Porsche-MenschenEine große Portion Liebe

Dani Heyne

 · 02.03.2023

Porsche-Menschen: Eine große Portion LiebeFoto: DANI HEYNE
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Sie wächst manchmal unbemerkt – und blüht dann umso schöner. Die Liebe. Bei den Wiesers und ihren Porsche kann man sie besonders stark spüren. Er mag die souveräne Sportlichkeit der verschiedenen Modelle, sie fängt all ihre Emotionen ein. So tanzen die beiden mit ihren Cabrios durchs Land, die ab zwölf Grad offen stehen. Film ab.

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Was gibt’s Schöneres, als mit dem 993 durch den paradiesischen Herbst zu cruisen? Das lieben die Wiesers an ihren offenen Porsche – die Umgebung so ungefiltert spüren zu können.
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Heute geht’s um die Liebe. Dieses großartige Gefühl. Mit den vielen verschiedenen Gesichtern. Dass es die Wiesers mal derart erwischen würde …

Das Tor misst locker vier Meter und rattert langsam zur Seite. Hat es in seinem Leben wohl schon viele tausend Male getan, und doch scheint es in den letzten Jahren mehr Freude daran zu haben. Vermutlich, weil es eine feine Sammlung ausgewählter Automobile behütet. Modelle, die Markus Wieser ans Herz gewachsen sind. Wer ihm genau zuhört, der bekommt eine Ahnung, wie groß seine Leidenschaft für Autos sein muss. Blaue und rote Planen umhüllen die Karossen. Auto-Pyjamas, innen weich f laniert – für besten Lackschutz. Über jedem Stellplatz hängt ein Kennzeichen, bedruckt mit den jeweiligen Typenbezeichnungen. Sauber. Schnörkellos. Ordentlich. Wenn Markus Wieser etwas macht, dann gründlich. Drei Autos liegen ihm besonders am Herzen. Mit ihnen möchte er heute übers Land tanzen.

Draußen drückt sich der Nebel um die Ecken, nur einen Moment lang kann sich die Morgensonne durchmogeln. Genau dann kommt Christine durch die Toreinfahrt spaziert. Kurze blonde Haare und ein herzliches Schmunzeln. »Kann’s losgehen?«

»Gleich«, ruft Markus. Und steckt geschickt die roten Kennzeichen an den dunkelblauen 911, der sich vor dem alten Tor warm brummt. Der Wagen kommt aus den USA. »Die Farbkombination hat’s hier beim 993 nicht gegeben«, erklärt er. Christine sagen Typenbezeichnungen nicht viel, sie liebt den Charakter der Autos, die Details, den Sound – und die Art, wie der Wind durch ihr Haar wuschelt, wenn die beiden sportlich auf die Alpen zufahren. »All unsere Porsche haben kein festes Dach, weil wir so gern offen fahren. Grundsätzlich ab zwölf Grad Außentemperatur«, erklärt sie und freut sich sichtlich, dass Markus den 993 öffnet. »Für mich hat der hier die schönste Innenausstattung von allen«, betont Christine und zeigt auf die beigefarbenen Sitze des Elfers. Markus mag, wie er sich fährt. Da spürt er, was er tut. Und wie das Auto darauf reagiert.

Im offenen GTS unterwegs zu sein? Ist für die beiden Entspannung pur. Gerade für lange Strecken nehmen sie gern ihren modernsten Elfer. Und schonen ihn dabei nicht. Der Wagen filtert so viel weg, strengt auch bei hohem Tempo nicht an.
Im offenen GTS unterwegs zu sein? Ist für die beiden Entspannung pur. Gerade für lange Strecken nehmen sie gern ihren modernsten Elfer. Und schonen ihn dabei nicht. Der Wagen filtert so viel weg, strengt auch bei hohem Tempo nicht an.
Gestatten: die Wiesers – ein Liebespaar, das die Leidenschaft für offene Porsche teilt. Am liebsten auf kurvenreichen Strecken.

Während das Tor der Halle langsam zurattert, reisen wir kurz in die Vergangenheit. Die Liebe im Visier. Den einen Porsche-Moment – den Zündfunken – gab’s bei beiden nicht. Dafür kann sich Markus genau erinnern, wo er Christine das erste Mal gesehen hat. »Auf der Rückbank eines Simca 1308 mit Doppelvergaser und 85 PS. Ein rotes Auto mit grauen Velourssitzen und vier elektrischen Fensterhebern. Das war am 22. Februar 1980.« Ein paar Monate zuvor hatte er das damals erst fünf Jahre alte Auto von Rost befreit.

Die Liebe zu Porsche – sie kam eher langsam zu den beiden, fast unbemerkt. Markus war 16, als er in einer Werkstatt den Aufbau eines F-Modells bestaunte. »Vor allem den f lach bauenden Motor und die tiefe Einbauposition.« Rund 15 Jahre und einige Autos später reisen beide Mitte der 1990er über die Tauernautobahn und lesen »Porsche Museum«. Markus setzt den Blinker und will sich ein Stündchen Zeit lassen. Ein ganzer Tag soll es werden; denn: »Da läuft uns der Gründer Helmut Pfeif hofer über den Weg, Jahrgang 1938 – wie meine Schwiegereltern«, erzählt Markus und schmunzelt. Zur Erinnerung: Pfeif hofer eröffnete 1982 das erste private Porsche-Automuseum Europas – in Gmünd, wo Ferry Porsche 1948 den ersten Porsche baute.

