Fahrbericht Cupra Born 231 PS (E-Boost) – Born to be wild

Joachim Fischer

 · 01.12.2021

Der neue vollelektrische Cupra Born begeistert nicht nur mit seinem sportlichen Design sondern geht als Performance-Version mit E-Boost und bis zu 231 PS auch richtig gut
Foto: Cupra

Der neue vollelektrische Cupra Born begeistert nicht nur mit seinem sportlichen Design, sondern geht als Performance-Version mit E-Boost und bis zu 231 PS auch richtig gut

Was für ein Auftritt! Cupra macht der E-Mobilität Beine. Der neue „Born“ des Seat-Tochterunternehmens ist das erste rein elektrische Fahrzeug der jungen Marke – auch wenn er auf den ersten Blick gar nicht so aussieht. Denn der Spanier legt ein Maß an Sportlichkeit an den Tag, die man bei den meisten E-Mobilen der Kompaktklasse eher vergeblich sucht. Schon bei der Cupra-Born-Premiere in GUTE FAHRT, Heft 7/2021, waren wir von der Serienversion der 2019 in Genf noch als „Seat El Born“ vorgestellten Studie begeistert. Jetzt konnten wir den jungen Wilden, der nach einem In-Viertel seiner Heimat Barcelona benannt ist, erstmals vor Ort fahren.
Da steht er: auf riesigen, optionalen 20-Zöllern, die Schweller sowie die breite C-Säule sportlich-markant verkleidet. Die Front wirkt durch die tief heruntergezogene, großzügig konturierte Motor­haube auf die Straße geduckt. Flache, pfeilförmige Voll-LED-Scheinwerfer mit charakteristischem TFL münden in einen schmalen Steg, aus dem der kupferfarbene Cupra-Schriftzug edel hervorsticht. Weiter unten ein großer Lufteinlass, ebenfalls kupferfarben gerahmt. Am Heck der große, weithinunterreichende Dachspoiler, LED-Rückleuchten mit einem durchgehenden, Breitenwirkung erzielenden Leucht­streifen und ganz unten ein ausladender Diffusor. Der Born sieht eher nach Tourenwagen als nach E-Mobil aus.

Klar, darunter steckt der MEB von Volkswagen, genau­er gesagt der ID.3. Doch der Born kommt ganz anders rüber. Sportlich, dynamisch, sogar ein wenig provokant. In Zahlen: Er ist insgesamt rund sechs Zentimeter länger und knapp drei Zentimeter niedriger als sein Konzernbruder. Dazu haben die Spanier die MEB-Basis vorne 1,5 und hinten einen Zentimeter tiefergelegt. Breite und Radstand sind nahezu identisch, dennoch wirkt der Born gestreckter, steht satter auf der Straße.
Im Innenraum empfangen einen bequeme, prima Seitenhalt gewährende Sportsitze mit integrierten Kopfstüt­zen. Zudem war im Testwagen das optionale Paket Dinamika (1.710 Euro) verbaut, das neben anderem besonders schicke, dreidimensional mit Laser bearbeitete Sitzbezüge aus veganer, recycelter Mikrofaser, elektrische Sitzverstellung sowie Heizung nebst Massagefunktion, ausziehbare Oberschenkelauflagen, eine fein bezogene Mittelarmlehne vorne plus edle Dekorelemente auf der Armaturentafel sowie in den vorderen Türen nebst feine Ziernähte in „Copper“ mitbringt. So ausgestattet wirkt der bestens verarbeitete Innenraum haptisch wie optisch modern und wertig – auch an den Stellen, wo zumindest fein genarbtes, natürlich recyceltes Hartplastik verbaut ist.


