Arne Olerth
· 18.02.2022
Cupras limitiertes Formentor-Sondermodell VZ5 rockt: Mit Audis legendärem Fünfzylinder sorgt das Heißblut für Fahrspaß satt – nicht nur auf der Rennstrecke
Eins, zwei, vier, fünf, drei – diese einer Mathe-übung für Erstklässler anmutende Zahlenfolge beschleunigt Motorenfans und Audi-Enthusiasten gleichermaßen den Puls. Hier geht es um die Zündfolge einer der großen Ikonen der Motoren-Geschichte – dem legendären Fünf-zylinder aus Ingolstadt. Besonderes Kennzeichen: sein unverwechselbarer Sound. Dieser entsteht durch abwechselndes Zünden benachbarter und weit entfernter Zylinder, was für herrlich unrhythmische Abgaswellen sorgt.
Los ging es 1977, als Audi die zweite Generation des Audi 100 in der Oberklasse verankern wollte. Dort gehört ein Sechszylinder zum guten Ton, der aufgrund der Einbaulage beim neuen C2 – Reihenmotor, längs montiert – aber nicht unter die fesche Haube passen wollte. Die findigen Audi-Ingenieure ließen daher einen Zylinder weg, reduzierten so die Motor-Längeund schon passte er unter die Haube – die Geburtsstunde des ersten Fünfzylinder-Benzinmotors. Die Laufkultur reichte fast an den Sechszylinder heran, seine Effizienz war deutlich besser. In die Herzen der Fans aber fuhr sich das Aggregat Turbo-druckbeatmet im Urquattro der Achtziger Jahre und dessen Sport-Derivaten. Walter Röhrls legendäre Rekordfahrt auf den Pikes Peak 1987 brannte den Fünfzylinder-Soundtrack endgültig unauslöschbar in die Annalen der Motorsport-Geschichte.
Hauptdarsteller mit fünf Zylindern
Was das alles in einem Cupra-Test zu suchen hat? Nun, das ist wahrscheinlich noch spektakulärer als der eigentliche Motor. Gehört der aufgeladene Fünfender wie kein zweiter Antrieb zur Marken-DNA, so kam dieser in den letzten Jahrzehnten ausschließlich in Audi-Fahrzeugen zum Einsatz. Zwar kursierten immer wieder Gerüchte über den Einsatz in einem Super-Golf von Volkswagen – umgesetzt wurde eine Serienversion aber nie.
Offensichtlich konnten die Audianer den exklusiven Einsatz ihres Ausnahme-Triebwerks mit Hauen und Stechen verteidigen. Bisher. Denn jetzt darf der
R5 den Formentor aus dem Hause Cupra befeuern – mit stolzem Kürzel „VZ5“ im Namen. Ein wenig leistungsreduziert und streng limitiert auf 7.000 Einheiten zwar, doch schlug dieser Coup ein wie eine Bombe. Ob die vor Jahren gepflegte enge Kooperation zwischen der Cupra-Mutter Seat und Audi den Weg bereitet hat oder nicht ist letztendlich zweit-rangig – das in Blech gegossene Resultat sorgt bei Petrolheads für mehr Aufregung als manch Sportwagen-Pretiose.
Und heute wartet er auf dem Parkplatz vor der Redaktion auf uns. Zugegeben: Ein wenig aufgeregt sind wir, als wir mit dem Cupra-Schlüssel in Händen die Treppen hinunter eilen. Das atemberaubend gezeichnete CUV präsentiert sich komplett in „Magnetic Grey Matt“, was den Auftritt mit einer Spur Exzentrik würzt. Die kupferfarbenen Kontraste an Markenemblem und Felgen kommen damit besonders gut zur Geltung. Doch zeigt sich der VZ5 einem schüchternen Formentor 1.5 TSI mit 150 PS und entsprechendem Optionslack wie aus dem Gesicht geschnitten – die Unterschiede des Super-Formtors an der Front fallen nur dem Kenner auf. Im Wesentlichen ist dies ein Splitter aus Carbon, die konturierte Haube, die charismatisch nach innen gepfeilten Scheinwerfer, den sechseckigen Kühlergrill und die seitlichen Kühllufteinlässe in Reißzahn-Optik tragen alle Formentor.
