Porsche 911 by MindtBentley Boy

Thomas Fuths

 · 10.11.2022

Porsche 911 by Mindt: Bentley BoyFoto: Thorsten Doerk
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Seit 2021 ist Andreas Mindt Chefdesigner von Bentley. Über mehr als ein Jahrzehnt baute er sich privat einen 911 im Stil des legendären 550 Spyder auf. Es wurde ein einzigartiger Porsche.

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Foto: Thorsten Doerk

Dies ist die Story über einen Porsche 911 Spyder der F-Serie. Gibt es nicht? Doch, gibt es. Er hat ja sogar ein Kennzeichen: WF SP 550H. WF steht für Wolfenbüttel, SP für Spyder, 550 für den legendärsten aller offenen Porsche und das H für die historische Basis dieses Zweisitzers. Sie verließ 1973 das Werk in Zuffenhausen. Damals, vor fast 50 Jahren, war dieser Porsche ein Targa. Der Kreateur und Eigentümer dieses wundersam puristischen und radikal offenen 911 ist ein Deutscher, der in England lebt. Da fährt er privat einen silbernen Bentley Arnage, Baujahr 2000. Weil er den Wagen sehr mag. Und weil er die Geschichte von Automobilen und Automobilmarken aufsaugt. Der der Mann ist Designer. Chefdesigner von Bentley. Andreas Mindt. Aufgewachsen vor den Toren der Autostadt Wolfsburg. Denn der Vater war ebenfalls Designer und arbeitete einst für GM und Volkswagen. Das Kreative und Automobile liegt hier also in den Genen. Schon der junge Andreas Mindt hat gnadenlos gut zeichnen können. Wobei er sagt, dass es jeder lernen könne. Tiefstapler. So ganz nebenbei hat Mindt – da war er schon Designer – mit seinen Zeichnungen mal eben einen renommierten Wettbewerb gewonnen. Veranstaltet vor zwei Jahrzehnten in England mit Teilnehmern aus aller Welt.

In der Jury saßen Größen wie Formel-1-Pilot Jody Scheckter und der autobegeisterte Superstar Chris Rea. »Ich war ja damals schon Autodesigner, und das wollte ich auch bleiben und kein Maler werden. Ich habe da nur zum Spaß mitgemacht.« Die kleine Episode verdeutlicht, dass der analytische Automobilexperte Andreas Mindt ein hochkreativer Geist ist. Dieser Mix aus analytischer Denkweise, technischer Versiertheit und großer Kreativität hat ihn zu einem der Großen seiner Zunft gemacht. Erst war er bei Volkswagen. Dann übernahm er die Leitung des Audi-Exterieur-Designs. Nun also Bentley, Director of Design. Einer, der sich begeistert für das, was er macht. Die legendären Bentley Boys hätten ihren Spaß an seinem Know-how gehabt. Der Designer will die Marke verstehen, ihre Geschichte, ihre Produkte. Und er versteht sie: »Die Bentleys können Status auf der einen Seite und Dynamik auf der anderen. Und das ist das Spannende daran. Im Jahr 2003 hat Bentley Le Mans gewonnen und gleichzeitig der Königin von England ein Auto geliefert. Le Mans Car und Queens Car.

Das ist in der Automobilindustrie wirklich einzigartig.« Genauso einzigartig wie sein Porsche 911 Spyder »Ich habe zehn Jahre lang daran gearbeitet, oder zwölf. Das war ein ewiges Projekt.« Wie kommt einer darauf, solch ein Auto zu entwerfen und in weiten Teilen selbst zu bauen? »Ich bin ein großer Fan vom Porsche 550. Ich liebe dieses Auto, habe es auch gemalt und dabei richtig entdeckt. Diese Porsche-Ära finde ich total fantastisch. Doch ein 550 Spyder ist halt super selten. Du kommst da nicht ran. Und du brauchst wahnsinnig viel Geld. Und eine Replika geht gar nicht. Weil das eben nachgemacht und nicht das Original ist.« Kaum zu bekommen, extrem teuer, kein Original – Normalsterbliche sind an dieser Stelle raus. Doch ein Automobildesigner nicht: »Ich habe mich gefragt: ›Wie kann ich etwas Besonderes machen, das so aus seiner Zeit hätte kommen können?‹« Und er taucht weiter ein: »Als der Porsche 911 entwickelt worden ist, entstand auch der Porsche 904.

Es war der erste Rennporsche, den man nicht mehr mit Blech-, sondern Kunststoffkarossen gebaut hat. Heinkel hat ja diese Karosserien für Porsche gefertigt. Porsche hat den Gitterrohrrahmen gemacht und einen Motor reingesetzt. Da ist man also vom Blechrennwagen zu den Kunststoffrennwagen übergegangen. Und was wäre passiert, wenn die das nicht gemacht hätten? Dann wäre dieser 911 vielleicht eine Antwort gewesen.« Ein faszinierender Gedanke. Und er klettert in seinen 911 Spyder, dessen Karosserie im 904-Stil an einem eigens gefertigten Gitterrohrrahmen hängt: »Der 911, radikal wie ein 550.« Doch es steckt noch mehr Profession in diesem Auto: »Ich habe immer davon geträumt, Exterieur und Interieur zusammenzubringen. Und das ist exakt das.« In der Tat: Sobald du dich in diesen Porsche setzt, verschmelzen der im Innenraum sichtbare Gitterrohrrahmen und die Karosserie samt den Kotflügeln zu einer Einheit.

Mindt: »Das Tolle am Elfer ist: Du siehst die Kanonen vorn. Und hier laufen die Kanonen nun einmal durchs Auto. Du hast sie vorn, seitlich und hinten. Das hatte der Glöckler-Porsche auch – quasi der Vorgänger des 550. In dem Wagen sind überall Inspirationen aus der Historie von Porsche drin.« Das Finish des Umbaus war zugleich der Anfang einer weiteren Geschichte. Denn Andreas Mindt hat den Plan, mit diesem Auto irgendwann bei der amerikanischen »Bonneville Speed Week« auf einem Salzsee einen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen: »Ein Bugatti Veyron hat eine Stirnfläche von 2,4 Quadratmetern, ein Porsche 911 hat 1,7, dieser Wagen hat 1,1.« Die Aerodynamik ist genial. Mehr noch: »Der 911 hat einen flachen Boxer. Und noch nie hat jemand das Motorkonzept in dieser Art mit dem Karosseriekonzept verbunden. Das ist das erste Mal bei einem Auto.« Diesen Ansatz gab es zuvor nur bei Propellerflugzeugen. Mindt: »Es ging damals darum, Kühler und Flächen kleiner zu machen. Dies ist die gleiche Denkweise. Und das möchte ich ausprobieren. Auf dem Salzsee. Ich möchte einen Rekord fahren. Das ist ein weiterer Grund, weshalb ich den Wagen gebaut habe.« Eine coole Idee; den Bentley Boys hätte sie gefallen!