TestAudi E-Tron S Sportback - Tron-Folger

Joshua Hildebrand

 · 05.06.2021

Test: Audi E-Tron S Sportback - Tron-Folger

503 PS und 973 Newtonmeter aus drei Elektromotoren – die Top-Motoroisierung des E-Tron Sportback ist zugleich Audis stärkstes S-Modell aller Zeiten. Teee … sssst!

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Foto: Jan Bürgermeister

chtung! Dieser Test könnte (Reifen-)spuren von elektrisierter Faszination hinterlassen. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie … wen eigentlich? Ja, uns! Weil wir den heißen Audi auf Herz und Nieren getestet haben. Wer auf der Suche nach Innovation, Hightech und Luxus in einem Auto ist, der wird sich nach diesem automobilen Highend-Gerät besonders die Finger lecken. Kommen wir zum Punkt: Audi E-Tron S Sportback mit sage und schreibe 503 PS sowie 973 Newtonmeter Drehmoment! Ganz genau: rein elektrisch. Besonderheit: Dieses Elektro-CUV in der S-Version ist das weltweit erste Elektroauto mit drei E-Motoren – einer an der Vorderachse, zwei an der Hinterachse – , welches in Großserie vom Band fährt. Folglich über einen elektrischen Allradantrieb samt intelligenter Antriebsregelung verfügt. Sozusagen eine neue Generation des Quattro-Allradantriebes mit elektrischem Torque Vectoring. Jenes Antriebslayout nutzt das Baukastenprinzip: So befindet sich der leistungsstärkere Heckmotor des Audi E-Tron 55 (Test in GF 2/21) in angepasster Bauweise an der Vorderachse, sein vorderer Elektromotor wiederum arbeitet gemeinsam mit einem baugleichen Pendant im Heck. So generiert der Elektromotor vorn dauerhaft knapp 170 PS und 314 Newtonmeter, die beiden hinteren jeweils 133 PS und 247 Newtonmeter. Gleich zum 55er-Modell hat auch unser E-Tron S eine acht-sekündige Boostfunktion im S-Fahrmodus, die dann noch mehr Power parat hält – insgesamt 75 PS und 309 Newtonmeter (!) mehr als das 55er-Pendant. Das S-Modell ist sein baugleicher, aber stärkerer Ableger mit gleichem 95-kWh-Akku, von dem 91 Prozent (86 kWh) auch tatsächlich nutzbar sind. Gut zu wissen: Audi gibt auf den Energiespeicher acht Jahre und/oder 160.000 Kilometer Garantie – je nachdem, was zuerst einritt. Nicht zuletzt deshalb könnte der E-Tron S ein echter Dauerbrenner werden.

Kraft der drei Herzen

Gleich wird es „hecktisch“! Wir fahren nicht umsonst eine halbe Stunde zu unserer Messstrecke. Doch schon auf der Hinfahrt mit einem guten Mix aus Stadt, Land und Autobahn begeistert uns das Topmodell mit einer extrem komfortablen Gangart.

Apropos: Da der E-Tron mit einem Eingang-Getriebe ausgestattet ist, erfolgt die Beschleunigung absolut ruckelfrei. Hinzu kommen die vibrations- und geräuscharmen Eigenschaften der Asynchron-E-Motoren. Sie finden vor allem Verwendung, weil sie als belastbar und verlustarm gelten und noch dazu für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt sind. Jeder noch so kleine Fuß-Tipp aufs Gaspedal wird in Vortrieb umgewandelt, bestenfalls geht es laut unserer Messanlage in 4,4 Sekunden auf Tempo 100. Richtig eindrucksvoll ist diese fast geräuschlose Beschleunigungsorgie bei einem Launch-Control-Start. Danach geht es in 18,9 Sekunden auf 200 km/h (Topspeed: 210 km/h) – je häufiger man sich dazu verleiten lässt, desto schneller schmilzt allerdings auch die Reichweite: Auch wenn Audi 378 Kilometer nach WLTP angibt, waren es im Test derer 318 . Wurde der E-Tron vorher sehr zügig bewegt, macht sich das anhand der kürzer berechneten Reichweite sofort bemerkbar. Unser durchschnittlicher Verbrauch belief sich im Test auf 31 kWh pro hundert Kilometer – mit aktiven Verbrauchern wie Klimaanlage wohlgemerkt.

