Joachim Fischer
· 18.03.2022
Der Audi A6 Avant E-Tron Concept gewährt einen realistischen Ausblick auf Audis künftige, rein elektrisch angetriebene Oberklasse-Kombis. Mit 800-Volt-Architektur, Heck- oder Quattro-Antrieb sollen sie in der Spitze bis zu 700 Kilometer Reichweite schaffen.
Wer weiß eigentlich, wie der Name Avant für Audis Kombi-Modelle entstanden ist? Ganz einfach: Avant ist abgeleitet von Avantgarde. So entschied man sich selbstbewusst als 1977 der erste Avant auf Basis der damaligen Audi-100-Baureihe entstand. 45 Jahre ist das nun her und als ähnlich konzeptionell revolutionär wie der Urahn seinerzeit darf der neue Audi A6 Avant E-Tron Concept angesehen werden. Ja, ja, werden jetzt einige denken. Ist doch sowieso nur ein Design-Modell und die Serie schaut dann ganz anders aus. Nein, nein, beteuert Audi. Der A6 Avant E-Tron sei ganz nah dran am fertigen Serienfahrzeug, das 2023 auf den Markt kommen soll und neben der A6 E-Tron-Limousine – als Concept präsentiert bei der Auto-Show in Shanghai 2021– den Grundstein legt für die neue rein elektrische Oberklasse-Baureihe.
Basis für den A6 Avant E-Tron Concept ist die brandneue, von Audi und Porsche gemeinsam entwickelte „Premium Platform Electric, kurz PPE. Sie wurde ausschließlich für rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge entwickelt. Herzstück der künftigen PPE-Flotte ist das Batteriemodul, das die gesamte Fahrzeugbasis nutzt und dadurch flacher baut. Das ermöglicht ohne Eingriffe in die Basisarchitektur nicht nur Hochbodenautomobile wie etwa SUV sondern auch flache, dynamische Fahrzeuge wie den A6 Avant E-Tron auf ihr umzusetzen.
PPE als Basis für das B-, C- und D-Segment
Darüber hinaus sind Akkugröße und Radstand beim PPE in einem weiten Bereich skalierbar. Das macht ihren Einsatz nicht nur im C-Segment – wie beim A6 Avant E-Tron – sondern später auch im kürzeren B- und extralangen D-Segment möglich. Damit hält auch in diesen Automobil-Klassen die feine 800- Volt-Ladetechnik Einzug, denn sie wird automatisch bei allen Fahrzeugen auf PPE-Basis zum Einsatz kommen. Das ermöglicht, an geeigneten Schnellladern mit bis zu 270 kW den Akku aufzufüllen.
PPE-typisch ist zudem auch ein hohes Maß an Innenraumlänge und damit Beinfreiheit bei kurzen Karosserie-Überhängen. Zudem entfällt zu Gunsten der Raumökonomie der Kardantunnel. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Quattros mehr geben wird. Im Gegenteil! Neben besonders sparsamen, rein heckgetriebenen Varianten wird es ebenso allrad-befeuerte Modelle mit E-Motoren an der Vorder- sowie der Hinterachse geben, die elektronisch koordiniert werden. Solch ein Vertreter der schönen neuen E-Welt ist der A6 Avant E-Tron Concept. Mit seiner rund 100 kWh fassenden Batterie versorgt er zwei E-Maschinen mit einer gewaltigen Systemleistung von 350 kW oder 476 PS und 800 Nm Drehmoment. In 10 Minuten kann er dank der 800-Volt-Technik Energie für rund 300 Kilometer Fahrstrecke aufnehmen, in nur etwa 25 Minuten lässt sich sein 100-kW-Akku von fünf auf 80 Prozent auffüllen. Je nach Antriebsvariante und -Leistung sollen Modelle der neuen A6 E-Tron-Familie bis zu 700 Kilometer Reichweite bereithalten.
Pure Sportlichkeit und Eleganz
Und die Optik? Oft hört man, dass E-Autos langweilig seien? Ein Blick auf den neuen Audi A6 Avant E-Tron Concept genügt, um dieses Vorurteil zu widerlegen. Was die Designer bei diesem Exterieur-Modell auf die Räder gestellt haben, ist einfach nur mega-stark! Der E-Avant strahlt mit seinen perfekten Proportionen pure Dynamik, Sportlichkeit und zugleich Eleganz aus. Mit 4,96 Metern Länge, 1,96 Metern Breite und nur 1,44 Meter Höhe liegen die Maße des Avant E-Tron weitestgehend in der Range der aktuellen A6/A7-Modelle. Selbstverständlich ist der Kombi auch klar als Weiterentwicklung des bisherigen Designs der Marke mit den vier Ringen zu erkennen, schlägt in verschiedenen Details aber auch eine Brücke zu den bereits länger käuflichen Audi- Voll-Stromern.