Dass die Beplankungen der Türen unten und die Radhaus-Blenden VZ5-Exklusiv seidenmatt gehalten sind? Eine feine Note bestenfalls. Mehr Drama freilich zeigen die schwarzen 20-Zöller, die eine Nummer größer ausfallen als sonst möglich. Auch die 255/35er Pneus sind breiter als gewohnt. 18-Zoll-Bremsscheiben und 6-Kolben-Bremssättel sind genauso der Potenz des Antriebs geschuldet wie die breitere Spur und eine 10-Millimeter-Tieferlegung.
Ein Statement – die Anordnung der Endrohre
Am Heck, und das werden wohl Viele zu sehen bekommen, trägt der VZ5 kräftiger auf: Hier formen zwei diagonal übereinander platzierte Doppelend-rohre in Kupfer einen wahrhaft exklusiven Abschiedsgruß – Sie wissen schon: eins, zwei, vier, fünf, drei –, eingerahmt von einem Diffusor aus Carbon.
Die Cupra-Designer spendierten dem Formentor ein aufregend geschneidertes Interieur, das gleichermaßen luftig wie hochwertig gehalten ist. Kupferfarbene Kontraste an Lüftungsdüsen und Lenkrad sowie entsprechend gehaltene Ziernähte künden von viel Liebe zum Detail. Ein Digital-Cockpit, den zentralen Touchscreen und ein Multi-Sportlenkrad bieten alle Versionen, der VZ5 kommt hier mit Bedien-Satelliten – einen für Motorstart und -Stopp, der andere zur Wahl des Fahrmodus. Der Testwagen verfügt zudem über die superben Cup-Supersport-Schalensitze mit Lederbezug, die exklusiv den VZ-Derivaten zur Wahl stehen. Ihre rückwärtige Schale aus Carbon sorgt für Rennsport-Atmosphäre an Bord, unterschiedliche Schaumstoffhärten sorgen für perfekte seitliche Abstützung und Langstreckenkomfort. Ein Feature, dass der VZ5-Fan unbedingt ankreuzen sollte.
Das Kürzel „VZ“ steht für das spanische „veloz“ – auf deutsch: Geschwindigkeit. Es ist den leistungsstärksten Formentor vorbehalten und mit einer opulenten Serienausstattung verknüpft. So sind zusätzlich zum Radartempomaten ACC, der 3-Zonen-Climatronic und dem Voll-LED-Lichtpaket des Formentor hier das DCC-Adaptivfahrwerk, ein extra- großer 12-Zoll-Touchscreen, eine Ambientebeleuchtung, der Side Assist, der Parklenk-Assistent und eine Rückfahrkamera an Bord.
Logisch, dass der VZ5 noch mehr bietet: eine Connectivity-Box mit Qi-Handylader etwa, Heizungen für die Vordersitze und das Lenkrad, den Lane Assist, eine Klappenauspuff und einen Torque Splitter. Letzterer spielt eine nicht unerhebliche Rolle in der Faszination „VZ5“. Die wollen wir endlich live erleben – auf geht’s!
Mit dem Druck auf den Startkopf erwacht der Hauptdarsteller mit herrlich unrundem Fünfzylinder- Grollen zum Leben, stellt schon im Leerlauf die Nackenhäarchen auf hab acht. Doch hoppla, ein gelbes Ausrufe-Zeichen im Display warnt genauso, wie der Hinweis zur Drehzahl-Beschränkung auf vieracht. Schnell den rechten Teil der Anzeige mit dem Lenkradrädchen zu den Temperaturanzeigen durchgescrollt – richtig: Öl und Wasser sind kalt, der R5 sollte noch geschont werden! Auch die Temperatur des Getriebeöls wird angezeigt. Doch schon während der gemächlichen Fahrt zum Flugplatz, auf dem die Dynamik-Messungen stattfinden sollen, massiert der hinreißende Sound die Sinne. Der Komfort des DCC-Fahrwerks erweist sich als langstreckentauglich – trotz 35er-Niederquerschnittbereifung.