12-Zoll-Touchscreen in Serie

Eine hohe Mittelkonsole mit viel Stauraum, zwei USB- C-Anschlüssen und Handy-Ablage trennt Beifah­rer- undFahrer-Platz, der Fond ist an den Knien geräumig, am Kopf etwas knapper bemessen. Der Platz des Piloten wird dominiert vom auf das Wichtigste reduzierten, gut ablesbaren Cockpit-Monitor und dem riesigen, freistehenden, leicht dem Fahrer zugewandten 12-Zoll-Touchscreen (MIB3), über den quasi alle Funktionen des Born gesteuert werden können.
Ein wahres Schmuckstück ist auch das beheizbare MF-Leder-Sport­lenkrad. Hätte es anstelle der Touch- und Slide-Bedien­felder, die man zuweilen beim Lenken unabsichtlich mit dem Handballen verstellt, simple Bedienwalzen und echte Taster, wäre es perfekt. Praktisch und schick zugleich sind die zwei Lenkrad-Satelliten, links für die Einstellung der Fahrprofile, rechts zur Direktwahl des Cupra-Mode.


Letzterer verrät auch, in welchem Born wir gerade Platz genommen haben. Es handelt sich um eines der zwei Performance-Modelle, die erst ab vor­aussichtlich Januar 2022 bestellbar sein werden. Doch der Reihe nach. Antriebseitig basiert der Born auf dem MEB-Baukasten des VW Konzerns. Seine permanenterregte Synchron-E-Maschine mit Eingang-Getriebe auf der Hinterachse leistet 204 PS (150 kW) und 310 Newtonmeter. Alle Born haben Heck­­antrieb, eine Allrad-Version ist nicht vorgesehen. Der wie im ID.3 grundsätzlich im Un­terboden verstaute Lithium- Ionen-Akku stellt netto 58 kWh Energie zur Verfügung. So­weit ist unser Testwa­gen identisch ausgerüstet wie der einzige momentan (Stand: Mitte Oktober 2021) schon bestellbare Cupra Born, der ab 37.220 Euro abzüglich Förderung zu haben ist. Doch unser Probe-Fahrzeug hat zusätzlich bereits das „Performance-Pack“. Das bedeutet, er mobilisiert kurzzeitig bei Aktivierung des Cupra-Fahrmodus – welcher der Performance-Version vorbehalten ist – 20 Kilowatt mehr und kommt damit auf stramme 231 PS. Diese Ausbau­stu­fe gibt es im VW-Konzern momentan nur bei Cupra.


Sie ist zugleich aber auch die sportlichste Version des E-Spaniers, denn der Einstiegs-Born mit 150 PS und 45-kWh-Akku kann leistungsmäßig nicht mithalten und die avisierte E- Boost-Version mit 77 kWh-Batterie spielt bei der Power zwar auf Augenhöhe, ist aber wegen des größeren Akkus deutlich schwerer und damit langsamer.
Also hinein ins Vergnügen. Mit dem vom ID.3 bekannten Knubbel am Cockpit wird die Fahrstufe D reingeflippert. Es kann losgehen. Geräusch­los rollt der Born an, hängt bissig am Pedal. Das gilt übrigens für alle der serienmäßig verbauten Fahrprogramme – vom reichweitenorientierten „Range-“ über „Comfort-“ und „Individual-“ bis hin zum sportlichen „Performance“-Modus. Mit der allen E-Mobilen eigenen, druckvollen Dynamik schiebt der Born souverän an, ist an der City-Ampel kaum zu schlagen, reagiert blitzschnell auf Fahrpedal-Befehle. Aktiviert man durch erneuten Dreh am Knubbel die zusätzliche Rekuperationsstufe B, stellt sich ein angenehmes Bremsmoment von bis zu 0,3 g beim Lupfen des rechten Fußes ein. Dabei wird über den E-Motor, der nun als Gene­rator fungiert, Energie zurückgewonnen und in den Akku gespeist. Doch momentan sind wir noch eher dem Leistungsvermögen des Born auf der Spur. In 6,6 Sekunden soll er aus dem Stand auf 100 km/h sprinten. Das glauben wir Cupra gerne, so quicklebendig und agil gibt sich der Born auf der Landstraße. Ansatz­los geht er mit seinen 310 Nm zu Werke, erledigt Zwischensprints mitLeichtigkeit.

