Porsche ClubLeo wohnt im weißen Haus

Thorsten Elbrigmann

 · 23.02.2023

Porsche Club: Leo wohnt im weißen HausFoto: Theodor Barth
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Drei Männer in der Sonne, drei herrliche Porsche 911 Targa, alle drei von 1967. So sieht ein ganz besonderer Ausflug des Porsche Club Series 0 Registry aus.

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Foto: Theodor Barth

So mit dem Bollerwagen um die Dörfer ziehen an Vatertag? Auch wenn das landauf, landab sicherlich ein alter Brauch ist – und erst recht im geselligen Rheinland: Zwei Gründe sprechen dagegen, dass das hier und jetzt stattfindet. Erstens stehen da drei ganz frühe 1967er Porsche Targa, die nur darauf warten, dass da links der Zündschlüssel gedreht wird, und zweitens haben die drei Freunde Michael, Mikel und Mark so was noch nie gemacht. Es gibt da streng genommen noch einen dritten Grund – aber: »Wenn hier heute einer dieses C-Wort sagt, dann muss er ’n Fünfer zahlen«, knurrt Michael und verschränkt die Arme vor dem weißen Shirt. Seine rheinische Frohnatur reagiert allergisch auf Virusdebatten. Alle nicken schweigend. Deal.

Gesprächsstoff gibt es auch ohne das Jahr 2020 und seine besonderen Herausforderungen genügend. Fangen wir erst mal beim wichtigsten an: den Porsche. Dreimal Targa, dreimal 1967, drei Mal Erstauslieferung USA. Das dortige Klima tut dem Blech halt gut. »Softwindow-Targa sind vollwertige Cabrios, Sicherheitscabrios – so hat sie Porsche auch beworben. Das ist der besondere Reiz an diesen Autos«, befindet Michael, und seine Freunde nicken. Geschlossen, nur das Targa-Dach ab, nur das Heckfenster offen oder eben ganz offen: Variabler geht es nicht. Und Fahrspaß bieten die agilen Porsche 911 mit ihrem kurzen Radstand sowieso – sei es als 911 mit 130 PS oder als 911 S mit 160 PS.

Und jetzt? Die Sache mit dem Planen neuer Clubaktivitäten ist derzeit ja nicht so leicht, aber in kleinem Kreise treffen geht.

»In die ganz frühen 911er, also die mit kurzem Radstand, habe ich mich schon ein wenig verliebt«, gesteht Michael und geht zu dem pastellblauen Wagen. Er öffnet die Tür, lässt sie sachte und mit wenig Kraft ins Schloss fallen. »Hörst du das?« Da ist ein Nachhall wie eine Stimmgabel, ein Piiiiiiiinghhhh, etwa vier Sekunden lang. »Das hat man nur bei ganz frühen 911«, erklärt er. Die sehr leichten Türen praktisch ohne Dämmung, ohne die spätere Sicherheitsstrebe und in originale Türgummis fallend produzieren diesen ganz besonderen Klang. »Das findest du später nicht mehr.« Die drei Targa sind alle zwischen März und Mai 1967 gebaut. Nur 1967 haben Targa eine sechsstellige Fahrgestellnummer, immer beginnend mit den Zahlen 500. 718 waren es im ersten Modelljahr. Und jeder Wagen war besonders. »Damals hat Porsche noch so gearbeitet wie zu Zeiten des 356. Das heißt: Alle Anbauteile wurden auf das Fahrzeug angepasst«, schwärmt Michael. Man kann das leicht erkennen: Jedes Bauteil trägt die letzten drei Ziffern der Fahrgestellnummer als Schlagzahlen. Bei der Motorklappe kann man das an der Falz unter den Gittern der Luftöffnung zur Mitte hin am besten sehen. Ein S dabei belegt den 160 PS starken Motor statt der Normalvariante, das T steht für den Targa.

Das Targa-Dach sitzt original bündig mit dem Scheibenrahmen und produziert absolut keine Windgeräusche. Aber es gibt auch Schwachstellen an diesen herrlichen Autos: »Das Heckfenster ist leider mit der Zeit ein Problem«, weiß Michael. In den unteren Ecken zum Targa-Bügel hin dringt irgendwann Wasser ein, sammelt sich in den Sitzmulden und dann weiter unten im »Targa-Schuh«, dem Sockel des Bügels gleich vor dem Drehstab. Man kann das vom Radhaus her sehen und fühlen. »Das ist immer der erste Griff beim Begutachten eines Autos.« Viele frühe Targa wurden aufgrund von Schäden in dem Bereich leider verschrottet. Nicht so diese drei, alle noch so ziemlich original. Der Pastellblaue sogar zu 100 Prozent original: Farbe, Innenraum, selbst die Felgen – alles unangetastet. Der S ist nach Jacksonville/Florida ausgeliefert worden. Der schwarze Wagen, auch ein S, begann sein Leben als bahamagelber 911 Targa und reiste ebenfalls in die USA – nach Palo Alto in Kalifornien –, um dann 2009 über Belgien nach Deutschland zurückzukommen.

