Joshua Hildebrand
· 01.03.2021
Ein Meilenstein der Markengeschichte: Der Audi E-Tron GT Quattro und sein RS-Topmodell feiern Weltpremiere. Wir haben alle Infos zum neuen, elektrischen Aushängeschild der Marke
Es herrscht Goldgräber- Stimmung in Ingolstadt. Es ist die Rede von einem „Meilenstein der Markengeschichte“, „dem Aufbruch in eine neue Ära“, der „Neu- interpretation des klassischen Gran- Turismo-Gedankens“. Es fallen große Worte, wenn es um die beiden Neuzugänge E-Tron GT Quattro (max. 530 PS) und RS E-Tron GT (max. 646 PS) geht. Ihres Zeichens übrigens die ersten Elektroautos von Audi, die in Deutschland entstehen. Genauer gesagt in den Böllinger Höfen am Standort Neckarsulm, noch dazu bilanziell CO2-neutral. Wegweisende Produktion, wegweisendes Automobil: Umso trauriger, dass die eigentliche Weltpremiere nur online stattfand – Corona und so …
Der E-Tron GT läutet die nächste Design-Evolutionsstufe bei Audi ein und interpretiert den klassischen Gran-Turismo-Gedanken vollkommen neu. Mit 4,99 Meter Länge, 1,96 Meter Breite und 1,41 Meter Höhe bietet er äußerst sportive Abmessungen und ist er in etwa so groß wie ein Audi A7 Sportback, jedoch zwei Zentimeter niedriger. Ein 2,90 Meter langer Radstand, eine breite Spur, große Räder sowie eine flache Silhouette sind für Audi wichtige Designmerkmale. Sie werden Ausgangspunkt für das Design kommender Elektromodelle aus Ingolstadt sein.
Skulpturales Design
Getreu dem Motto „form follows function“ ermöglichte die Gestaltung des E-Tron GT eine ausgefeilte Aero- dynamik. Ein Beleg hierfür ist der sehr niedrige Luftwiderstandsbeiwert (cw-Wert) von 0,24. Jener ist verantwortlich für eine hohe Effizienz und schlussendlich eine großeReichweite.
Der Audi E-Tron GT hat das faszinierende Design eines GT mit flacher Silhouette und kraftvollen Proportionen. Im Zusammenspiel der Radhäuser mit den bis zu 21 Zoll großen aerodynamisch gezeichneten Felgen erlangt der E-Tron GT eine außergewöhnliche Präsenz. Außergewöhnlich ist auch der neu gestaltete Singleframe-Grill, der farblich invertiert ist. Das Kühlergitter und die klassischen Wabenmuster sind erstmals in Wagenfarbe lackiert, eine schwarze Maske umrahmt den Grill und die seitlichen Lufteinlässe. Während der Singelframe bei Modellen mit Verbrennungsmotor vor allem als Kühlung des Aggregats dient, verbirgt er beim neuen Shootingstar einen Großteil der Sensorik. Hinter den großen Rippen unter den Scheinwerfern und hinter den Öffnungen in den Ecken des Singleframes liegt jeweils ein steuerbarer Kühllufteinlass, der eine aktive Aerodynamik gewährleistet. Bei dynamischer Fahrweise öffnen sie sich und leiten Luft zu den Kühlern und den vorderen Bremsen. Sogenannte Air Curtains leiten die Luft während der Fahrt so in die Radhäuser, dass die Luftströmung eng am Rad und danach an der Flanke anliegt.
Vor allem in der Seitenansicht wird das sportiv-elegante und zugleich strömungsgünstige Design deutlich. Nach einer langgezogenen Fronthaube und einer flach angestellten Frontscheibe sinkt die Dachlinie sehr früh ab, die flach geneigte C-Säule fließt im Heckbereich weich in die muskulöse Karosserieschulter ein, die wesentlich stärker ausgeprägt ist als bei anderen Audi-Modellen. Die Ingolstädter sagen hierzu auch „Quattro-Blister“. Die langgezogenen Kabine (Greenhouse) sitzt schlank auf dem Karosseriekörper – das fällt vor allem auf, wenn man sich den E-Tron GT von oben betrachtet. Ein weiterer großer Faktor der aktiven Aerodynamik ist der Heckspoiler, der je nach Fahrsituation elektrisch in zwei unterschiedlichen Stellungen ausfährt. Er arbeitet eng mit dem glattflächigen Unterboden zusammen, der in einem breiten Diffusor endet. Es geht um das Minimieren des Auftriebes, und da spielt auch die optionale Luftfederung (Serie RS) eine entscheidende Rolle – doch dazu später mehr.
