Martin Santoro
· 01.11.2021
Im A3 Sportback 30 G-Tron transferiert Audi die Tugenden des Erdgasmotors mit in die Kompaktklasse. Die 131 PS starke Antriebsalternative steht für hohe Reichweiten, niedrige Betriebskosten sowie eine vorbildliche Öko-Bilanz. Passt das zum Edel-Kompakten?
Technologie-offen soll die Mobilitätswende sein, fordern EU und Bund mit Vehemenz. Aktuell scheint es jedoch so, als seien die batterie- elektrischen Antriebe nahezu alternativlos. Dennoch gibt es sie, die alternativen Antriebe. Eine weitere klima- und umweltverträgliche Antriebstechnologie ist der Erdgasantrieb. Aber ist Erdgas wirklich sauberer, oder findet nicht einfach nur ein Tausch gegen andere fossile Kraftstoffe statt?
Jein. Natürliches Erdgas besteht zu 90 Prozent aus Methan, einem endlichen, fossilen Brennstoff, bei dessen Verbrennung Kohlendioxid und andere Schadstoffe frei werden. Im Gegensatz zu Benzin oder Diesel verbrennt Erdgas jedoch sauberer. Rund ein Viertel weniger CO2 bläst ein Erdgasauto aus dem Auspuff – sowie 90 Prozent weniger Stickoxide (NOx) und kaum Ruß. Der Gaskraftstoff lässt sich darüber hinaus aber auch regenerativ herstellen: aus organischen Reststoffen oder mit Hilfe des Überschuss-Stroms von Windkraft- und Solaranlagen, deren Energie sich in Biogas und E-Methan speichern lassen. Die erneuerbare Erzeugung des komprimierten Gases senkt die Schadstoff-Bilanz drastisch – beim CO2 je nach Verfahren um zwei Drittel bis zu gut neun Zehntel. Damit ist man bei den lokal entstehenden Emissionen bald schon beim E-Auto. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass sowohl Erdgasautos wie Biogas längst am Markt vertreten sind. Inzwischen können die etwa 84.000 CNG-Pkw in Deutschland an mehr als der Hälfte aller 850 Erdgas-Tankstellen reines Biogas tanken. Für Nachschub sorgt ein Teil der rund 9.500 Biogas- anlagen im Inland. Zum Vergleich: Europas führendes Erdgas-Autoland Italien kommt auf ein Netz mit 1.400 CNG-Tankstellen für 1,2 Millionen Fahrzeuge, die von etwa 1.500 Biogasanlagen Naturtreibstoff beziehen. Für Neufahrzeuge in vielen Märkten sorgt vor allem der Volkswagen-Konzern mit dem umfangreichsten Angebot – gerade bei den Kompaktwagen: Neben TGI-Versionen von VW Golf und Seat Leon gibt es den Skoda Octavia G-Tec. Und wie zu erwarten bietet die Edelmarke Audi mit dem A3 Sportback 30 G-Tron einen Standard, der die Spitze dieses Segments markiert.
Der CNG-A3 bildet seit 2014 den alternativen Einstieg in Audis Erdgas-Welt. Vom Wechsel hin zur vierten A3-Generation Anfang 2020 profitierte auch die Erdgasversion in Sachen Design, Infotainment, bei Fahrassistenz und Digitalisierung. Wichtigste Neuerungen verzeichnet vor allem der Antrieb, der mit einem anderen Ausgangsmotor startet.
Verbesserte Motorentechnik
Der 1.4 TFSI wurde durch einen 1,5-Liter großen Vierzylinder-Turbobenziner aus der VW-Evo-Baureihe EA211 ersetzt. Er kombiniert bewährte Otto-Spartechnologien – etwa Zylinderabschaltung und Miller-Brennverfahren – mit weiterer Raffinesse. Da wäre etwa der Turbolader, der mit variabler Turbinengeometrie (VTG) arbeitet sowie der besonders feinen Hochdruck-Direkteinspritzung für Benzin. Vorzugsweise aber wird komprimiertes Erdgas (CNG) eingeblasen.
Damit der Benziner auch mit CNG läuft, haben die Motorenspezialisten die Maschine modifiziert. Zu den Maßnahmen zählt etwa eine höhere Verdichtung von 12,5:1. Der Umbau des nunmehr 131 PS und 200 Nm starken Aggregats ist gelungen. Die Fahrleistungen überzeugen mit 211 km/h in der Spitze und 9,4 Sekunden für den Standardsprint – gleich ob mit CNG oder, wenn es verbraucht ist, mit Benzin. Erfreulich erweist sich auch die Laufkultur des Motors, der jetzt generell an ein S-Tronic-Getriebe mit sieben Stufen gekoppelt ist und seine Antriebskräfte stets an die Vorderräder weiterreicht. Dank integrierter Segelfunktion hilft der Schaltautomat obendrein Treibstoff zu sparen.
