Matthias Kriegel
· 09.11.2022
Er war lange Kommunikationchef in Zuffenhausen – und wurde zum Mitgründer von Porsche Klassik: ein Garagengespräch mit Hans-Gerd Bode über den Zufall, die Leidenschaft und ein kostbares Gut, sein 911 Cabrio, Typ 964.
Ohne ihn hätte es Porsche Klassik wahrscheinlich so nicht gegeben. Hans-Gerd Bode würde das wohl selbst nie so formulieren, doch es gehört viel Mut dazu, im Jahr 2012 ein Print-Medium zu gründen, das sich an eine Community richtet, deren kleinster gemeinsamer Nenner die Leidenschaft für eine Marke ist. Denn eigentlich war das Internet auf dem Vormarsch, auch die deutsche Medienlandschaft entdeckte allmählich das Online-Geschäft. Die richtige Zeit für ein neues Print-Magazin? Genau die richtige, befanden Bode und seine drei Mitstreiter, die den Glauben hatten, eben den Mut –
und die Mittel. Bode, damals Kommunikationschef bei Porsche, wurde so zum Mitgründer des Magazins, von dem er heute selbst einer der größten Fans ist.
Wir treffen den 61-Jährigen in seiner Heimat, dem nordrhein-westfälischen Bergneustadt, in das er vor zwei Jahren zurückgekehrt ist. Neben dem neuen Haus hat er sich hier am Rande einer unscheinbaren Industriehalle sein zweites privates Reich aufgebaut: seine Garage. Abrollgeräusche auf dem Schotterboden des Vorplatzes und das Säuseln eines Taycan kündigen die Ankunft des Gastgebers an. Mit einem Blick gen Himmel bittet uns der rund 1,90 Meter hochgewachsene Rheinländer Richtung Untergrund. Das Wetter ist wechselhaft, typisch Bergneustadt, sagt Bode in der Hoffnung, uns später mit offenem Verdeck die Umgebung zeigen zu können. Wechselhaft wie der Anblick, der uns bevorsteht.
Nicht alle Fahrzeuge, die hier stehen, sind seine, erklärt uns Bode, als wir in die weiße Halle eintreten. Viele Plätze vermietet er oder gewährt Freunden einen Unterschlupf für ihr kostbares Gut. Er selbst beherbergt aktuell drei Exemplare: einen Mercedes 350 SL, Baujahr 2003, einen Ferrari 458 Italia, Baujahr 2012, und sein liebstes Schmuckstück, das ganz hinten parkt – ein 911 Cabrio, Typ 964 in Schwarz-Weiß, Baujahr 1993. Dass dies sein größter Schatz ist, wird nicht nur daran deutlich, wie er über den baldigen Oldtimer spricht, sondern auch an den überdimensionalen Bildern, die rundherum die Wände zieren. Ausschließlich Porsche.
Wir nehmen im Fahrerlager Platz, ein rund 30 Quadratmeter großer Raum, in dem sich Bodes automobile Leidenschaft in Miniatur entfaltet. In Vitrinen ausgestellte Modellautos zieren das Ambiente, Schaufensterpuppen tragen Rennanzüge, Barhocker, Sessel oder ein altes, zum Tisch umfunktioniertes Ölfass laden zum Verweilen ein. Und zum Lesen, denn dies ist auch Rückzugsort für den Genuss der zahlreichen Magazine und Bücher, die die Atmosphäre komplettieren. Auch hier dominierend: Porsche. Wer den Ursprung dieser Leidenschaft verstehen möchte, muss weit zurückgehen in der Geschichte von Hans-Gerd Bode.
Denn dass es dazu kam, war reiner Zufall. 1987, nach dem Germanistikstudium, kam er als 26-Jähriger erstmals mit der Autobranche in Berührung. Während der Ausbildung als Fotoredakteur bei der Agentur »Internationale Verkehrsnachrichten und Bilderdienste« stand irgendwann der erste Termin bei einem Automobilhersteller an, bei Mitsubishi. »Und ein paar Wochen später wurde ich gefragt, ob ich nicht dort in der Presseabteilung arbeiten möchte«, erinnert sich Bode. Er sagte zu, erarbeitete sich einen Namen, und bereits kurze Zeit später klopfte Opel an. Wieder ging es um Pressearbeit – und wieder die Zusage. »Opel war damals eine andere Welt«, sagt der Kommunikator. »Man hat auf Augenhöhe mit VW agiert und tolle Autos gebaut, ehe man im Strudel von GM nie mehr an die glorreichen Zeiten anknüpfen konnte.« Doch Bode war nun endgültig in der Branche angekommen, fuhr einen Opel Calibra Turbo – und war begehrt.