Wie es sich für einen richtigen Audi gehört, spielt natürlich das Lichtdesign eine wichtige Rolle. Da macht auch der E-Tron GT keine Ausnahme und gibt sich auch bei Nacht mit stark dreidimensional modellierten Heckleuchten und Frontscheinwerfern zu erkennen. Letztere wird es in drei Ausbaustufen geben: LED-Scheinwerfer mit dynamischem Blinklicht, Matrix-LED-Scheinwerfer sowie Matrix-LED mit Laserlicht, welches der RS bereits serienmäßig hat. Der Lackfächer umfasst neun Farben, darunter auch den neuen Ton „Taktikgrün“. Je nach Lackierung ist der Singleframe in Wagenfarbe oder hellem Manhattangrau zu haben. Darüber hinaus hat der Kunde die Wahl verschiedener Optikpakete in Glanz-Schwarz oder Carbon. Serienmäßig besteht das Dach aus Glas, auf Wunsch liefert Audi die Gehäuse der Außenspiegel und das komplette Dach in kohlefaserverstärktem Kunststoff CFK.
Ganz gleich ob Carbon- oder Glasdach, der E-Tron GT strahlt auch im Interieur Sportlichkeit und Komfort aus, bietet großzügige Platzverhältnisse. Der Gepäckraum fasst 405 Liter Volumen, ein zweiter unter der Fronthaube hält weitere 80 Liter bereit. Sofort auffällig ist das hohe Maß an Bein- und Fußfreiheit im Fond. Und das hat in diesem Fall einen speziellen Grund …
Mehr Platz dank Fußgarage
Eine Aussparung im Batterieboden und hebt den Komfort auf der Rücksitzbank auf ein hohes Level. Audi spricht hier von einer „Fußgarage“.
Ein weiteres Merkmal des Innenraumes ist die luftige und übersichtliche Anordnung der Elemente sowie eine starke Fahrer-Fokussierung. Der Armaturenträger zeigt sich leicht nach links geneigt, die dreidimensional ausgeformte Instrumententafel vermittelt Leichtigkeit. Das hochauflösende Display (1.920 x 720 Pixel) des 12,3 Zoll großen Audi Virtual Cockpits ist freistehend, daneben befindet sich das zehn Zoll große Infotainmentsystem und – wer das Ambiente-Lichtpaket Plus ordert – auch ein hinterleuchteter E-Tron-Schriftzug. Fesch! Eine kräftige Kontur trennt den oberen Bereich der Instrumententafel von dem unteren, der das Bedienelement der serienmäßigen Dreizonen-Klimaanlage mit echten, haptischen Tasten birgt. Flache, seitliche Luftausströmer ziehen das Cockpit optisch in die Breite. Unter der Windschutzscheibe spannt sich ein langer Bogen von Tür zu Tür – auch hier haben sich die Audi-Designer etwas gedacht. Zusammen mit den vorderen Türverkleidungen stellt sie eine Verbindung zu den Kotflügelkanten des vorderen Fahrzeugteils her.
Beifahrer und Fahrer werden durch eine breite Mittelkonsole getrennt. Auf ihr findet sich auch der kompakte Wählschalter für die Fahrstufen R, N, D.
Wie es sich für ein sportliches Auto gehört, sitzen alle Insassen dank der Elektro-Architektur schön tief – egal welche drei Versionen der Vordersitze man bestellt: Sportsitze mit elektrischer Achtwege-Einstellung (Serie), Sportsitze Plus mit 14-Wege-Einstellung und Sitzheizung oder 18-fach einstellbare Sitze mit pneumatisch einstellbaren Seitenwangen, Belüftung und auf Wunsch sogar Massagefunktion. Wem das alles nicht reicht, der kann sich bei Audi Exclusive viele weitere persönliche (Farb-)Wünsche erfüllen lassen.
Da bei der Elektromobilität gerade das Thema Nachhaltigkeit eine übergeordnete Rolle spielt, greift Audi dieses Thema auch im Innenraum auf und bietet lederfreie Designpakete an. Dann sind die Sitze entweder in einer Kombination aus Kunstleder und dem Stoff Kaskade oder in einem Mix aus Kunstleder mit dem Microfasermaterial Dinamica bezogen. In beiden Fällen kommen recycelte Materialien wie Polyesterfasern aus alten Plastikflaschen zum Einsatz. Wer nur mit echtem Leder etwas anfangen kann, der bekommt es für seinen E-Tron GT auch – in verschiedenen Farben.
Noch nicht genug? Dann lässt sich die Instrumententafel optional mit Carbon oder offenporigem Walnussholz beplanken. Das RS-Topmodell setzt hier nochmal eine Schippe Sport drauf und unterstreicht mit diversen Designelementen, Farben und Materialien von Audi Sport den nochmals gehobeneren Anspruch.