Problemloses Fahrverhalten
Allein die Start-Stopp-Funktion, etwa beim Starten an Ampeln und Kreuzungen, reagiert beim getesteten A3 mit spürbarer Verzögerung, wie wir sie von vergleichbaren aktuellen Modellen nicht kennen. Dafür ist die Lenkung, wie von Audi gewohnt, direkt und präzise. Den überlegten Fahrer verwöhnt das sportlich-komfortable Serienfahrwerk mit sauberem Geradeauslauf und gutmütigem Fahrverhalten auf kurviger Strecke. Weder Bodenwellen noch Unebenheiten bringen den A3 30 G-Tron aus der Ruhe. Allerdings schmälern die optionalen 18-Zöller den Fahrkomfort ein wenig. Komfort-Fans werden mit der 17-Zoll-Serien-Größe glücklicher. Ohnehin stecken unter der sportlichen Hülle des G-Tron eher die Wesenszüge eines echten Sparfuchses, was uns zur Peripherie des Erdgas-Antriebs führt – insbesondere der Gasversorgung.
Statt wie früher zwei kommt die aktuelle Ausführung des G-Tron mit drei Gastanks. Die jeweils sieben Kilogramm fassenden Zwillingstanks aus Verbundwerkstoff (CFK/GFK) verstecken sich wie bisher unter dem Gepäckraumboden. Zu ihnen gesellt sich erstmals ein dritter Tank aus Stahl. Platziert vor die Hinterachse nimmt der Kessel weitere rund vier Kilo CNG auf. Der Betriebsdruck liegt einheitlich bei 200 bar.
Der Ausbau an Treibstoff-Reservoiren auf nun 17,3 Kilo Erdgas ist für CNG-Freunde erfreulich, geht aber zu Lasten des Benzintanks, der nunmehr nur noch neun Liter fasst. Dessen Füllmenge will daher eher als Reserve gesehen werden. Bei einem Testverbrauch von 6,8 Litern ist eine Reichweite von etwa 150 Kilometern realistisch.
Der Fokus gilt jedoch dem effizienteren, sauberen und darüber hinaus günstigeren Kraftstoffs CNG. Mit ihm soll der A3 so oft und so weit wie möglich fahren. Legen wir den WLTP-Normverbrauch von 4,0 Kilo zugrunde, schafft der edle Kompakte mit einer Füllung etwa 450 Kilometer. Im Test steuerten wir nach spätestens 410 Kilometern die Zapfstelle an, wenn die Tankanzeige im jetzt stets digitalen Instrumententräger von CNG-Betrieb auf Benzin umsprang.
Neben der angesprochenen, günstigen Ökobilanz trumpft der G-Tron mit wirtschaftlichen Vorteilen. CNG ist mit einem von Kilo auf Liter umgerechneten Preis von weniger als 80 Cent rund halb so teuer wie Diesel und Benzin. In der Anschaffung kostet der A3 30 G-Tron ab 32.500 Euro, damit kaum mehr als der vergleichbare 35 TFSI-Benziner mit 150 PS (31.900 Euro) und obendrein günstiger als der 110 PS starke Einstiegsdiesel 30 TDI (32.900 Euro). Die erheblich geringeren Spritkosten für CNG – volltanken kostet etwa 16 Euro !! – und die niedrigere Kfz-Steuer lassen das Kostenpendel final zugunsten des 30 G-Tron ausschlagen. Beim Reichweiten-Vergleich sind die alteingesessenen Verbrenner überlegen, beim Schadstoffausstoß punktet erneut der Erdgasantrieb, wie wir eingangs bereits erläutert haben.
E-Gas aus erneuerbaren Quellen
Darüber hinaus hat der G-Tron weitere Trümpfe im Ärmel. Einer heißt „E-Gas“, eine von Audi selbst hergestellte Erdgas-Sonderform. In der Power-to-Gas-Anlage von Werlte wird regenerativ erzeugter und überschüssiger Strom aus Wind- und Solarkraft durch ein Spezialverfahren zusammen mit CO2 in synthetisches Methan umgewandelt. Das CO2 wird aus einer benachbarten Biogasanlage gewonnen – ökologische Energieerzeugung mit praktischer Speicherlösung. Vom komplett klimaneutralen E-Gas profitieren Audi G-Tron-Fahrer indirekt und ohne Zusatzkosten, weil Audi die gesamte verbrauchte CNG-Menge der G-Tron-Flotte als E-Gas zurück ins Netz speist. Eine positive Ökobilanz, die ungetrübten Fahrspaß erlaubt.
Auch sonst übt sich der A3 G-Tron nicht in Verzicht: Mit serienmäßigen LED-Scheinwerfern, 10,1 Zoll großem Touch-Display und Multifunktions-Lederlenkrad ist die Grundausstattung opulent. Zudem gibt es serienmäßig Assistenzsysteme wie Audi Pre Sense, Spurverlassenswarnung plus Ausweich- und Abbiegeassistent. Und die Optionsliste ist Audi-gewohnt üppig.