Mit 30 PS weniger begnügen muss sich der Targa in Blutorange: kein S. Dafür aber ebenfalls ein wunderschön originaler Wagen, der lediglich einmal im Originalfarbton lackiert worden ist. Und er hat im Gegensatz zu den beiden anderen Wagen etwas neuere Sitze drin, da sie bequemer sind. »Die originalen Sitze von 1967 finde ich aber immer noch die schönsten, weil sie so filigran sind – und auch durchaus Seitenhalt bieten. Nur Kopfstützen gab es da noch nicht«, fasst Mikel zusammen. Er mag seinen orangefarbenen Wagen sehr. Ebenfalls ein kalifornisches Auto. Mikel konnte nicht widerstehen und hat den Wagen vor rund zehn Jahren gekauft, ihn bis vor Kurzem auf Mallorca gefahren und nun wieder mit nach Deutschland zurückgenommen.

»Sagt mal, können wir mal los?«, kopfschüttelnd blickt Mikel von einem zum anderen, das wellige Haar wiegt sich im Takt. »Ihr wisst doch, was wir vorhaben!« Augenzwinkern, Schlüssel drehen, Halle auf. Die Sonne blendet. Das Gemisch bei den drei kalten Boliden ist noch reichlich Fett, ein wenig Öldunst gesellt sich dazu. »So muss das klingen!« Mikel gibt Gas. Er mag den Softwindow-Targa deshalb so gern, weil man da den Motor so gut hört, wenn das Dach offen ist.

Mit Schwung geht es durch Düsseldorf. Die Leute sind draußen unterwegs, hungrig nach ein wenig frischer Luft an diesem Himmelfahrtstag. Richtung Messe geht es, entlang des Rheins, bis weiße Häuser auftauchen. Die Meute bremst rechts ran. Kurzer Anruf per Handy. »Sie kommen gleich«, weiß Michael und schaut ein wenig verschwörerisch. Schon einmal haben wir ihn ja besucht. Ihn und ein weiteres Mitglied des Porsche Club Series 0 Registry: Marc. Nicht zu verwechseln mit Mark, der uns heute begleitet. Da biegt er schon um die Ecke. Auf dem Arm: Leo. »Ich bin jetzt nämlich Patenonkel«, sagt Michael noch und ist erst mal beschäftigt. »Na, das ist ja ’ne schöne Überraschung. Ich wollte gerade joggen«, sagt Marc, barfuß und sichtlich überrascht. Inzwischen thront Leo auf einem Targa-Dach und genießt den Ausblick. Ein knappes Jahr alt und sehr interessiert am Auto. Der Papa und er steigen ein. Erster Griff: ans Lenkrad. »Ganz der Vater«, lacht Michael. Söhne folgen ihren Vätern. Und gehen eigene Wege. Kein Widerspruch, sondern ein besonderer Generationenvertrag.

Dieser Vatertagsausflug ist einem jungen Vater gewidmet, der genauso Clubmitglied ist wie die anderen drei und gut 30 weitere Personen. Seit etwa 2010 gibt es den offiziellen Porsche Club Series 0 Registry, in dem es nur um sehr frühe 911 geht. Zwei- bis dreimal im Jahr trifft man sich, hilft sich, kennt sich. Hier geht es nur um Fahrzeuge der Baureihen 911 und 912, die bis zu den Werksferien 1967 gebaut worden sind. Danach begann Porsche beginnend mit dem Modelljahr 1968 die Modelljahre anhand von Buchstaben zu kennzeichnen, beginnend mit der A-Serie, endend mit dem M 1979.

Zu dritt hatten sie seinerzeit den Club gegründet: Michael, noch ein Michael und Mikel, dem es nun in den Fingern juckt. »Lasst uns noch etwas fahren. Nachher grillen wir noch mit der Familie. Da will ich mir noch etwas Appetit holen.« Also los! Schnell verabschieden und wieder zurück ans Rheinufer und dann weiter. Kurven, Kehren, Geraden. Dann eine Bushaltestelle im Nirgendwo. Kurze Pause. Nur Mikel fährt noch eine Runde.

Mark, versierter Schrauber der Truppe und lange im PZ Bergisches Land (heute Bensberg) tätig gewesen, ist in Michaels schwarzem Targa unterwegs. Selbst baut er sich gerade auch einen auf. »Mein Vater hatte einen 911 G als 3.0 SC. Den durfte ich nur unter Beobachtung fahren. Da war der Funke übergesprungen.« Sein Traum ist ein 964 Turbo. Michael wäre das zu neu. Er steht auf alte Formen und Chrom.

Deshalb war er auch ganz glücklich über die AMCO-Guards, jene Sicherheitsbügel am pastellblauen Porsche. Die amerikanische Firma hatte in etwa den Status wie Kamei in Deutschland. »Gerade in den USA musste man die Autos vor den fetten Schlitten schützen. Wenn da so ein Schiff auf einen 911 rollt, da trifft der die Hauben. Das willst du nicht.« Von alledem ist dieses Trio verschont geblieben. Zum Glück.

Die Tour endet wieder in der Clubhalle. Vor Wärme tickend, bleiben die Targa im Halbdunkel zurück, während sich Mikel an den Grill und Mark in seine Werkstatt verabschiedet. Nur Michael hat da noch was, winkt uns heran. Unter einer Decke wartet der ursprünglich irischgrüne Porsche 911 Targa mit der Fahrgestellnummer 500008. Der achte je gebaute Targa! Wo der herkommt? Noch hüllt sich Michael in Schweigen. Derzeit versucht er, möglichst viel Originallack zu erhalten, denn der eigentlich makellose Wagen ist mal schwarz lackiert worden. »Das wird noch viel Arbeit«, meint er. Und es wird klar: Wir müssen wiederkommen.