Bei Bedienung und Anzeigen folgen die E-Tron-GT-Modelle dem aktuellen Konzept von Audi auf Basis des modularen Infotainmentbaukastens der dritten Generation (MIB 3). Der digitale Tacho lässt drei verschiedene Ansichten zu: In der E-Tron-Ansicht steht ein großes Powermeter im Fokus und zeigt den Status des Antriebs sowie alle wichtigen Informationen zum elektrischen Betrieb.
Schaltzentrale für bis zu 646 PS
Wie von vielen allen anderen Audi-Modelle bekannt, erfolgt auch die Bedienung im E-Tron GT auf drei Ebenen: Über das Multifunktionslenkrad, über das MMI oder via Sprache. Direkt vom Head-up-Display ins Sichtfeld projiziert, bekommt der Fahrer weitere wichtige Fahrinformationen auf einen Blick. Natürlich ist ein solch modernes Auto wie der E-Tron GT stark mit seiner Außenwelt vernetzt. So besitzt er insgesamt elf Antennen, die etwa Audio-, LTE-, Bluetooth- und GPS-Signale übertragen und empfangen. Die serienmäßige Medienzentrale MMI Navigation plus verarbeitet alle gesammelten Daten und bieten den Insassen jede Menge Funktionen. Dazu zählen ein WLAN-Hotspot, Online-Routenplaner für die Navifunktion und diverse weitere Online-Dienste von Audi Connect. Nicht fehlen dürfen Car-to-X-Dienste wie etwa die Ampelkommunikation – etwa für das „Surfen auf der grünen Welle“. Abgerundet wird der Innenraum mit dem 710 Watt starken und 16 Lautsprecher umfassenden Premium-Soundsystem von Bang & Olufsen.
Doch nicht nur in Sachen Design setzt der Gran Turismo Maßstäbe, die Gestaltung des Antriebs ist genauso spektakulär. Das Basismodell GT Quattro besitzt zwei Elektromotoren – einen 238 PS starken an der Vorderachse und einen 435 PS starken an der Hinterachse. Beide E-Maschinen halten Reserven für extreme Fahrsituationen bereit. Deshalb übertrifft die Summe beider Motoren deutlich die permanente Gesamtleistung von 476 PS. Im Boost per Launch Control stehen kurzzeitig (2,5 Sekunden) bis zu 530 PS und 630 Nm bereit. Das RS-Modell trumpft hier weiter auf und leistet knapp 600 PS bei 830 Newtonmetern Drehmoment. Die Power erhöht im Overboost auf 646 PS! Somit vergehen 3,3 Sekunden auf Tempo 100, das Basismodell braucht hier 4,1 Sekunden. Die beiden permanent erregten Synchronmaschinen (PSM) arbeiten hocheffizient. An beiden Achsen bilden E-Maschine, Leistungselektronik und Getriebe einen kompakten Block. Der hintere Elektromotor schickt seine Power an ein automatisches Zweiganggetriebe, das im ersten Gang auf eine fulminante Beschleunigung und im zweiten, längeren Gang auf maximale Effizienz ausgelegt ist. Wer ganz „smooth“ die Fahrt beginnt, fährt direkt im zweiten Gang los – davon merkt der Fahrer aber nichts.
Sowohl E-Tron GT Quattro und RS E-Tron GT fahren stets mit elektrischem Allradantrieb. Über das Fahrdynamiksystem Audi Drive Select kann der Fahrer in gewohnter Weise die Charakteristik des Fahrzeugs von komfortabel bis sportlich ändern – auch die Funktion der mechanischen Hinterachs-Differenzialsperre, welche beim RS-Modell serienmäßig ist. Das Basismodell kommt standardmäßig mit einer konventionellen Differenzialsperre mit festen Sperrwerten. Wählt man über die Fahrmodusauswahl Drive Select den „Efficiency“-Modus, dann wird der elektrische Audi nur über die Vorderräder angetrieben. Nur im Bedarfsfall wird die E-Maschine an der Hinterachse blitzschnell hinzu geschaltet. Der elektrische Allradantrieb regelt innerhalb von Tausendstelsekunden permanent und vollvariabel die Antriebsmomente zwischen beiden Achsen – besonders effizient im Segelmodus, lustvoll im Dynamic-Modus. Hier arbeitet der elektrische Allradantrieb heckbetont und die Fahrwerksysteme werden sportlich geregelt. Wie bereits beim SUV E-Tron kann auch der Fahrer des GT die Rekuperationsstufe über die Wippen am Lenkrad einstellen. Wählt man die automatische Rekuperation oder ist die Navigation aktiv, so kommt der Prädiktive Effizienzassistent zum Einsatz, der das Segeln und die Rekuperation anhand der Navigationsroute und den Onboard-Sensoren effizient und clever anpasst. Beim Bremsen übernehmen die E-Maschinen dann bis zu 0,3 g, somit können sie bis zu 265 kW Leistung zurückgewinnen. Die konventionellen Radbremsen kommen erst ins Spiel, wenn sehr stark gebremst wird. Auf Wunsch gibt es übrigens verschiedene Ausbaustufen: Beim Basismodell E-Tron GT Quattro sind Stahlscheiben Serie, beim RS-Modell eine ganz neue Zehn-Kolben-Carbid-Bremse, die aus Graugussscheiben mit einer Beschichtung aus Wolframcarbid besteht. An der Spitze des Porgramms stehen besonders leistungsfähige Carbon-Keramik-Bremsen mit großen 420-mm-Scheiben an der Vorderachse.
