Thorsten Elbrigmann
· 30.01.2023
1993 galt der Porsche 968 CS mit 305 Newtonmetern als drehmomentstärkster Vierzylinder der Welt. Michael Rolfs Exemplar hat einige Besonderheiten – was gut zum Besitzer passt, denn der organisiert ganz besondere Rallyes im Zeichen der Fledermaus.
»Eigentlich ist das hier sowas wie eine Vernunftehe.« Michael Rolf schaltet vor der Kurve runter, der spanische Sportauspuff quittiert es dankbar mit leisem Grollen, leichtfüßig wedelt der 968 CS um die Kurve. Sieht eher aus wie ein eingespieltes Team. Michael Rolf erklärt: »Na ja, eigentlich fand ich den 911er als G-Modell immer klasse. Schon als Kind.« Mitte der 70er-Jahre fuhr jemand aus der Nachbarschaft bereits so einen Wagen. »Seitdem bin ich Porsche-Fan, hatte aber bislang eher neuere Modelle, aktuell ein 997 Carrera Cabrio mit Fuchs-Felgen in G-Modell-Optik.« Aber dann stand da dieser 968 CS, Auslieferung 1993 nach Belgien, dort erstmals 1994 zugelassen. Später nach England verkauft, auf der Insel seiner Klimaanlage beraubt, im Zuge eines seltsamen Ringtausches wieder nach Deutschland gekommen – und seit 2014 in Michaels Besitz. Kein G-Modell, oder?
»Stimmt, aber bei dem Kauf konnte ich nicht viel falsch machen«, erklärt der gebürtige Bielefelder. »Der Motor war frisch von Porsche überholt. Gut: Es gab optische Mängel, und auch das Fahrwerk war total verbastelt, aber der Preis war interessant. Und ich wusste, dass mir in diesem Fall genügend Geld bleibt, um die ausstehenden Arbeiten schnell angehen zu können.« So also entstehen Vernunftehen. Aber kann ein Porsche 968 CS wirklich mit Vernunft erklärt werden? Irgendwie schon. Wer heute mit Porsche-Technikern redet, der merkt, wie schnell die ins Schwärmen kommen. Der 968 ist die Krone der Transaxle-Baureihen. Zudem war Mitte der 90er Jahre die Qualität bei Porsche auf einem hohen Niveau angekommen. All das spricht für den 968.
Zeitgenössische Tester mäkelten aber durchaus am CS: zu hart, nur vier Zylinder und vom ganzen Konzept her einem Audi S2 oder einem BMW M3 allerhöchstens ebenbürtig. In Vergleichstests wurde um Zehntelsekunden gerungen, wurden Ausstattungspakete diskutiert und Schlüsse gezogen. Heute ist klar: Der Porsche 968 CS ist gereift, die Konkurrenz von damals eher gealtert.
Angeglichen: Das durch die Jahre leicht veränderte Schwarz-Perlcolor wurde beim Nachlackieren berücksichtigt
Auch wenn die Fahrgestellnummer des CS von Michael Rolf ganz eindeutig belegt, dass er einer von diesen 1.538 besonderen Porsche ist, macht doch inbsbesondere ein Detail stutzig: die Sitze. Das sind nicht etwa die leichten Schalensitze, die mit zu den 50 Kilogramm weniger beitragen, die der CS gegenüber dem normalen 968 wiegt (1.320 zu 1.370 Kilogramm), sondern es sind die bestens bekannten Sportsitze mit integrierter Kopfstütze. »So ist er ausgeliefert worden«, nickt Michael, der die Unterlagen von Porsche hat kommen lassen. Demnach wurde der Schwarz-Perlcolor lackierte Wagen am 6. September 1993 ausgeliefert. Die beim CS häufiger anzutreffenden Ausstattungen M030 Sportfahrwerk und M220 Hinterachssperre standen nicht auf der Wunschliste des Käufers. »Ehrlich gesagt, vermisse ich aber beides nicht. Und über die bequemen Sitze ist man mit Mitte 50 auch ganz glücklich«, lacht er.
Im dicken Ordner hat er Wartungsbelege mitgebracht. Nur warum der Wagen seine Klimaanlage eingebüßt hat, ist nicht ganz klar. »Die kommt aber auch irgendwann wieder rein«, ist sich Michael sicher, denn er hat bereits gut in den 968 CS investiert, den Lack, wo immer nötig, nachlackieren lassen, das Fahrwerk nach eingehender Beratung durch Porsche Classic wieder in den Ursprungszustand versetzt. Jetzt kann er vor allem den Langstreckenkomfort unbeschwert genießen, denn Michael fährt gern. Und auch gern Oldtimer-Rallyes. Privat hat er schon mehrfach die »Puddingtown Classic« organisiert. Eine zweitägige Veranstaltung, die er insgesamt fünfmal mit Freunden und Bekannten gefahren ist, erzählt Michael: »So richtig mit Roadbook und sehr schönen Zwischenstationen.« Das Logo dazu ist eine Fledermaus. Es zierte einstmals den Dracula Club in St. Moritz, eröffnet für die High Society von Gunther Sachs höchstselbst. Solch ein Logo in Verbindung mit dem eher ironischen Namen »Puddingtown« für Bielefeld (Dr. Oetker) hat schon was!
Puddingtown Classic heißt die Rallye, die Michael ins Leben gerufen hat. Das Logo dazu lieferte ein exklusiver Club, den Gunter Sachs einst eröffnete.
»Ich würde das gern mal professioneller aufziehen. Mal sehen, was die Zukunft bringt.« Michael hat noch einige Pläne. Und in denen ist der Porsche 968 CS nun ein fester Bestandteil. Denn nur mit Vernunft lässt sich der Enthusiasmus kaum erklären, den er um den schwarzen Wagen an den Tag legt. Aber der Wunsch nach einem Porsche 911 als G-Modell, der ist schon noch da. Eben weil er als kleiner Junge den vom ersten Blick an ins Herz geschlossen hat. »Irgendwann steht so einer in meiner Garage«, sagt er und grinst: »Zusätzlich!«