Ein Trostpflaster für den recht hohen Verbrauch ist die immer besser werdende Ladeinfrastruktur, insbesondere von Schnellladesäulen. Dann kann der BEV (Battery Electric Vehicle) bestenfalls mit bis zu 150 kW Gleichstrom binnen 45 Minuten von fünf auf 100 Prozent und somit für weitere 300 Kilometer geladen werden. „Einmal vollladen, bitte“ kostet je nach Netzbetreiber und Ladesäule circa 30 Euro, wenn man einen Preis von 0,39 Euro pro Kilowattstunde zugrunde legt. Für das Strom-Zapfen in der heimischen Garage bietet Audi seinen Kunden zwei Systeme an: Das serienmäßige 11-kW-Onboard-Ladesystem lässt sich bevorzugt an einer 400 Volt-Drehstromsteckdose nutzen, dann empfiehlt sich jedoch schon eher ein langfristiges Unterhaltungsprogramm von gut neun Stunden. Seit kurzem erst erhältlich ist ein optionales 22-kW-Onboard-Netzteil, damit dauert eine Vollladung etwa viereinhalb Stunden. Doch auch das Rekuperationskonzept zahlt auf das Effizienzkonto ein. So können wir beim Fahren über die Wippen am Lenkrad drei unterschiedlich starke Stufen wählen. In der höchstens Rekuperationsstufe verzögern die E-Maschine so stark, dass sich der E-Tron S dann fast mit nur einem Pedal fahren lässt. Bis 0,3 g, also den meisten Alltagssituationen, verzögern die drei E-Maschinen allein, erst darüber hinaus kommen die hydraulischen Bremsen ins Spiel. Kleiner Kritikpunkt: Genau dieser Übergang bei stärkeren Bremsmanövern meisterte das Sport-CUV manchmal unsensibel – der stärkere Druck auf das elektronisch gesteuerte Bremspedal stellte erst zeitversetzt die erwartete Verzögerung her. Bei schnell näher kommenden Kurven sorgte das hin und wieder ein mulmiges Gefühl …

Auf der anderen Seite: Kompliment, Audi! So entspannt sind wir noch nie gereist. Nicht nur, dass sich kaum Fahrgeräusche vernehmen lassen, auch das serienmäßige Luftfahrwerk dämpft ganz schön komfortabel. Das kann auf Wunsch über das Drive Select -System aber auch dynamisch-straff gestellt werden, ohne unangenehm zu werden. Wobei wir sagen müssen, dass der Restkomfort der 20-Zöller (Winterräder) erheblich ist. Optional gäbe es auch noch 21 und sogar 22 Zoll-Felgen, welche noch sportiver aussehen, aber den Komfort negativ beeinflussen würden.

Komfortables Luftfahrwerk

Wie dem auch sei: Nach der enorm beeindrucken Vorstellung auf der Messstrecke geht es weiter zum Handling-Parcours, um dem E-Tron S richtig auf den Zahn fühlen zu können. Denn nicht nur längsdynamisch hat der massige Starkstrom-Athlet so einiges drauf. Das Torque-Vectoring mit den beiden vollständig voneinander getrennt ansteuerbaren E-Maschinen an der Hinterachse verleiht diesem Audi eine bislang nicht gekannte Wendigkeit. Dennoch lässt sich die hohe Fahrzeugmasse nicht verheimlichen, auch wenn der Akku den Schwerpunkt senkt und für eine recht ausgewogenen Verteilung der Achslasten sorgt. Die Progressivlenkung macht einen guten Job, wird mit zunehmendem Lenkeinschlag immer direkter und reagiert penibel auf jede Lenkbewegung, obwohl es hin und wieder ein wenig an Rückmeldung mangelte.