Im Sinne der GT-Philosophie wurde das Fahrwerk samt Dämpfung abgestimmt. Serienmäßig fährt das Basismodell mit adaptiven Dämpfern vor, optional (bei RS Serie) wird der E-Tron GT von Dreikammer-Luftfedern gedämpft, die darüber hinaus eine Niveauregulierung zulassen: um 22 Millimeter nach unten und um 20 Millimeter nach oben. In jeder Feder lassen sich die Kammern passend zur Fahrsituation einzeln zu- und abschalten. Typisch GT: komfortable, aber straffe Fahreigenschaften, die dem Fahrer auch von der elektromechanischen Lenkung vermittelt werden. Wer möchte, bekommt auch eine Allradlenkung, die den Elektro-Audi nicht nur fahraktiver und wendiger, sondern auch fahrstabiler macht. Um das besondere Fahrerlebnis noch weiter zu steigern, hat Audi speziell für den E-Tron GT einen eigenen Sound komponiert. Der sogenannte E-Tron-Sportsound ist optional erhältlich und umfasst zwei Steuergeräte plus Verstärker im Gepäckraum. Sie erzeugen einen separaten Außen- und Innensound, den je zwei Lautsprecher außen und innen abstrahlen.
Die Systemspannung beträgt 800 Volt, so dass eine hohe Dauerleistung und kurze Ladezeiten möglich sind. Der Lithium-Ionen-Akku beider Modelle speichert netto 86 kWh (brutto: 93 kWh) und sitzt zwischen den Achsen am tiefsten Punkt des Fahrzeuges. Das sorgt für einen tiefen Schwerpunkt und eine nahezu perfekte Gewichtsverteilung von 50:50. Das Batteriesystem trägt zur Steifigkeit und Crashsicherheit der Karosserie bei und wird dank eines eigenen Niedertemperatur-Kreislaufes stets zwischen 30 und 35 Grad Wohlfühltemperatur gehalten. Vier separate Kühlkreisläufe temperieren die Hochvolt-Komponenten und den Innenraum. Das Thermomanagement ist so ausgeklügelt, dass es bei Bedarf miteinander verschalten werden kann, um bei hoher Leistungsabfrage auch den Kältemittelkreis der Klimaanlage für die Batteriekühlung mit zu nutzen.
Highspeed-Laden mit bis zu 270 kW
Mit allen genannten Maßnahmen sollen laut WLTP Reichweiten von 488 beziehungsweise 472 Kilometer (RS) möglich sein. Der Audi E-Tron GT bietet gleich zwei Ladeklappen, die auf den Kotflügeln hinter den Vorderrädern platziert sind. Der Anschluss für schnelles Gleichstrom-Laden (DC) mit bis zu 270 kW liegt rechts, womit eine Ladung von fünf bis 80 Prozent bestenfalls in knapp über 20 Minuten über die Bühne gehen kann. Wer im Besitz einer eigenen Wallbox ist, kann den GT serienmäßig mit 11 kW Wechselstrom (AC) Leistung laden, optional mit bis zu 22 kW – eine Vollladung dauert dann natürlich länger.
Beide Stromer starten mit einem großen Angebot an Fahrassistenzsystemen: Serienmäßig sind das vorausschauende Sicherheitssystem Pre Sense sowie der Spurverlassenswarner. Auch ein all umfassender, teilautonomer Fahrassistent darf beim Hightech-GT natürlich nicht fehlen – ihn gibt es mit dem Paket „Tour“.
Im Frühjahr kommen beide neuen E-Tron-Modelle auf den Markt. Das Basismodell GT Quattro startet dann mit 99.800 Euro Grundpreis, die sportliche Speerspitze RS E-Tron GT Quattro ab 138.200 Euro. Wir freuen uns schon heute auf den ersten Test des elektrischen Gran Turismo aus Ingolstadt!