Nächste Station: Mercedes, als Kommunikator für den deutschen Markt. »Eine strahlende Marke, die sich im Umbruch befand«, sagt Bode. »Man warf ein Modell nach dem anderen auf den Markt. Als kleiner Junge träumt man davon, bei solchen Dingen mitzuarbeiten.« Dass dieser Traum sich bald in eine seiner größten Herausforderungen verwandeln sollte, ahnte er noch nicht.
Es ist 1997, als Bode nichts ahnend im Stuttgarter Büro sitzt und das Telefon klingelt. Die Nachricht: In Schweden ist ein Journalist bei einem Fahrmanöver mit der neuen A-Klasse umgekippt. Das Bonmot des legendären Elchtests war geboren – und Mercedes stand der Super-GAU ins Haus. Die Fachpresse stürzte sich auf den Skandal, Bode war mittendrin. »Wir mussten das irgendwie retten«, erinnert er sich mit einem leichten Anflug von Amüsement. »Heute wäre das unmöglich, das Thema würde einen dramatisch anderen Verlauf nehmen mit den sozialen Medien.« Aber das Mercedes-Kommunikationsteam hat es gemeistert – und das umgekippte Fahrzeug wurde letztlich zum Erfolg.
So ging es für Bode weiter: 1999 zu Volkswagen – und neun Jahre später wurde endlich die Marke vorstellig, der Bode auf ewig verbunden bleibt: Porsche. »Das war bereits eine Weltfirma, aber hinter den Kulissen sehr bodenständig«, erzählt Bode. »Wir haben weiter an der Marke gearbeitet, die Details geschärft. Wir steuerten die Einführung des Macan und des 918 Spyder, der den Grundstein für Porsches E-Strategie gelegt hat. Und wir haben die ersten Ideen für den Taycan angeschoben.« Doch es fehlte etwas. »Redaktionelle Geschichten kreieren, Inhalte schaffen, vor Ideen sprudeln«, sagt der Kommunikationsexperte, »das kannte man da noch nicht.« Statt Fahrberichten wollte Bode die Passion für die Marke herausarbeiten, Geschichten von Menschen und Marke erzählen. Und dann gab es erste Überlegungen zu Porsche Klassik – genau das, was Bode suchte. »Das zu unterstützen, war die beste Entscheidung. Es ist ein hochattraktives, unabhängiges Medium, das seinen eigenen Weg geht. Als begeisterter Porsche-Enthusiast spricht mich jede Ausgabe aufs Neue an. Es ist tiefgründig, es zeigt die Menschen, die diese Marke ausmachen.«
Bode nimmt einen Schluck von seinem Kaffee und greift wahllos nach einer Ausgabe. »Ich muss hier nur zufällig eine Seite aufschlagen und denke mir: ›Was für großartige Fotos! Was für tolle Menschen in ihrer Vielfalt!‹« Menschen wie er selbst, die auch ihm dieses Magazin zu verdanken haben. Für Bode ist das der Kern der Marke.
»Man verbindet Porsche häufig mit einem kostspieligen Leben«, sagt er. »Aber eigentlich ist es – im Gegensatz zu anderen Premium-Marken – viel durchlässiger. Diese Marke weckt wahnsinnige Emotionen, die dafür sorgen, dass Menschen jahrelang auf so ein Auto sparen.« Auch er selbst sei nicht als Porsche-Fan geboren. »Aber wenn du einmal in diese Community eintauchst, zum Carrera Cup gehst – dann kriegst du einen ganz neuen Draht dazu.«
Einen Draht, der nie abreißt – und den er heute mit Ausfahrten in seinem 911 Cabrio genießt. Obwohl es ursprünglich ein anderes Modell werden sollte. Ein knallgelber 911 Turbo, Typ 997, ein Prototyp, der als ehemaliges Foto- und Pressefahrzeug bereits ausgedient hatte – aber nicht zum Verkauf stand. EinenEhrenplatz in Bodes Garage hat er trotzdem. Großformatig hängt das Objekt der Begierde an der Wand, der Traum zum Greifen nah – Bode ist eben ein echter Porsche-Fan.