Die Faust des Leibhaftigen im Nacken
Wir stehen am Start zur Sprintmessung. Alle Systeme sind scharf gestellt, das ESC ist deaktiviert. Fuß auf die Bremse und Vollgas. Der Fünfender posaunt freudig auf und regelt sich bei 4.000 Touren ein – Feuer frei! Der Cupra stürmt voran, als würde der Leibhaftige ihm die Faust ins Designer-Heck schmettern. Knapp unter 7.000 Touren schießt das DSG die nächste Fahrstufe ein, der 4D-Allradantrieb sichert den nötigen Grip – und die Drehzahlorgie startet erneut. Die Hundert fällt nach 4,1 Sekunden, nach exakt 15 Sekunden steht Tempo 200 auf der Uhr. Wahnsinn, ein Porsche 911 Carrera ist nullhundert gerade mal ein Zehntel flotter (GF 4/20)! Auch familienintern markiert der VZ5 nachhaltig seinen Führungsanspruch: Der 310-PS-starke Formentor VZ 2.0 TSI ließ die Uhr im 100-km/h-Sprint nach 4,9 Sekunden (GF 1/21) stehen (0-200 km/h: 19,8 s). Er ist mit seinem fast schon profan tönenden Vierzylinder – mit Verlaub – nicht halb so unterhaltsam. Weder orchestral noch in Sachen Querdynamik. Denn nur der VZ5 kommt in Serie mit einem Torque Splitter an der Hinterachse, wie wir ihn schon von VW Golf R und Audi RS3 kennen. Neben dem Hinterachsdiffential sitzen beiderseits Lamellenkupplungen, die die Momente situativ variabel zwischen den Hinterrädern verteilen können. Damit lenkt der VZ5 viel agiler ein, kann noch länger ein neutrales Eigenlenkverhalten unter Beweis stellen als der VZ ohne das ingeniöse Gadget.
Kurvenreiche, verkehrsarme Landstraßen mutieren mit dem VZ5 zur Erlebniswelt: Den klasse Automatik-Modus des DSG lassen wir dabei ruhen, filetieren das Drehzahlband lieber selbst via Schaltpaddles. Das verzahnt Mensch und Maschine noch enger, sorgt für herrliches Patschen beim Schalten. Die präzise Lenkung setzt Befehle am griffigen Volant direkt um, 480 Newtonmeter bereiten jedweder Massenträgheit ein Ende. On top spielen die bissigen Bremsen auf: Anbremsen, anpeilen, einlenken und voll aufs Gas – der VZ5 liefert stets enorme Beschleunigungskräfte – quer wie längs. Und spielt sich damit intensiv in die Erinnerung seines Piloten. Vollends zum Entertainer aber mutiert der Cupra im freudvollen Driftmodus. Der Fahrer sollte aber wissen, was er – auf aufgesperrtem Gelände – tut, muss die Wahl mehrfach bestätigen. Denn: Hier werden alle Motormomente auf das kurvenäußere Hinterrad geleitet. Die Einleitung des schwungvollen Sidesteps wird zum Kinderspiel, Driftkünstler Ken Block hätte seine wahre Freude am VZ5.
In Anbetracht der grandios zelebrierten Vorstellung sind 11,2 Liter Testverbrauch in Ordnung. Wem das ein Dorn im Auge ist, der sollte ein anderes Aggregat wählen – wie den 150 PS-TDI. Vorausschauend bewegt steht aber auch schon mal eine Acht vor dem Komma, bei vollem Ausnutzen des Fahrspaß-Potenzials in etwa das Doppelte.
Mit 61.650 Euro ist der VZ5 die günstigste Möglichkeit auf einen Fünfzylinder im SUV/CUV-Segment des VW-Konzerns, noch dazu die einzige mit dem sensationellen Torque Splitter. Sicher: Der Formentor VZ TSI mit dem 310 PS-starken Vierzylinder kostet 14.610 Euro weniger. Doch fehlt es diesem in mindestens gleichem Maße an Emotionen – längs- wie querdynamisch, erst recht aber beim Sound. Sie wissen schon: eins, zwei, vier, fünf, drei.
Test kompakt:
Der VZ5 übererfüllt das Versprechen des heißblütigen Formetor-Designs. Er bietet die seltene Chance auf den gleichermaßen klang- wie leistungsstarken Fünfzylinder,
bietet zudem einen agilitätsfördernden Torque Splitter – eine einmalige Kombination im SUV-Segment. Mit feinnervigem Handling, sattem Punch und betörendem Klang liefert der Spanier ein freudvolles Fahrerlebnis oberster Güte. Zugreifen!