Porsche by BuchmannLange Reise mit dem Mut zur Offenheit

Wolfgang Peters

 · 23.02.2023

Porsche by Buchmann: Lange Reise mit dem Mut zur OffenheitFoto: Theodor Barth
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Der Traumwagen ist wieder hier: Vor fast 40 Jahren wurde aus dem stolzen Porsche 928 S ein elegantes 928 S Cabrio. Eine Kreation von Rainer Buchmann und Team. Für einen drahtigen Porsche-Fan holte er es zurück nach Deutschland. In der Klassikstadt Frankfurt war es bereit für eine Probefahrt.

Sehnsucht im Blick.   In der alten Industrie-architektur ist der offene Sportwagen im Fensterrahmen ein Symbol für die Freiheit des Fahrens und für das Ende der Ziegelzeit.
Foto: Theodor Barth

Während der Dauer eines Wimpernschlags setzt an diesem schwülen Junitag des Jahres 2020 die Zeit aus. In einem einzigen Moment der plötzlichen Erinnerung blitzt die weit zurückliegende Begegnung mit diesem Automobil auf: Für meine Skizzen aus Vergangenheit und Gegenwart des Porsche 928 Cabrio, sagen wir »by Buchmann«, habe ich die Last des sommerlichen Nichtstuns abgestreift, mich verabredet mit einem Mythos (das Auto) und eine Legende (Rainer Buchmann) aus der deutschen Autohistorie getroffen.

Am Himmel des Frankfurter Industrieviertels im Osten der Stadt ziehen Gewitterwolken auf. Aber die Klassikstadt, eine gut organisierte Pilgerstätte für Autofreunde, liegt noch voll in der grellen Sonne, und es gibt nicht den Hauch eines Zweifels: Zwei Armlängen vor mir parkt tatsächlich dieser Sportwagen, von dem viele träumten und den Porsche (trotz zweier eigener Prototypen) für seine Kunden nie in Serie baute. Dennoch ist aus dem einzigen V8-Alltags-Sportwagen der Stuttgarter Marke ein Cabriolet entstanden. Genauer betrachtet waren es zwei Exemplare eines offenen Porsche 928. Beide aus dem Hause bb Buchmann in Frankfurt, eines davon ist verschollen, und das andere ist im Sommer 2020 verlockend vital und scheint zu pulsieren wie eine sinnliche Erscheinung aus dem Dunst der Vergangenheit.


TECHNISCHE DATEN

Porsche 928 S

  • Motor: Achtzylinder-V-Motor
  • Hubraum: 4.664 cm3
  • Gemischaufbereitung: Kraftstoffeinspritzung Bosch
  • Zündung: keine Angaben
  • Maximale Leistung: 310 PS (228 kW) bei 5900/min
  • Länge/Breite/Höhe/Radstand: 4.445/1.835/1.280/2.500 mm
  • Höchstgeschwindigkeit: 255 km/h
  • 0–100 km/h: 6,2 s

Vor nicht ganz 40 Jahren bin ich diesem Exemplar schon einmal sehr nahe gestanden. Es parkte auf einer attraktiv schrägen Ebene auf dem 1983er Automobil-Salon in Genf unter dem großen Stand-Kürzel »B & B«, und es war schon damals ein Traumwagen: Rainer Buchmann, gefühlt schon seit immer in der Auto-Veredler-und -Veränderer-Branche tätig, hat über die Jahre zwar den jugendlichen Haarschnitt, aber weder seinen technik- und designaffinen Enthusiasmus noch sein vorzügliches Erinnerungsvermögen verloren: »Wir hatten zuvor schon einen Porsche zum Targa umgebaut, aber ich wollte aus dem 928 ein richtiges Cabrio machen, ich kaufte also eine Rohkarosserie bei Porsche, bestückte sie mit den Aggregaten des 928 S und hatte schon einen Kunden dafür.« Über eine private Verbindung interessierten sich im März 1982 einige Mitglieder der spanisch-kubanischen Spirituosendynastie Bacardi für das stolze Cabriolet.

Aus dem Interesse wurde ein Kauf, das Auto kam sorgsam verpackt per Luftfracht nach Miami und wurde dort mit einer schönen Feier bei ein paar Gläsern Rum übernommen, auf den Bahamas bewegt und tauchte dann in Spanien wieder auf. Buchmann sehnte sich irgendwie Jahre später nach dem offenen 928, er trieb den spanischen Besitzer auf, erwarb das von Weiß auf Blau neu lackierte Cabrio: Das Interieur war mitsamt der Original-Hightech-Computeranlage für Instrumente und Bedienung in blaues Leder eingekleidet, und Buchmann führte den offenen 928 S auf Achse von Lyon aus nach Frankfurt. Ihm schien »das Schaltgetriebe etwas locker zu sein«, und auch der Auspuff konnte Zuwendung vertragen. Kurz vor der heimischen Garage fiel dann die gesamte Lichtanlage aus. »Wir haben das Auto ins Ziel geschoben«, sagt Buchmann, und man sieht ihm das Vergnügen über die Rückkehr dieses Stücks deutscher Automobilhistorie an.

Heute ist der Eigner ein vom ewigen Porsche-Gedanken bewegter Unternehmer, der einen modernen 911 Turbo Coupé mit sehr dezenten Rainer-Buchmann-Modifikationen fährt. Elmar Schneider erfreut sich beim Blick auf den offenen 928 der »Abwesenheit von Spoilern vorn und hinten«, der »harmonischen Linien« und der leicht veränderten Frontpartie, die den Ausnahme-Porsche selbstbewusster auftreten lässt.

Weil das Blechdach des 1,5 Tonnen wiegenden und 4,45 Meter langen Porsche 928 (Top-Speed 255 km/h) eine Art von Rückgrat für die gesamte Karosserie war, kam es auf dem Weg zum Cabriolet nicht allein auf den Dachverzicht an. Unter dem Blech des dachfreien 928 wurde geschweißt und angepasst, Schweller und Dachsäulen wurden geöffnet und mit Profilstahl verstärkt. Buchmann sagt, für das Design wurde festgelegt, den Charakter des 928 als neuzeitlichen Reisewagen zu erhalten.

In der Tat ist der fast 40 Jahre alte 928 S ohne Stahldach ein ungewöhnlich modernes Auto. Buchmann war mit seinem Tastenlenkrad (weltweit patentierte bb-Lösung mit zehn Funktionen zur Bedienung) und dem digitalen Armaturenträger (das mit Peter Roggendorf entstandene System wurde damals auf DINFO getauft) vielen automobilen Entwicklungen voraus: »Es war das erste frei programmierbare Computersystem im Auto«, erinnert sich Buchmann. Er war aber auch in seiner Formensprache und in seiner Empfindsamkeit für stilsichere, gleichwohl mitunter spektakuläre Modifikationen ein Avantgardist. Und ist es noch heute, dabei grämt er sich kaum über die einstige Verschlossenheit der etablierten Konzerntechniker gegenüber seinem Fortschrittsdenken.

Als Elmar Schneider den offenen 928 S mit dem leicht und willig hochdrehenden 4,7-Liter-V8 bewegt, ist das Gewitter schon sehr nahe. »Aber er hat auch ein sehr gutes Verdeck, in einem dunklen Blau«, ruft Schneider herüber und schaltet in den dritten von fünf Vorwärtsgängen. Für dieses Auto bleibt sogar ein Gewitter mal stehen während eines Wimpernschlags.