Jetzt am KioskGUTE FAHRT 9/2022

Gute Fahrt

 · 18.08.2022

Jetzt am Kiosk: GUTE FAHRT 9/2022Foto: Gute Fahrt

Es war ein Paukenschlag, was die Volkswagen AG in ihrer Pressemitteilung vom 22. Juli verlautbaren ließ: Herbert Diess wird als Vorstandsvorsitzender des Volkswagen Konzerns zum 1. September zurücktreten. Der österreichische Top-Manager war erst 2014 aus dem BMW-Vorstand zu Volkswagen gewechselt, war im Jahr drauf in den Vorstand aufrückt. Zum 13. April 2018 wurde er als Nachfolger von Matthias Müller in den Vorsitz des Vorstands der Volkswagen AG berufen.

Seine Verdienste für den Konzern sind unbestritten, trieb er als Visionär doch neben der Software-Entwicklung und dem Ausbau der Mobilitätsdienstleistungen gerade die Elektromobilität unbeirrt voran. Diess erreichte damit auch einen endgültigen Abschluss der Wirren um die zurück-liegende Abgasthematik. Der promovierte Maschinenbau-Ingenieursetzte sich genauso stark für die Fertigung wichtiger Komponentenin konzerneigenen Fabriken ein, wie er die Produktion der Batterie- zelle, das Kernelement des E-Autos, in Deutschland forcierte. Ein Resultat: der Spatenstich im Juli für Volkswagens erste Giga-Fabrik für Batteriezellen in Salzgitter (GF 8/22). Problematisch freilich waren der von ihm zumindest mitverantwortete Sparkurs, der zum Beispiel dem T-Roc ein haptisch wenig schmeichelhaftes Cockpit bescherte. Die ersten Golf 8 hingegen waren mit teils gravierenden Software-Problemen behaftet. Beide Baustellen sind längst geschlossen: Der T-Roc bekam in der Zwischenzeit eine wirklich gute, weich geschäumte Instrumententafel spendiert, die Golf-Software wurde wirkungsvoll überarbeitet (GF 6/22). Bestandsfahrzeuge kommen hier in den Genuss eines kosten-losen Updates, Neufahrzeuge fahren sogar mit aufgerüsteter Hardware vor. Das von Diess forcierte Einschränkender Technologie-Offenheit ist für einen weltweit agierenden Mega-Dampfer wie den Volkswagen-Konzern zumindest erstaunlich. Er erwies sich hier nach Ansicht seiner Kritiker als zu radikal auf die E-Mobilität fokussiert. Dazu kam ein wohl oft wenig schmeichelhafter Führungsstil mit düpierten Top-Managern und einem verärgerten Betriebsrat, hatte Diess doch unter anderem Ende letzten Jahres den Wegfall zehntausender Arbeitsplätze im VW-Stammwerk Wolfsburg ins Gespräch gebracht. Ganz sicher wenig geschickt.

Und jetzt? Übernimmt mit Oliver Blume erneut ein Porsche-Vorstand das große Ruder des Konzerns, behält seinen Porsche-Chefposten aber weiterhin – führt er das Kronjuwel der Volkswagen AG doch sehr erfolgreich. Der 54- Jährige kam 1994 zum Konzern, landete über die Stationen Audi, Seat und Volkswagen Pkw bei Porsche, die er seit 2015 als Nachfolger von Matthias Müller leitet. Er zeichnet sich durch einen besonnenen Führungsstil aus, gilt als ausgewiesener Team-Player. Inhaltlich wird er sicher nicht von der aktuellen Ausrichtung auf die E-Mobilität abrücken – der erfolgreiche Porsche Taycan entstand unter seiner Führung. Inwieweit alternative Antriebe wieder an Bedeutung gewinnen werden, bleibt abzuwarten. Die Chancen für ein noch attraktiveres Produkt-Portfolio aber stehen durch den Kapitänswechsel gar nicht schlecht. Und das wiederum kann alle Kunden freuen.