Pfeifhofer schien die Autoliebe der Wiesers zu spüren, denn er bot ihnen direkt einen 356 an. »Stark verbastelt, aber komplett«, erinnert sich Markus. »War das der Braune?«, fragt Christine?. »Genau der.« Die beiden sagen nicht sofort zu, sondern hinterlassen eine Anzahlung. Markus will sich erstmals mit Porsche – und dem 356 – im Detail beschäftigen. »Damals waren die Autos ja noch günstig«, weiß er. Da in seiner Garage alle Restaurierungen abgeschlossen waren, holte er den 356 schließlich in »einer Nacht-und-Nebel-Aktion. Christine war anfangs weniger begeistert«. Anderthalb Jahre später ist der Wagen fertig. Und trägt beide durch mehrere Sommer und noch mehr Oldtimer-Rallyes. Die Liebe wächst. »Danach ist uns immer wieder ein Porsche zugelaufen. Ingesamt hatten wir mal acht Stück zusammen. 356er, F- und G-Modelle. Eine gute Mischung.«

Den 993 gab es in dieser Farbkombination leider nicht in Deutschland. Markus Wieser hat ihn in den USA aufgespürt. Ein wunderschöner 993 – 286 PS stark.
Den 993 gab es in dieser Farbkombination leider nicht in Deutschland. Markus Wieser hat ihn in den USA aufgespürt. Ein wunderschöner 993 – 286 PS stark.

Der Boxer des 993 ist warm, der Nebel auf dem Rückzug. Die Wiesers leben nahe der Stadt Lutherstadt Wittenberg. Die Straßen schwingen sich hier durch bunt gefärbte Wälder und kommen hin und wieder der Elbe verlockend nah. Ideales Terrain für den 993, der erst sanft und dann sportlich über die Teerstreifen geführt wird. Sein 286 PS starker Sechszylinder brummt dumpf und kernig. In den Waldpassagen wirkt es, als würde der Elfer mit den Blättern verschmelzen. Christine schaut nach oben – genießt den Farbrausch.

„Wir lieben es, unsere Porsche auszuführen. Gern auch auf Oldtimer-Rallyes, auf denen Zeit und Geschicklichkeit zählen. Und nicht nur schöne Aussichten. Denn: Unsere Autos wollen wir anständig bewegen – das macht uns Freude.“

»Sie ist die einzige vollgasfeste Frau, die ich kenne«, f lüstert Markus stolz und setzt sich neben seine Frau auf einen Baumstumpf. Vor ihnen knistert der Carrera 4 GTS – Baureihe 991. »Markus wollte den Wagen in Indischrot, die Farbe ist zu aggressiv für meinen Geschmack. Das Karminrot steht ihm doch viel besser.«

Markus lacht verschmitzt. Und merkt an: »Der 991 wird der letzte neue Porsche sein, den wir uns gekauft haben. Mit dem wunderbaren Sechszylinder-Sauger. Die neuen Turbomotoren sind nicht meins.«

Auch das gehört zur Liebe: Zu wissen, was man nicht will.

Der letzte Tanz für heute – er gehört dem Boxster. Ein RS 60 Spyder, die Hommage an den legendären 718 RS 60 Spyder. Auf 1.960 Stück limitiert. »Dieser Wagen transportiert so viel Porsche-Fahrgefühl, er ist so dynamisch, so wunderbar direkt«, schwärmt Markus und öffnet das Verdeck. Christine steht noch neben dem Auto und gesteht: »Bei der Farbe der Innenausstattung denke ich immer: Schlampenporsche.« Als sie eingestiegen ist, müssen beide herzhaft lachen – denn sie wissen, wie’s gemeint ist. Der Boxster wohl auch, nach dem Warmfahren f litzt er durch die ersten Kurven vor dem nächsten Waldstück. Wie ein junger Hund dem Hasen hinterher.

Der schönste Porsche? Christine: »Von den neueren Modellen gefällt mir der Macan ganz gut. Vor allem sein schöner Hintern.« Markus grübelt noch. Dann ist er sich sicher: »Für einen guten 991 GT3 RS würde ich was investieren.« Die Porsche-Liebe – bei den Wiesers wird sie gelebt. Gestern. Heute. Und sicher auch morgen. :::

Der letzte Tanz für heute? Er gehört dem Boxster, einem der limitierten RS 60 Spyder. In dem steckt viel Porsche-DNA.
Geht’s um die volle Halle? Nein. Es geht um eine große Portion Liebe. Die haben die Wiesers – für sich und für ihre Autos. Wenn das kein Happy End ist.
Geht’s um die volle Halle? Nein. Es geht um eine große Portion Liebe. Die haben die Wiesers – für sich und für ihre Autos. Wenn das kein Happy End ist.