetzen konnte. Aber es dauerte zwei Jahre, bis der Stratos von 1974 an zum Siegerfahrzeug wurde. Vielleicht hätte Porsche mit etwas mehr Glauben an den Wagen und dessen Technik sowie etwas mehr Geduld diese Geschichte schreiben können. Was aber nichts daran ändert, dass der 914/6 GT im Laufe der nächsten Jahre in den Händen von Privatfahrern weltweit die 2-Liter-Kategorie mit dominierte.

Doch die Zeit der Werkseinsätze war nach dem Gewinn des Marathon de la Route auf dem Nürburgring und der Enttäuschung bei der Rallye Monte Carlo beendet – ­
Le Mans war kein Werkseinsatz gewesen, hier fuhr ein werksunterstützter 914/6, der vom französischen Porsche-Importeur gemeldet wurde. Nur zehn Werksfahrzeuge hat Porsche auf der Basis des 914/6 gebaut – der Rest der Rennwagen entstand in den Werkstätten von Rennteams, denen Porsche das Know-how und die Teile zur Verfügung stellte. Heute sind dies – neben den zehn 916-Modellen − die teuersten und seltensten Vertreter dieser Baureihe. Umso seltener sind sie zu sehen oder gar zu hören. Phillip Sarofim ist der Besitzer des 914/6 GT mit der Fahrgestellnummer 914 043 141. Also des Wagens, mit dem Gérard Larrousse 1971 die Rallye Monte Carlo bestritten hatte – und als begeisterter Rennfahrer ließ es sich Phillip Sarofim nicht nehmen, diese Rarität aus den USA einzufliegen, damit er an dem Eisrennen in Zell am See teilnehmen konnte. Und was lag näher, auch den Franzosen Larrousse nach Österreich zu bitten, damit er – nach 49 Jahren – wieder hinter dem Steuer Platz nehmen konnte.

Larrousse zeigte sich beeindruckt: »Der Wagen ist für diese Form von Rennen sehr gut abgestimmt und geeignet – ich würde sogar sagen, besser als ein 911. Aber: Ich liebe eben den 911 und kann mit ihm eben perfekt umgehen – der 914/6 ist für mich auf Schnee und Eis schwieriger zu fahren. Vielleicht fehlte damals auch die Übung und Erfahrung. Heute – 49 Jahre später – hätte ich den Wagen gerne noch länger gefahren. Ich hatte das Gefühl, eine Zeitreise anzutreten.«

Der von Fans und Autogrammjägern umlagerte Larrousse war sich nicht sicher, ob er auch spektakulär genug fahren würde. »Ich weiß nicht, ob die Zuschauer es gerne noch spektakulärer haben wollten – man sieht sich ja nicht selber fahren. Vielleicht wäre es auch schneller gegangen – aber ich fühlte mich so wohl und es waren so emotionale Momente, nach einer derart langen Zeit wieder in dem Wagen zu sitzen und den Klang des Rennmotors im Nacken zu hören.«