Auffällig ist, dass der A6 Avant E-Tron Concept von der Seite betrachtet nahezu gänzlich auf harte Kanten und Linien verzichtet. Der Karosserie-Body wirkt wie aus einem Guss – muskulös gestylt fließen konvexe und konkave Flächen förmlich ineinander. Die weit ausgestellten Radhäuser des Concept-Cars beherbergen riesige 22-Zoll-Räder. Zwischen ihnen ist der Schwellerbereich aufwändig ausgeformt und mit Einlegern versehen – als Hinweis auf die Akku-Lage.
An der Wurzel der A-Säule sitzen filigrane, kamerabasierte Rückspiegel, die man bereits vom E-Tron-SUV kennt. Die Schulterlinie steigt nach hinten deutlich an, die zierlich schmal geschnittenen D-Säulen sind Avant-typisch weit nach vorne geneigt und erzeugen damit schon im Stand Dynamik. Die wunderbar fließende, gestreckte Dachlinie über dem flachen Glashaus mündet in einen großen, durchströmten und farblich abgesetzten Dachspoiler, der als Teil des ausgeklügelten Aerodynamik-Konzepts zu einem sensationell niedrigen cW-Wert des Avant E-Tron Concept von nur 0,24 beiträgt – übrigens seit den Anfangstagen der 100er-Baureihe eine echte Spezialität von Audi, die den Ingolstädtern Vorsprung durch Windschlüpfrigkeit einbrachte.
Extrem flache Scheinwerfer
Die Front wird dominiert vom großen, E-Tron-typisch geschlossenen Singleframe, der den rein elektrischen Antrieb des A6 Avant verrät. Darunter liegende Lufteinlässe sorgen für die Kühlung von Antrieb, Akku und Bremsen. Die Fronthaube ist dynamisch konturiert, die extrem flachen Scheinwerferbänder sind weit in die Kotflügel hineingezogen, unterstreichen die horizontal ausgerichtete Architektur des Fahrzeugs.
Die Heckansicht wird dominiert von dem bereits erwähnten Dachspoiler, einem flachen, durchgehenden Heckleuchten-Display und zwei auffälligen, großformatigen Luftauslässen im Heckdiffusor. Sie entstanden wie der Spoiler im Windkanal und kanalisieren die unter dem Fahrzeug strömende Luft beim Austritt verwirbelungsfrei. Das reduziert den Luftwiderstand und minimiert den Auftrieb. Ansonsten ist das Heck sehr clean gestaltet, Breitenwirkung erzielen der Dachspoiler und insbesondere das faszinierende Leuchtenband.
Licht ist beim neuen A6 Avant E-Tron Concept überhaupt ein zentrales Thema. Die Audi-Ingenieure konnten hier viele innovative Ideen verwirklichen. Ziel war, auch mit minimaler Fläche ein Maximum an Licht-Ausbeute und -Funktionen sowie gleichzeitig personalisierbare Lichtsignaturen zu ermöglichen. Digitale Matrix- LED-Scheinwerfer an der Front sorgen für klare, helle Ausleuchtung der Fahrbahn mit noch umfangreicherer, intelligenter Adaption an Verkehrssituationen, Wetter und Umfeld. Ein Gimmick am Rande: Während eines Ladevorgangs können die Scheinwerfer Videospiele etwa auf eine Wand im Frontbereich des Avant projizieren und so für den Zeitvertreib der Insassen während des Stromtankens sorgen. Zudem verfügt der Avant E-Tron an den Seiten der Karosserie jeweils über drei hochauflösende LED-Projektoren, die beim Öffnen der Tür den Boden zur Bühne machen. Dynamische Lichtinszenierungen begrüßen die Insassen mit Schriftzeichen in ihrer jeweiligen Sprache. Viel wichtiger ist jedoch: Die Projektoren können auch Warnsymbole auf den Boden neben dem Fahrzeug werfen – etwa für Fahrradfahrer Hinweise, dass sich die Tür gleich öffnen wird. Doch damit nicht genug: Vier weitere hochauflösende LED- Projektoren sind in den Fahrzeugecken versteckt. Sie erzeugen Blinker-Projektionen auf dem Asphalt, deren Design sich an unterschiedliche Märkte und Zulassungsvorschriften anpassen lässt.
Neue OLEDs mit dreidimensionaler Optik
Nicht weniger innovativ zeigt sich das durchgehende Leuchtenband am Heck mit neuester, digitaler OLED- Technik (englisch: organic light-emitting diod). Die trägt durch ihre Leuchtstärke, Homogenität und den hohen Kontrast nicht nur zu mehr Verkehrssicherheit bei, sondern erlaubt auch nahezu unbegrenzt individualisierbare Lichtsignaturen und -Inszenierungen – aufgrund der neuen Architektur der OLED-Elemente nicht nur zweidimensional flächig sondern nun auch mit beeindruckender Raumwirkung. Die wichtigste Innovation beim Thema Licht ist jedoch, dass der neue A6 Avant E-Tron Concept erstmals den Kommunikationsbereich über das Fahrzeug hinaus erweitert und Informationen situationsgerecht und plakativ über optische Signale an andere Verkehrsteilnehmer weitergeben kann. Und das ist wieder mal Avantgarde!