Wenn sich die Haftreibungsgrenze der Reifen durch allmähliches Quietschen bemerkbar macht, ja dann kommt dank das Quattro 2.0 mit Torque Vectoring ins Spiel. Im Vergleich zum 55er-Modell mit zwei Motoren lässt sich das S-Modell deutlich heckbetonter und sportlicher fahren. Ob da wohl auch Drifts möglich sind? Oh ja! Aber erst, wenn das ESC auf Sport steht oder ganz ausgeschaltet ist und der Fahrmodus über das Drive Select auf Dynamic gestellt wurde. Dann hat der E-Tron S seinen ganz besonderen Reiz. Vor allem im ESC-Sportmodus hat der Fahrdynamikregler immer noch ein Auge auf uns, entlastet bei Bedarf das kurveninnere Rad über die Radbremsen und unterbindet weiteren Schlupf.

Vollgepackt mit Hightech

Natürlich: Die E-Welt muss man mögen, bereit sein, Abstriche bei der Reichweite in Kauf zu nehmen. Nichtsdestotrotz hat hier Audi etwas richtig Gutes auf die Räder gestellt. Das Design zeigt sich vorn wie hinten noch stärker konturiert als beim den Serienpendants, die aufpreispflichtige Lackierung in Catalunyarot-Metallic (1.000 Euro) stellt sich als Eyecatcher heraus. Dank besonders großer Air Curtains am Frontstoßfänger, einem markanten Heckdiffusor-Einsatz fast über die ganz Fahrzeugbreite sowie um 23 Millimeter pro Seite breitere Radläufe als beim 55er trennen hier die Spreu vom Weizen. Ebenso wie einige silberne Anbauteile, die hier dank Optikpaket Schwarz ausgeführt sind.

Auf Wunsch lassen sich auch große Teile der unteren Karosserie in Kontrastfarbe lackieren oder auch zahlreiche innovative Extras anwählen, die den Preis natürlich nach oben treiben. Besonders stylisch, windschnittig, daher gut für die Aerodynamik (cW-Wert: 0,26) stellen sich die virtuellen Kameraspiegel für 1.540 Euro heraus. Ein nette Spielerei, die aber keine wirkliche Sichtverbesserung bringt. Dafür aber Audis Top-Licht namens „Digital Matrix LED“ für 4.500 Euro, das beim Öffnen und Verriegeln im Dunklen eine modellspezifische Projektion auf den Boden wirft – wirklich spektakulär!

Noch dazu kann es dank 1,3 Millionen Pixel noch weitere Informationen auf die Fahrbahn illustrieren – etwa Pfeile bei aktiver Navigation oder die separate Ausleuchtung der gerade genutzten Fahrspur. Und weil es sich beim E-Tron – egal ob S oder nicht – um ein Oberklassenmodell handelt, geizt er auch im Innenraum nicht mit Luxus und Technik: MMI-Navigation Plus mit Touch-Response-Bedienung (unter anderem Handschrifterkennung) plus Extra-Touchdisplay für die Klima- und Sitzbedienung, obendrein ein drittes Display in Form des digitalen Tachos „Virtual Cockpit“ sind an Bord. Zu guter Letzt bereichert ein optionales Head-up-Display für 1.390 Euro unseren Testwagen.

Alles in allem funktioniert das Infotainment gut und reagiert auch schnell. Die Bedienung ist allerdings für Laien hoch-komplex, muss erst einmal erlernt werden. Wie gut, dass die hervorragenden Ledersitze eine Massagefunktion haben – das beruhigt dann etwas, wenn man sich während des Ladevorgangs den Gesamtpreis unseres Testwagens zu Gemüte geführt hat: 126.525 Euro. Noch Fragen? Wir nicht …