Sehr ausgewogenes Fahrwerk

Und um die Ecken? Da geht er auch dank der ausgewogenen Gewichtsverteilung von nahezu 50:50 wie „Schmidts Katze“. Das hervorragend auf die Performance-Version abgestimmte Sportfahrwerk mit 15-stufigem Serien-DCC stützt sich hier auf Options-Reifen des Formats 235/40 R 20 und erledigt die Kurvenhatz weitgehend ohne Nick- oder Wankbewegungen sowie mit ausgezeichneter Traktion, die stetig von elektronischen Helferlein überwacht wird. Gleichzeitig verderben diese aber nicht den Spaß. Mehr noch: Mit dem Performance Pack lässt sich das ESC Sport ganz abschalten. Dann sind im Cupra-Mode sogar kecke Heckschwenks drin.


Hier werden auch die 20 zusätzlichenKilowatt freigegeben, die deutlich spürbar sind, auch wenn die immer gebotenen 204 PS sowie die Vmax von abgeregelten 160 km/h in den meisten Fällen ausreichen. Trotzdem: So macht E-Mobilität Spaß!
Einzig wer etwas zu schnell in enge Kehren sticht, der bemerkt das mit über 1.700 Kilo doch hohe Gewicht des Born, das gutmütig über die Vor­derräder schiebt. Die serienmäßige Progressivlenkung agiert straff, zielgenau und mit feiner Rückmeldung. Die Bremsen kommen trotz Trommeln hinten prima mit der gebotenen Leistung zurecht, die Performance-Variante hat vorne sogar 10 Millimeter größere Scheiben (340 mm) als die Serien-Version. Das Bremsgefühl zeigt sich beim Über­gang von Rekuperation zu Reibung homo­gen, nur das Pedalgefühl ist etwas weich geraten.
Wirklich überzeugend ist der Fahr- und Abrollkomfort. Trotz am Testwagen montierter, optionaler 20-Zöller nimmt der Born mit DCC auch die berüchtigten spanischen Brems-Schwellen mit viel Anstand. Er federt sauber an und dämpft auch harte Schläge stoisch ab. Die Grundauslegung ist straff, aber nicht rappelig. Das Fahrwerk ist zudem akustisch prima von der Karosserie entkoppelt. Sicher, man hört leichte Abroll- und bei höheren Tempi auch Windgeräusche, doch ansonsten herrscht Ruhe. Bei all‘ der Emotionalität in Design und Fahrverhalten, ist das vielleicht der einzige Punkt, an dem verbrennergewohnten Fahrern etwas fehlt: Der Motor-Sound – auch ein Stück emotionales Erleben. Vielleicht kann Cupra ja hier für den Innenraum etwas kreieren, um keine Entzugserscheinungen aufkommen zu lassen.


Darüber hinaus gibt es zusammengefasst in sinnvollen Options-Paketen die modernsten Assistenz- und Infotainment-Systeme, eine wirklich umfassende Sicherheits- sowie eine reichhaltige Grundausstattung. Der Born ist dazu immer online, auf Wunsch connected, bietet eine eigene App für Lokalisierung von Ladesäulen und die Steuerung der Ladevorgänge, die beim 58 kWh-Akku serienmäßig mit 11 bis 120 kW ablaufen können. 424 Kilometer weit soll der Born mit mittlerem Akku nach WLTP fahren. Das halten wir für optimistisch, 350 Kilometer erscheinen nach den ersten Fahrten realistischer. Doch das muss ein ausführlicher Test noch beweisen. Die GUTE FAHRT-Redaktion freut sich schon darauf. Denn der Cupra Born mit Performance- Paket, dessen Preis zu Redaktionsschluss leider noch nicht feststand, macht eindeutig Lust auf mehr!